@InteraliaMoin
Interalia schrieb:
Kann man diese ganzen verschiedenen Praktiken, auch Homöopathie, die parallel zur Schulmedizin ausgeübt werden, trotzdem unter einem festen Begriff zusammenfassen, wie bspw. "Alternative Medizin"? Gibt ja eigentlich doch viel...
Kann man. Die ganzen Praktiken laufen unter den Begriffen Alternativmedizin / Komplementärmedizin.
Wirklich toll sind diese Begriffe jedoch nicht. "Alternativmedizin" lässt beim Patienten eine Wahlmöglichkeit vermuten - die er aber gar nicht hat (zumindest in Bezug auf Heilerfolge) und "komplementär" insinuiert eine Ergänzung, die es -zumindest hinsichtlich der Heilung- auch nicht gibt.
Interalia schrieb:
Hier brech' ich mir jedesmal das Genick, da es einerseits keine Einbildung ( im Sinne von Selbstheilungskräften des Körpers ) und andererseits eben doch wirkungslose Einbildung ist. Vielleicht unterstützt die Einbildung ja eben genau die Ausschüttung der bspw. körpereigenen Opioide. Das kann man ja aber demnach ebenfalls nicht wirklich dingfest machen, oder?
Da wären wir wieder bei singulären Erfolgen...
Wie meinst du das? Ich verstehe nicht, worauf du hinaus willst.
Lies dir das
http://www.gwup.org/infos/themen-nach-gebiet/77-cam/333-homeopathie-erfolge-nur-placeboeffekt mal durch, vielleicht beantwortet der Beitrag all deine Fragen.
Interalia schrieb:
Ach, verdammt. Und hier heißt es ja dann wieder, dass es evtl. doch irgendwie klappen könnte, aber nur noch richtig erforscht ist?
Auch das verstand ich nicht
:(Hängt das womöglich damit zusammen, dass du den Placeboeffekt fehlinterpretierst?
Biofeedback versucht in den körpereigenen Regelkreis einzugreifen, ganz ähnlich wie ein Heizungsthermostat, da schraubt man dran rum, verändert die Durchflussmenge, und es wird wärmer oder kälter.
Homöopathie dagegen behauptet, dass sie ohne Veränderung der Durchflussmenge die Temp verändern könne.
Jetzt klarer, oder meintest du etwas ganz anderes?
Interalia schrieb:
Es ist ja verständlich, dass Erfolge im Idealfall nachweisbar, reproduzierbar und klar belegbar sein sollten.
Das sagst Du! Jetzt
:) Die Homöopathen behaupten genau das Gegenteil.
Interalia schrieb:
Ich klemme eben an der Fragestellung, was es mit den Einzelfällen auf sich hat, bei denen scheinbare Placebowirkungen helfen. Es gibt ja eben singuläre Fälle, deren Krankheit klar nachweisbar ist und deren Heilung teils auf seltsamsten Wege doch erfolgen kann, die eben vielleicht (noch) garnicht erklärbar ist.
Auch das kapiere ich nicht ganz. Womöglich wieder Fehlinterpretation des Placeboeffektes?
Welche Einzelfälle meinst du? Welche seltsamen Wege?
Zur Erinnerung: Der Körper verfügt über ziemlich gute Heilungskräfte. Das ist keineswegs seltsam oder unnatürlich.
Interalia schrieb:
Könnten aber auch nur Metaphern sein(?).
Hmm. Oder einfach nur Märchen - womit wir wieder bei der Homöopathie wären.
Interalia schrieb:
Das ist doch paradox.
Ein Mensch geht mit einer Krankheit zum Homöpathen, bekommt Placebos und wird gesund.
Man kann's nicht nachweisen und da man es nicht kann, war's wahrscheinlich eben einfach eine Krankheit, die von alleine weggegangen wäre...
Wie Du schriebst: Der Mensch hätte in die Karibik fliegen können oder nackt im Mondschein tanzen und wäre genesen. Klingt eigentlich albern. Aber was, wenn - jetzt kommt's wieder... :D - es tatsächlich an der "geistigen Unterstützung" eines sogenannten Arztes gelegen hätte können, der dem Menschen eben "professionell" zuspricht, dass alles gut wird. "Einfach vertrauen."
Dahingehend finde ich das auch garnicht falsch mit dem: "Wer heilt hat Recht".
Solange es eben nicht ein auf Geldern des Staates beruhender Hoax, mit wesentlich mehr Nachteilen, als Erfolgen ist. Da es aber scheinbar eben doch "läuft", kann es ja auch nicht so gänzlich falsch sein...?
Uhh. Jetzt wird es verzwickt.
Zunächst einmal bekommt der Patient kein Plazebo, sondern ein Homöopathika, denn nicht alle Präparate auf homöopatischer Basis sind völlig frei von Wirkstoffen. Das kommt auf die jeweilige Verdünnung (der Hom. sagt Potenzierung) an.
Das heißt - und jetzt wirds spannend- man kann die Wirksamkeit des Homöopathikas überprüfen indem man eine Kontrollgruppe mit Plazebos (also Scheinpräp ohne Wirkstoffe) füttert. Die Verumgruppe (die Gruppe die Hom "frisst") müsste demnach besser geheilt werden - anders ausgedrückt: mehr Testpersonen sollten geheilt werden, oder schneller geheilt werden. Wie auch immer.
Dem ist nicht so, das besagen die Studien recht zweifelsfrei.
Allerdings hat der behandelnde "Heiler" (Arzt oder Heilprak) selbstverständlich Einfluss auf den Patienten und dessen Genesung. Schon allein seine Qualifikation dürfte entscheidenden Einfluss haben. Ein guter Arzt ist besser als ein schlechter - ganz ohne Hokuspokus.
Jetzt kann man möglicherweise auf die Idee kommen die Homöopathen kümmern sich besser um ihre Patienten als niedergelassene Ärzte, zB weil sie sich mehr Zeit für den Patienten nehmen (nehmen können), weil sie sich deren Lebensgeschichte anhören - sozusagen defizitäre Sozialkompentenz des Patienten auffangen, oderdoderoder.
Nehmen wir einfach mal an die Patienten fühlen sich beim Homöopathen besser "aufgeräumt" und gesunden dadurch besser, okay? Und nehmen wir weiterhin mal rein hypothetisch an, die Hom würden wirklich besser heilen, okay?
Folgt daraus, dass Hom wirkt? Hätte der hom Heiler also doch Recht?
Nein! Denn die Heilung in diesem Szenario erfolgte ja nicht durch die Homöopathie (=4 Säulen der Hom) sondern durch die "bessere, im Sinne von intensivere Betreuung".
Und somit kämen wir zu einem ganz anderen, jedoch mMn sehr wichtigem Punkt.
Ein Gesundheitssystem das irgendwie völlig bescheuert ist.
Wir wissen, dass intensivere Betreuung besser ist als weniger intensive und zwar völlig unabhängig vom Heilerfolg, allein das Vertrauen das ein Patient seinem "Heiler" schenkt ist zweifelsohne positiv.
Und wie regelt das unser Gesundheitssystem?
Es fördert genau gegenteiliges Verhalten und schafft Rahmenbedinungen die alles andere als positiv sind.
Ärzte sind Akkordarbeiter. Das Vergütungssystem ist ein klassisches Akkordsystem. Je mehr Patienten der Arzt "durchwurschtelt", desto höher sein Honorar und desto leerer sein Wartezimmer.
Nähme sich ein Arzt jetzt mehr Zeit für einen Patienten, dann verdient er weniger und der Warteraum wird eher voller statt leerer.
Worin liegt da ein Anreiz sich mehr als nötig mit dem Patienten zu beschäftigen? Ein Arzt der das tut wird ja gleich doppelt bestraft.
Ist das im Krankenhaus besser? Nö. Auch da verschwinden die Kranken nicht durch Zauberhand. Die Patienten die ein Arzt "übrig lässt" bekommt die Ablösung aufs Auge gedrückt
Fazit: Sowohl unser Honorarsystem als auch die Rahmenbedingungen sind völlig kontraproduktiv. Wenn man also das Gesundheitssystem an sich verbessern will, dann muss man an diesen längst bekannten Problemstellen ansetzen - und nicht Nebenkriegsschauplätze eröffnen. Wohlgemerkt Nebenkriegsschauplätze die
nachgewiesenermaßen nicht heilen und somit auch kein Stück helfen, Nebenkriegsschauplätze die aufgrund ihres mangelnden Nutzwertes die Gesamtsituation eher verschlechtern als verbessern Viele Fachmediziner gehen nach Skandinavien, England, oder hüpfen über den großen Teich und uns fällt als Situationsbewältigung nichts besseres ein als "Alternativheiler" zu züchten und zu finanzieren? Das ist grotesk. Das ist an Dämlichkeit nicht zu überbieten.
Einerseits werden Krankenhäuser zu Lasten der Patienten privatisiert (dann "wundert" man sich dass diese Unternehmen gewinnorientiert arbeiten) und um dies zu kompensieren zweckentfremden wir Mittel aus Sozialkassen um Pseudoschmarrn zu finanzieren?
Geht´s noch?
Angenommen die Koalitionäre könnten sich hinsichtlich der Autobahnmaut nicht einigen und als Lösung würde man sich verständigen die Hälfte der Autobahnen einfach abzuschaffen und Nebenstraßen auszubauen.
Wäre das sinnvoll? Hätte man da irgend etwas gekonnt? Offensichtlich nicht. Doch unser Gesundheitssystem macht genau das. Autobahn = EbM ; Nebenstraßen = Pseudomist
Interalia schrieb:Wie kann es denn sein, dass Krankenkassen das unterstützen, wenn klare objektive Erfolge ausbleiben? Oder kann man sich heutzutage tatsächlich einfach mit Geld überall hineinkaufen, wenn man eine noch so abstruse Verkaufsidee hat, solange Menschen das nutzen?
- PR und Marketing, KK wehrten sich gegen ein generelles Erstattungsverbot, sie wollten diese Entscheidung den KK selbst überlassen. Reine BWL
- Lobbyismus. Ebenso wie Ärzte und Kunden werden natürlich auch die KKs entsprechend beackert.
- politischer Wille, Unfähigkeit, Angst vor der "Rache des Wählers". Man siehe nur die öffentliche "Hinrichtung" des Herrn Lauterbach durch seine eigene(!) Fraktion vor ein paar Jahren.
Interalia schrieb:Das geht zu weit. Sehe ich auch so.
( Als Begleitung oder zusätzliche Unterstützung zur schulmedizinischen Behandlung finde ich manche Praktiken dennoch nicht ganz falsch. )
Kann man so sehen. Jedwede Entlastung, jede Ergänzung u.ä. wäre positiv und begrüßenswert. Aber nur dann wenn es sich wirklich um Verbesserungen handeln würde und nicht nur nutzloser Krempel, der (siehe oben) die Situation nur verkompliziert und verschlechtert.