Doppelmord Babenhausen
01.09.2018 um 21:17Sector7 schrieb:Pfoser ist mit einem nicht optimalen Nachbau des SD aus der silencer-Anleitung schon zu dem Ergebnis gekommen, dass selbst der simpelste mit einer Schlauchschelle oder einem Adapter befestigte Nachbau 10 Schuss aushalten kann und dass ein "grundsätzlich" verringerter Ausstoß von Bauschaum mit zunehmender Schusszahl aufgrund eines Schusskanals möglich ist.Inhaltlich sachlich und sauber argumentiert.
Die Gutachter von Strate stellen nun fest, dass ähnliche Nachbauten (wie die von Pfoser) nicht in jedem Fall 10 Schuss aushalten und dass es zu Ladestörungen kommen kann. Außerdem stellen sie fest, dass der Bauschaum bei jedem Schuss durch den hohen Gasdruck zerwirkt wird, sodass kein freier Schusskanal entsteht und es mit zunehmender Schusszahl zu erhöhtem Bauschaum-Ausstoß kommt.
Die Strate-Gutachter sind Pfoser weder fachlich noch technisch überlegen und daher nichts weiter als Alternativ-Gutachter, die Pfosers Ergebnisse (natürlich) nicht reproduzieren konnten, was aber unerheblich ist.
Schaltet man eine Anzeige in einem Waffenmagazin in Form eines dotierten Selbstbau-Wettbewerbs ohne Profi-Hilfsmittel, so erhält man imho 100 Bauvarianten, die funktionieren und ein ähnliches Spurenbild erzeugen, wie am Tatort. Genauso 100 Varianten, die den Ergebnissen der Strate-Gutachter entsprechen.
Unter anderem könnte man einen echten Schusskanal (perforiertes Blech / Filter / Rohr ähnlich Mündungsbremse) in den Hohlkörper einbauen, man könnte Panzerband verwenden, eine Blech-Ummantelung, einen geeigneten Stoffüberzug als Hülle, einen Metall-Behälter und so weiter. Die Variationsmöglichkeiten eines ähnlichen Nachbaus der silencer-Anleitung sind unendlich, weshalb ausschließlich die Füllung mit Bauschaum entscheidungserheblich ist, nicht die Konstruktion oder das Material des Hohlkörpers.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das dynamische Tatgeschehen, das imho nur für den Souterrain-Bereich gilt, also für die ersten 6 Schuss. Danach muss man einen kurzen Break mindestens zum Aufmunitionieren oder Magazinwechsel annehmen. Nichts spricht dagegen, dass A.D. gleichzeitig auch einen neuen DIY-SD aufgeschraubt oder eine neue Hülle über dem SD gezogen haben könnte. A.T. wurde vermutlich nur wenige Sekunden nach P.T. getroffen und hätte selbst bei einem ungedämpften Mündungsknall kaum Zeit zum Aufwachen gehabt, sodass auch eine Entfernung des SD nach 6 Schuss in Frage kommt. Das Spurenbild im Souterrain wäre in diesen Fällen nicht mehr mit dem in den Obergeschossen zusammenhängend interpretierbar oder vergleichbar, die Annahme eines nicht funktionierenden PET-SD obsolet.
Für die Überzeugungsbildung des Gerichts war die Verwendung "irgendeines" funktionierenden DIY-SD ausschlaggebend, der "zwingend" mit Bauschaum gefüllt sein musste, da diese Substanz am Tatort nachgewiesen wurde. Der Rückschluss auf die silencer-Anleitung bzw. die Verwendung eines ähnlich konstruierten DIY-SD ist kriminalistisch plausibel und hinsichtlich der tatbezogenen Praxistauglichkeit durch Testreihen selbst mit minimalistischen Nachbauten (Pfoser, PET, keine Modifikationen) bereits ausreichend glaubhaft verifiziert.
Die im Urteil kolportierte Verwendung einer PET-Flasche als Hohlkörper oder die sonstige unbekannte Bauausführung ist dagegen nur als ungesicherte Annäherung an die silencer-Anleitung bzw. als "greifbare" (weil lt. Pfoser funktionierende) Annahme zu verstehen, keinesfalls als zwingende (bessere Konstruktionen / Materialien ausschließende) und entscheidungserhebliche Prämisse. Denn bessere Materialien oder modifizierte Konstruktionen des mit Bauschaum gefüllten DIY-SD würden nichts an dem zur Überzeugung des Gerichts festgestellten Indizienbeweis ändern. Das geht nicht nur aus dem Gesamtkontext des Urteils (u.a. ab Seite 110) hervor, sondern entspricht auch dem gesunden Menschenverstand.
Würde mich nicht wundern, wenn die angesprochene Aspekte so ähnlich in der Begründung für die Ablehnung der WA auftauchen.