@stella790 @Röthenbacher Ich habe wieder einmal ein wenig über diesen Fall nachgedacht:
Der Taxifahrer ist wohl nicht der Mörder. Er war ja derjenige, der Claudia als Letzter lebend gesehen hat. Selbst der dümmste Polizist würde ihn deshalb als Verdächtigen betrachten. Bei XY und auch in anderen Quellen erscheint er aber stets ausdrücklich nur als Zeuge. Ich kann mir das nur so erklären, dass er eben ein wirklich wasserdichtes Alibi hatte, z.B. dadurch, dass er kurz darauf einen anderen Fahrgast befördert hat.
Und mehr denn je bin ich davon überzeugt, dass auch Jürgen O., der Ehemann, nicht der Mörder ist.
Wir haben das ja schon ausführlich diskutiert:
1. Als der Taxifahrer Claudia O. gesehen hat, ging sie alleine nach Hause. Jürgen O. wusste also vermutlich gar nicht, dass seine Frau nicht mehr im Floraheim war. Wenn er sie hätte ermorden wollen, wäre er zum Floraheim zurückgekehrt und hätte es leer vorgefunden. Theoretisch hätte er sie zwar unterwegs vom Auto aus sehen können, aber der Fußweg ist von der Straße aus nur an wenigen Stellen einsehbar (die schönen Bilder von
@Röthenbacher zeigen das auch noch einmal), außerdem war es tiefste Nacht und die Landstraße nicht beleuchtet.
2. Weder die Uhr noch die Schuhabdrücke passen zu Jürgen O.
3. Die Erdspuren an seinen Schuhen, die angeblich vom Tatort stammen sollen, erscheinen mir geradezu als absurde "Beweisführung". Denn der Täter trug ja offenbar
andere Schuhe (siehe Abdrücke). Und selbst wenn es diese Schuhabdrücke nicht gäbe - die Biodiversität des Reichswald ist wahrlich nicht so groß, dass die Erde nicht auch von einer anderen Stelle des Waldes stammen könnte. Hat die Polizei
alle Stellen des Reichswalds untersucht, dass sie beweisen kann, dass die Spuren an Jürgen O.'s Schuhen
ausschließlich vom Tatort stammen können und von nirgendwo her anders? Mit Sicherheit nicht... Und selbst wenn, ein Beweis wäre das trotzdem nicht. Der Tatort liegt am Rande von Renzenhof, wo die Obermeiers wohnten. Es wäre also gut möglich, dass Jürgen O. mal aus anderen Grund in diesem Waldstück war. Es liegt auch auf direktem Weg zu seinem Arbeitsplatz, dem Floraheim. Er müsste nur mal mit dem Rad gefahren sein und auf halbem Weg am Waldrand ein dringendes Bedürfnis erledigt haben, schon hatte er diese Erde an seinen Schuhen.
4. Claudia O. war teils entkleidet. Das deutet auf ein Sexualmotiv hin - oder auf die Vortäuschung eines solchen. Bei Jürgen O. als Täter müsste man an diesem Abend von einer Vortäuschung ausgehen. Auf jeden Fall hat der wahre Täter die Klamotten auch mitgenommen und bei sich verwahrt, wohl als eine Art Fetisch. Hätte Jürgen O. so weit gedacht, auch das vorzutäuschen? Und hätte er sich getraut, die Kleidung, die seine Frau an dem Abend nachweislich getragen hat, in seinem Haus zu verwahren? Auch das kann ich mir nicht vorstellen.
5. Einige Tage später legte der Täter die Kleidungsstücke an der Behelfsauffahrt ab, um einen falschen Fluchtweg vorzutäuschen. Zu seinem Pech hatte die Polizei die Auffahrt schon fotografiert und konnte damit beweisen, dass die Klamotten erst Tage nach dem Mord dort abgelegt und nicht etwa nur übersehen worden sind. Ziel der Aktion war sicherlich ein Ablenkungsmanöver. Es sollte der Eindruck entstehen, dass der Täter von weiter her kam. Ein solches Ablenkungsmanöver macht nur dann Sinn (zumal damit ein gewisses Risiko verbunden war), wenn der wahre Täter
aus nächster Nähe stammt. Das würde natürlich auch auf Jürgen O. zutreffen. Aber der stand bereits mitten im Fokus der Ermittlungen. Der der hatte keinen Anlass mehr, von Renzenhof und Röthenbach
insgesamt abzulenken. Für den wäre es die bessere Strategie gewesen, irgendeinen konkreten Nachbarn zu belasten, als eine eh nicht besonders glaubhafte Spur in die große weite Welt zu legen. Außerdem hätte der sich, nachdem er vom ersten Tag an für die Polizei als Hauptverdächtiger galt, bestimmt nicht getraut, mit hochbelastendem Material in unmittelbarer Nähe des Tatorts herumzuschleichen. Nicht einmal in tiefster Nacht oder gerade da nicht. Never ever. Er hätte höchstens versucht, das Zeug aus dem Haus zu bringen und in eine weitentfernte Mülltonne zu stopfen oder in einem sehr weit entfernten Waldstück abzulegen.
Fazit: Jürgen O. war's nicht, davon bin ich felsenfest überzeugt. Es hatte Streit gegeben, ja, aber den gibt's in vielen Ehen. Die frühzeitige Fokussierung auf den Ehemann hat m.E. die Polizei davon abgehalten, in notwendigem Umfang andere Spuren zu verfolgen.
Wer war stattdessen der Mörder von Claudia Obermeier?
Ich stelle mir das so vor: Claudia O. hatte kein Geld für ein Taxi, der Freundin wollte sie nicht auf der Tasche liegen. Deshalb wollte sie nach Hause gehen, aber nicht, um sich mit ihrem Ehemann auszusöhnen, sondern um das Auto zu nehmen. Vermutlich hatte sie eigene Autoschlüssel. Der Fußmarsch nach Renzenhof hätte eine halbe Stunde gedauert - muss man nicht haben zu vorgerückter Stunde, ist aber von der Länge her auch kein Drama für eine junge Frau. Unter normalen Umständen hätte sie das wohl nicht gemacht, eventuell auch aus Sicherheitsgründen, aber an diesem Abend hatte sie ganz andere Sorgen. Diese Unvorsichtigkeit wurde ihr eventuell zum Verhängnis.
Auf dem Fußweg begegnete sie ihrem Mörder. Ich denke nicht, dass er im Gebüsch auf "Beute" lauerte. Da hätte er an der Stelle normalerweise ewig lauern müssen, bis einmal zufällig mitten in der Nacht eine junge Frau ohne Begleitung vorbeispaziert kommt. Ich denke eher, dass sich die Situation spontan ergeben hat.
Ich glaube weiter, dass der Täter ebenfalls ein Fußgänger war, kein Autofahrer. Denn, wie gesagt, vom Auto aus sieht man den Fußweg nur schlecht und an wenigen Stellen, was aber nötig wäre, um überhaupt zu erkennen, dass gerade eine junge Frau unterwegs ist.
Ich denke, dass der Täter ebenfalls zu Fuß nach Renzenhof ging. Wahrscheinlich kam er vom Blumenfest in Röthenbach. Wahrscheinlich war er betrunken. Wahrscheinlich kannten sich Opfer und Täter, zumindest weitläufig.
Ich glaube nicht, dass der Täter Claudia O.
entgegenkam. Wenn damals überhaupt Leute zu Fuß unterwegs waren, dann von Röthenbach
weg, denn dort war das Blumenfest,
von dort gingen die Leute nach Hause.
Und ich glaube weiterhin nicht, dass der Täter weiter als bis Renzenhof gehen wollte. Denn da kommt erst einmal nichts mehr und für einen angetrunkenen Mann ist Röthenbach-Renzenhof das Weiteste, was er sich zumuten würde.
Eventuell ließe sich der Fall daher sogar noch aufklären. Renzenhof ist nicht groß. Und irgendwer muss doch irgendwann einmal etwas Verdächtiges gehört oder gesehen haben. Man müsste nur von der Vorstellung wegkommen, dass der Ehemann der Mörder war, der nur nicht überführt werden konnte. Diese falsche Überzeugung hat schon die Polizei bei der Aufklärung des Verbrechens blockiert.