Nemon schrieb:Ja, wobei die Tatsache, dass sich die Medizin dessen angenommen hat, noch keine Legitimierung ist.
Du hast meines Erachtens die Abgrenzung mit praktischen Gesichtspunkten sehr gut auf den Punkt gebracht:
Nemon schrieb:Ich habe hier schon verschiedentlich den Standpunkt vertreten, dass das eine unsaubere Verwendung des Begriffes ist. Denn Medizin ist Medizin und nicht nachrangig zu behandeln oder on top oder was auch immer.
Aber ich räume ein, dass es eine Bedarfslage für "Medizin Light" gibt. Wobei wir in der Diskussion hier dazu längst festgestellt haben, dass staatl. anerkannte Therapeuten aller Fachrichtungen das eigentlich erfüllen. Ein Bedarf an nicht anerkannten Berufsbildern wie Heilpraktiker ist damit aus der Debatte. Wobei ich einräume, dass die real existierende Therapie-, Beratungs- und Behandlungs-Praxis stark defizitär ist. Und viele Menschen in die Fänge der Heilpraktiker treibt.
Unter den Begriff "Schulmedizin" - und der Wortteil "Schule" deutet ja schon darauf hin - scheint für viele die
akademische Medizin zu fallen, also die von approbierten Ärzten ausgeübte oder von Wissenschaftlern generierte medizinische Erkenntnis. Ggf. kommen noch "Hilfswissenschaften" dazu, wie die Mathematik (Statistik), die Pharmakologie, die Pharmazie, natürlich Chemie und Biologie, teilweise auch Physik, Physiologie, Informatik usw.
Geht es um Komplimentärmedizin, also "ergänzende" medizinische Verfahren, die nicht von den Ärzten ausgeübt wird, finde ich den Hinweis auf die staatlich anerkannten Therapeuten aller Fachrichtungen für mich sehr wertvoll:
Psychotherapeut. Ist kein Mediziner. Haben eigenes Berufsrecht und Ausbildung. Die Psychotherapie ist keine medizinische Behandlung (das war zu Sigmund Freuds Zeiten wohl noch anders, aber seit dem Psychotherapeutengesetz ist sie keine unselbständige Delegation mehr). Aber Psychotherapie unverzichtbarer Teil einer psychiatrischen Erkrankung (wie auch vieler anderer Diagnosen). Im Unterschied zu anderen anerkannten Therapeuten wird ein wissenschaftliches Studium verlangt (Psychologie).
Physiotherapeut, Diätassistent, Tanz- oder Musiktherapeut (meist mit psychotherpeutischer Zusatzausbildung), Ergotherapeut, Logopäde, Fußpfleger... und damit geht es auch Richtung Pflege. Vom Pflaster, über die Blutabnahme bis zur Seelentröstung mit einem Bonbon.
Manche medizinischen Behandlungen wären völlig umsonst, gäbe es nicht diese "Hilfskräfte", die eben ergänzend zur ärztlichen Behandlung tätig werden.
Homöopathie fällt für mich also eindeutig nicht darunter. Es gibt auch keinen staatlich anerkannten Homöopathen. Warum man sich mit der Homöopathie trotzdem so schwer tut, haben wir hier schon länglich erläutert. Sie scheint den Placeboeffekt zu triggern. Arbeitet mit Erklärungsmustern, die beim Menschen der Neuzeit bzw. dem vermeintlich aufgeklärten Menschen gut verfangen. So riecht die Homöopathie nicht nach Pferdemist, sondern clean wie eine Apotheke oder beim Zahnarzt. Ihre Begrifflichkeiten sind von der Allopathie abgeleitet. Und im Gegensatz zu den anderen gängigen medizinischen Mittel im 19. Jh. war sie auch noch wirklich "sanft". Die Wirksamkeit speiste sich aus dem Glauben, was damals noch nicht unüblich gewesen sein dürfte.
Für mich fängt die Schuldmedizin grob mit dem 20. Jh. an, aber das ist sicher Ansichtssache.