Die gutachterlichen Grundlagen im Urteil kenne ich nur aus dem Urteil. Dort wird eigentlich nur lang und breit geschildert, dass der vom Gericht angenommene Sachverhalt in den Gutachten bestätigt werde. Wie und unter welchen Prämissen der Versuchsaufbau erstellt worden ist, findet man nicht.
Strate kennt diese Gutachten. Wenn er halbwegs schlau ist, wird er nicht nur ein "Gegengutachten" erstellen, das eine andere Auffassung wie die Gutachten des Ermittlungsverfahrens vertritt. Sondern er wird seine Fragestellung spezifisch auf die Urteilsbegründung ausrichten und ergänzende Fragen stellen (deshalb auch ein Ergänzungsgutachten).
Im Ergebnis müssen die Gutachten sich nicht widersprechen. Nur die neuen Gutachten zeigen nun, dass das Gericht die falschen oder unzulässige Schlüsse aus den Erstgutachten gezogen hat.
jaska schrieb:Da zählen rein neue Beweise und die Tat unter einem anderen Blickwinkel zu bewerten ist kein Wiederaufnahmegrund.
Doch, wenn sie "geeignet" sind, einen Freispruch herbeizuführen. Damit muss dieser noch nicht erwiesen sein oder die Unschuld bewiesen werden. Geeignet ist ein Beweismittel, wenn es einen Freispruch befördern könnte. Bei reinen Indizienprozessen kann ein Baustein reichen - und das ganze Gebäude hat keinen Halt mehr.
Sector7 schrieb:Das Interesse an einem Selbstbau-Schalldämpfer ist mir im Rahmen der restlichen Indizienkette als weiteres belastendes Indiz schon ausreichend.
Dir vielleicht. Ob es dem BGH reichen würde, wenn jemand auf dieser Beweislage verurteilt würde? Ich glaube, das reicht nur für einen dringenden Tatverdacht. Aber nicht mehr.
Deus_Ex_Machin schrieb:Aufgrund der lückenlosen Indizienkette steht fest, dass Darsow der Doppelmörder ist.
Die Indizienkette ist nicht mehr lückenlos, wenn nicht (mehr) der Nachweis geführt werden kann, dass die PDF-Datei die Blaupause für die konkrete Tatausführung war. Wäre dem so, wie im Urteil behauptet, kann man gut argumentieren: "Das kann kein Zufall sein!" Wesentlich schwieriger wird es jedoch, wenn mutmaßliche Tatausführung und Anleitung divergieren. Je mehr, desto mehr. Da es für eine Tatbeteiligung des Angeklagten keine anderen unmittelbaren Beweise gibt. Motiv: dünn, da interpretationsoffen; Schmauchspuren: dünn (Kontamination wohl durchaus im Bereich des Möglichen); Nachtatverhalten: dünn, da interpretationsoffen.
Nightrider64 schrieb:Also ich hätte, wenn mir der Schalldämpfer so um die Ohren fliegt erst einmal das Ganze mit Panzerband stabilisiert und vor allem für einen freien Schusskanal gesorgt und dann nochmal probiert.
Vielleicht noch das Ganze in eine Blechdose getan.
Ja. Warum hat das Gericht diese Möglichkeit nicht erörtert, sondern einen Sachverhalt festgestellt, der gar nicht bewiesen war? Je mehr der Schalldämpfer von der PDF abweicht, desto eher kommen auch andere (unbekannte) Täter in Frage. Das Problem der Lärmvermeidung hatten ja alle.
Nightrider64 schrieb:Spielt das eine Rolle?
Eventuell ja. Wenn ja, dann weil eben das Indiziengebäude ins Schwanken gerät und ein Freispruch nicht unwahrscheinlich ist.