Peter0167 schrieb:Die Realität sieht leider so aus, dass es verdammt schwer zu verstehen ist
Ganz ehrlich, und das meine ich ohne Genecke, das ist für einen Physiker so normal, dass wir darüber mit den Schultern zucken. Das Zwillingsparadoxon ist für uns wie das ABC aufzusagen, also denken wir nicht mal mehr daran. Die Dinge, mit denen wir uns an der Grenze der Forschung beschäftigen, sind so viel komplizierter und fortgeschrittener, dass wir bei der Rückkehr zur Relativitätstheorie so was sagen wie: "*seufz* endlich mal wieder was Anschauliches." (Der Satz wurde mir so vor Jahren von meinem Prof. in Quantenmechanik II gesagt).
Wir lernen diese Dinge ja nicht umsonst jahrelang, rechnen und visualisieren alles. Es wird mit der Zeit anschaulich und man gewöhnt sich daran. Man braucht auch nicht Minkowski-Diagramme, um das Zwillingsparadoxon zu sehen, wenn man sich dran gewöhnt hat.
Peter0167 schrieb:Kaum jemand weiß, was eine Weltlinie ist
Falls das ernst gemeint ist, erkläre ich dir das gern: Stell dir die Raumzeit wie einen Cartoon vor, der als Papierstapel auf einem Schreibtisch steht. Das erste Blatt oben ist der Anfang des Cartoons, und das letzte Blatt unten ist das Ende. Der Raum ist die 2D Fläche des Papiers, wo die Charaktere leben. Die Zeit ist die Richtung durch den Stapel, senkrecht zum Papier. Wenn eine Figur jetzt herumläuft, läuft sie auf dem Papier herum, aber eben auch von Papier zu Papier durch den Stapel nach unten, weil der Film läuft. Die Linie von Anfang bis Ende, die eine Figur durchlaufen hat, ist die Weltlinie. Sie ist also die Trajektore durch den "Bulk", wie wir das ganze 3D Gebilde auch nennen.
Wir sind in der Realität einfach auf einem 3D "Papier", das in eine vierte Richtung gestapelt ist. Das gesamte 4D Gebilde ist der "Bulk" und du hast eine Linie durch dieses Gebilde, von dem du immer nur einen Schnitt siehst (sozusagen das Papier, auf dem du gerade bist).
Hierzu muss ich dir noch das Grundgesetz der SRT sagen: Alles bewegt sich mit Lichtgeschwindigkeit durch den Bulk, also die Raumzeit (du auch gerade, merkst es nur nicht). Wenn die Figur auf dem Papier stillsteht, bewegt sie sich immer noch durch den Stapel nach unten (Film läuft), und zwar mit Lichtgeschwindigkeit. Eine Strecke von einer Lichtsekunde in Richtung durch den Stapel ist das, was wir eine Sekunde nennen. Zeit ist eine Strecke in dieser Richtung.
Wenn die Figur jetzt aber zur Seite rennt, dann läuft sie im Stapel diagonal nach unten, und entlang dieser Richtung eben auch wieder mit Lichtgeschwindigkeit. D.h. sie bewegt sich ein bisschen zur Seite und dabei mit fast-Lichtgeschwindigkeit nach unten. Das ist einfach so, als würdest du mit dem Auto von Norden ein bisschen nach Nord-Osten lenken: Die Geschwindigkeit bleibt gleich, aber Richtung Norden ist sie dann natürlich etwas langsamer. Die Figur kommt also nicht mehr so schnell in der Zeit nach vorne, wie eine Figur die auf dem Papier stillsteht. Sie fällt also gegenüber einer anderen Figur zurück. Wenn das so andauert, oder wenn die bewegte Figur sehr schnell bewegt ist, dann wird sie sehr weit zurückfallen im Vergleich zu einer auf dem Papier ruhenden Figur. Die Dicke des Stapels zwischen den beiden Figuren ist die Zeitdifferenz, um welche die bewegte Figur weniger gealtert ist.
Der springende Punkt bei der SRT ist, den Umstand zu verstehen, dass Zeit eigentlich eine Strecke ist, und eine langsamer laufende Zeit eigentlich nur eine geringere Geschwindigkeit in Richtung der Zeitachse. Dann siehst du, wie anschaulich es in Wahrheit ist. Wenn man sich die Zeit aber als eine abstrakte Größe vorstellt, eine Zahl die sich erhöht, ist es nicht anschaulich.