Mr.Dextar schrieb:es ist doch tatsächlich so, da er letztendlich einfach so existiert und sich nicht selbst begründen kann. Er ist sozusagen der eigenen Existenz ausgeliefert und konnte sie offenbar nicht verhindern - denn wäre die Wahl da gewesen, so müsste er trotzdem sich seiner selbst bewusst sein, um dies zu entscheiden, was uns wieder zur Ausgangssituation befördert. Seltsamerweise werden diese Aspekte oft von theistischer Seite aus ignoriert, andernfalls kann ich es mir nicht erklären, warum >Gott< eine befriedigendere Letztbegründung ist als viele andere Ideen.
Es ist eben nicht tatsächlich so. Du kannst Dir nur keine nichtkontingente Existenz vorstellen, weil sowas in Deiner Wahrnehmung nicht vorkommt. Doch ist Deine oder meine Vorstellungskraft nun mal nicht das Maß für die Grenze des real Möglichen.
Es ist doch gerade der Witz, daß eine Kausalkette von Existenzen, die nicht aus sich heraus ihre Existenz verdanken, sondern stets von etwas Vorangegangenem in die Existenz gebracht sein müssen, daß eine solche Kausalkette stets ins Münchhausen-Trilemma führt. Eine Lösung
kann nur darin bestehen, daß es eine unverursachte Erstursache gibt, eine absolute Existenz aus sich selbst heraus. Die nicht den ansonsten für jegliches "innerweltliche" Phänomen geltenden Beschränkungen unterworfen ist wie der Kausalität, der Thermodynamik usw. usf. So wenig Du und ich uns das auch vorstellen können, muß es das doch geben.
Wenn Gottgläubige nun Gott für jenen Uranfang halten, dann kannst Du nicht einfach sagen "auch der muß einen Anfang haben" oder "auch der muß seine Existenz etwas äußerem verdanken, nicht aus sich selbst heraus sein". Denn daß es so etwas geben muß, wissen wir ja.
Du kannst gerne sagen "jene absolute, keinem Zwang unterworfene anfangslose Existenz muß ja nicht Gott sein, sondern könnte auch etwas anderes sein", das wäre völlig in Ordnung. Was Du jedoch nicht machen kannst, das ist, ein "innerweltliches Phänomen" zu dieser unverursachten Erstursache, zu dieser absoluten Existenz aus sich selbst heraus zu erklären. Raum, Zeit, Materie, alles sowas kann entstehen und somit genauso nicht existieren, hat einen Anfang und bedarf daher einer äußeren Verursachung.
Energie immerhin, Energie könnte ewig sein, anfangslos. Sie kann nicht erzeugt oder vernichtet werden, nur umgewandelt *. Energie könnte also ewig sein, anfangslos. Dennoch kann sie nicht die gesuchte Erstursache sein, da Energie ansonsten den "innerweltlichen" Gesetzen und Beschränkungen unterliegt, namentlich der Thermodynamik. Energie könnte zwar ewig existieren, befände sich dann aber seit ewigen Zeiten schon im entropischen Maximum.
(* Jedenfalls sollten wir zu wem/was auch immer kräftigst beten, daß die Dunkle Energie keine Energie ist, sondern nur ne Kraft oder so. Denn da die Dichte Dunkler Energie konstant bleibt, der Raum aber expandiert, nimmt die Dunkle Energie zu. Sie verdankt ihre Existenz also dem neuen Raum, wie der seine Existenz der Dunklen Energie verdankt, was zum zweiten Fall des Münchhausen-Trilemmas führt.)
Es bleibt also dabei. Innerweltliche Existenz bedarf stets einer Verursachung von außen, zumindest eines Inbewegungsetzens. Also muß der Uranfang von etwas herrühren, das nicht innerweltlich ist, nicht den innerweltlichen Zwängen, Regeln, Bedingungen unterliegt. Die einen halten Gott für diesen Uranfänger. Und das kannst Du nicht entkräften, indem Du Gott den innerweltlichen Regeln unterwirfst und behauptest, der könne ja nicht aus sich selbst heraus existieren.
Die Philosophie kann in ihrer Gesamtheit als Metawissenschaft aufgefasst werden, insofern ist der Diskurs mit ihr über Naturwissenschaften auch weiterhin wichtig (wenn wir über Epistemologie und vielleicht auch Ontologie sprechen).
Alles kein Problem. In einen solchen Diskurs kann Wissenschaft genauso mit Weltanschauungen und Religionen treten, und tut es immer wieder auch. Selbst Ethik gehört da noch mit zu. Könnte man alles unter "Philosophie im weiteren Sinne" fassen. Und die Vorsilbe "Meta-" ist da auch sehr klug gewählt von Dir.
Daß Du Weltanschauung und Religion anders empfindest, ist Dein Privatvergnügen. Philosophie ist auch kein monolithischer Block, sondern ebenfalls nur ein "Dach", ein Oberbegriff für viele unterschiedliche einzelne Philosophien, die einander genauso widersprechen und widerstreiten können wie jede Weltanschauung, Religion und Ethik auch. Na und der wissenschaftliche Methodenkatalog von Philosophie ist auch nicht größer als der der Theologie. Persönlich halte ich ihn sogar für kleiner (hab Theologie studiert; Philosophie gehörte da mit zum Studienplan).
Wissenschaft beschreibt die Realität, Religion tätigt ebenso Aussagen über diese. Wenn also a priori Aussagen aus der Religion wahr wären, müssten sie prinzipiell der Wissenschaft zugänglich sein.
Im Sinne der Religionswissenschaften ist es das ja auch. Im Sinne meines "
Dennoch gehören solche Fragen und deren Beantwortung nicht in die Domäne der (Natur-)Wissenschaften, wohl aber in den Bereich von Philosophie, Weltanschauung, Religion" dagegen sind selbst Äußerungen des Philosophiebereiches den Wissenschaften nicht in dieser Weise zugänglich. Aufgrund wissenschaftlicher Selbstbeschränkung (auf die
@nocheinPoet hinweisen will, berechtigt, wiewohl eigenwillig).
Wenn wir - natürlich rein hypothetisch - wirklich alles wüssten, weil wir durch wissenschaftliche Methoden (die meinetwegen auch erkenntnistheoretisch entsprechend modifiziert wurden) darauf schließen konnten, dann hätten wir letztendlich auch Letztbegründungen, die die Warum-Fragen beantworten. Wir wüssten praktisch das Axiom oder die Axiome der Existenz.
Nee, wir wüßten auch dann nicht das Axiom der Existenz. Eben weil wir fürs Universum i.S.v. absolut allem ("Innerweltlichen") eben keineAußensicht einnehmen können. Und nichts kann sich selbst erklären. Ich schrieb es bereits: warum eine Theorie funzt bzw. daß sie richtig ist (und für welchen Bereich (Sonderfall)), das kann erst die nächste Theorie beschreiben(erklären, begründen, whatsoever). Daher wird auch eine TOrrE eben nicht alles erklären; nämlich sich selbst nicht, seine eigene Gültigkeit nicht. Dieses Dilemma ist für uns unausweichlich, selbst wenn wir alle Phänomene des Alls kennten und beschreiben/erklären könnten.
Was mich zu Deinem nächstenSatz führt:
Denn letztendlich ist eine in sich begründete Axiomatik unausweichlich
Meine Rede. Doch anders als in Mathematik und Logiik (wenns da denn wirklich anders ist) kann das letzlich selbstbegründete Axiom kein solches innerweltlicher Betrachtung sein. Dafür bräuchten wir eben das Verständnis, wieso die oberste innerweltliche Theorie ihre Gültigkeit besitzt. Was aber nur von der nächsthöheren her geht, einer "außerweltlichen" also. Und damit dort nicht der infinite Regreß weitergeht, muß dieses Axiom dann selbsterklärend sein - da stimme ich Dir voll zu, das sage ich ja schon die ganze Zeit.
Innerweltliche Theorien bzw. Axiome unterliegen nun mal innerweltlichen Regeln, Beschränkungen, Zwängen. Etwa dem, daß nichts sich selbst erklären kann, in seiner Existenz oder in seiner Gültigkeit. Auch keine Theorie, auch kein Axiom. (Wie gesagt, Grenzfall Logik, Mathematik.) Das ist von Informationstheorie, Wissenschaftsphilosophie, Empirie,... hinreichend abgesichert. Da Deine Forderung nach einem selbsterklärlichen Axiom der Existenz jedoch berechtigt ist, muß dieses Axiom sich auf mehr als "alles, was wir "innerweltlich" erkennen und wissen können" gründen. Doch das "außerweltliche" steht den Wissenschaften nicht als Objekt des Erkennens zur Verfügung. Die Antwort muß also von "jenseits" des Wissenschaftsbetriebes kommen.
Deswegen ist auch ein Gott ziemlich machtlos, da er der eigenen Existenz ausgeliefert und irgendwo beschränkt wäre.
Nicht, wenn Du eine "in sich begründete Axiomatik" für zwingend hältst.
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@nocheinPoet nocheinPoet schrieb:es geht generell in der Wissenschaft schon primär ums Beschreiben, nicht ums Begründen warum die Dinge so sind, klar überscheidet sich das. Hier mal was ich eben gefunden habe
Und was zitierst Du daraufhin???
nocheinPoet schrieb:Wissenschaft ist die systematische, methodische, ordnende, erklärende und begründende Untersuchung
Und merkst es nicht mal! Oder halt - hast Du es vielleicht doch bemerkt und deswegen jetzt das "primär" in Deine Aussage eingeschummelt?
Ich sehe jedoch nicht mal ein "primär" gerechtfertigt. Blankes Beschreiben ist nicht Wissenschaft, das ist Vorwissenschaft.
Du kannst sämtliche Vollmonde der letzten Jahrzehnte sammeln und dann beschreiben, in welchem Rhythmus der Vollmond wiederkehrt. Das ist Datenerfassung, damit hast Du ein Phänomen beschrieben. Das wars aber auch schon. Wissenschaftliche Theorien beschränken sich jedoch mitnichten auf sowas. Im Gegenteil befassen sich Theorien mit dem hinter dem Phänomen stehenden "Mechanismus", der das Phänomen genau so und nicht anders auftreten läßt.
Daß der Mond alle 29,53 Tage seine Phasen wiederholt, kann jeder Nichtwissenschaftler rausfinden und beschreiben, wenn er nur lange genug beobachtet (bzw. anderer Leute Beobachtungen ansieht) und auszählt. Damit kann auch jeder nichtwissenschaftliche Hansel voraussagen, wann der nächste Vollmond oder auch der in 1000 Jahren zu erwarten sein wird. Kennt man dagegen erst den von einer Theorie veranschlagten "Mechanismus" - und hat also eine Vorstellung davon,
warum der Vollmond alle 29,53 Tage wiederkehrt! - dann kann man sogar voraussagen, alle wieviel Tage ein Vollmond auftreten müßte, wenn der Mond halb oder doppelt so weit von der Erde entfernt wäre, oder wenn die Erde halb oder doppelt so schwer wäre.
Nein, Wissenschaft beschreibt nicht Phänomene, sie beschreibt Mechanismen, welche die beobachteten Phänomene
erklären und begründen können und sollen. Das Erklären und Begründen wahrgenommener Phänomene gehört wesentlich zu Wissenschaft hinzu. Das kann nicht unter "nicht primär" abgetan werden.
Gibt dazu doch Antworten, die Urknalltheorie (oder eben besser Hypothese) beschreibt wie es zum Universum kam
Nee, die Urknalltheorie (dank der weitgehenden Akzeptanz und besten Bewährung eher Theorie statt Hypothese) erklärt eben nur, daß und wieso alles Heutige und Frühere aus einem bestimmten Punkt heraus so und nicht anders entstand. Doch beschreibt sie nicht, wie es zu diesem Punkt selbst kommen konnte. Auch die Evolutionstheorie beschränkt sich auf die Beschreibung der Mechanismen, wie aus bereits bestehendem Leben anderes Leben werden kann. Wie Leben entstand, damit befassen sich andere.Jeder Wissenschaftssektor befaßt sich also mit einem bestimmten Phänomen. Doch wie im Falle Evolution und Kosmogonie gibt es eben auch noch die Frage nach dem "Davor", und das bleibt im Falle der Kosmogonie (da es hier ja ums Entstehen von allem geht, die Frage zur 42) von keiner WIssenschaft abgedeckt.
Natürlich ist das noch nicht alles vollständig, gerade beim Leben klemmt es noch ein wenig.
Das erinnert mich an den Physiker Philipp von Jolly, der vor über 140 Jahren einem Studienanwärter riet, doch lieber etwas anderes als Physik zu wählen. Es sei zwar "noch nicht alles vollständig", hie und da "klemmt es noch ein wenig", aber eigentlich ist doch das meiste schon erforscht. Mit dem Namen von Jolly kann heute keine Sau noch was anfangen. Aber den damaligen fast verhinderten Physikstudenten, den kennt heute noch jeder: Max Planck. Er und zahlreiche weitere damalige Studenten leiteten den größten Umbruch der Physik ein und erbrachten immens viele neue Erkenntnisse.