Butzeller schrieb:Das stimmt nicht. Tatsächlich ist es eine Grauzone und der Grundsatz der Mündlichkeit wird nicht verletzt, wenn der vorsitzende Richter den Schöffen Akteneinsicht gewährt.
Man sollte nicht so allgemein geschrieben Leitsätze nicht zitieren, sondern direkt den Leitsatz des Urteils hernehmen, denn da steht schon etwas anderes:
Werden den Schöffen in der Hauptverhandlung zum besseren Verständnis der Beweisaufnahme aus den Akten stammende Protokolle über diese Beweismittel (hier: Tonbandprotokolle) als Begleittext zur Verfügung gestellt, so ist dies zulässig und verstößt nicht gegen die Grundsätze der Mündlichkeit und der Unmittelbarkeit. (BGHSt)
https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/3/96/3-421-96.php3Wie aus dem angehängten Abschnitt hervor geht, gilt das gerade nicht für die gesamte Akte und um die gesamte Akte ging es bei dem Beitrag auf den ich mich bezog.
Es geht eben nur um die Teile, die im Verfahren bekannt gegeben werden, niemals um die komplette. Ein Laienrichter dürfte kaum Zeit haben, diese auch ausreichend durchzuarbeiten, dass schaffen in Wirklichkeit auch nicht wirklich der Richter/StA und Verteidiger, das sollte man realistisch sehen.
Die ganze Akte dürfen die Laien eben nicht zu Gesicht bekommen, denn das dürfte nicht nur mit der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit vereinbar sein, sondern kann auch bewirken, dass dem Angeklagten nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt wird. Denn auf alles, was in das Urteil einfließt, muss dem Angeklagten vorher die Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt werden. Jedem sollte klar sein, dass ein Laienrichter - hätte er vollen Akteneinblick - sich nicht nur bzgl. dem, was verhandelt wurde ein Bild macht, sondern auch über das, was er unreflektiert in den Akten gelesen hatte, wozu der Angeklagte nicht Stellung nehmen konnte. Auch Berufsrichter dürften hier ein Problem mit haben, aber Laien sind hier noch gefährdeter.
Butzeller schrieb:Übrigens habe ich selber vor Gericht schon erlebt, dass diese in den Aktenordnern nach gerade thematisierten Themen blätterten, während die Vorsitzende in einem anderen Ordner suchte.
So etwas müssten der Vorsitzende Richter eigentlich unterbinden und zeigt eigentlich nur, den leichtsinnigen Umgang mit den Akten und die Naivität, dass der Mensch in der Lage sein soll, zwischen dabei Gelesenem (wozu der Angeklagte keine Stellung beziehen konnte) und dem eigentlichen Verhandlungsstoff zu trennen. Wenn es aber nur der Teil der Akte ist, die auch auf der obigen Form - für den Angeklagten/Verteidigung erkennbar - in die Verhandlung eingeführt wurde, stünde dem nichts entgegen.