Heute geriet mir zufällig beim Stöbern ein Artikel von Prof. Dr. Viktor Otte in die Hände, in dem er eine Lanze für die Homöopathie bricht, in meinen Augen allerdings eher verbricht.
In der Kompakt-Zeitung Nr. 225 (1. Februar-Ausgabe 2023) wurde ein Beitrag zur Homöopathie unter dem Titel „Warum gibt es die Globuli immer noch?“ veröffentlicht. – Dieser Aufsatz ist trotz freundlicher Formulierungen eindeutig: homöopathische Behandlung hilft nicht, und wenn doch, dann höchstens durch die damit verbundene Einbildung. Man nennt das den Placebo-Effekt. Ich erlaube mir deshalb eine Replik.
Fangen wir mit den zwei Tatsachen an. Erstens: Homöopathie hilft und heilt; und zweitens: Es gibt bis heute keine, auf dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft aufbauende und akzeptierte Erklärung für ihren Wirkmechanismus.
Das stößt mir bereits sauer auf.
Meines Wissens konnte bisher nicht belegt werden, dass Homöopathie hilft und heilt. Zumindest sollte an dieser Stelle der Beleg für diese, durchaus strittige, Behauptung erfolgen. Die zweite Behauptung ist dagegen durchaus richtig, die Homöopathen konnten seit über 200 Jahren noch nicht einmal ansatzweise belegen, wie ihr System funktionieren soll. Die Säulen der Homöopathie, Simile-Prinzip, Potenzierung und Arzneimittelprüfung haben so lediglich Gültigkeit im Einbildungshorizont ihrer Anhänger und auch ihre Sinnhaftigkeit konnte in über 200 Jahren nicht erwiesen werden.
Tatsache Eins wird gern bestritten, meistens von Menschen, die Homöopathie gar nicht aus eigener Erfahrung, sondern eher vom Hörensagen her kennen. Dagegen stehen unzählige Patienten, die Hilfe erfahren haben, oft sogar wiederholt.
Zuerst einmal ist es absolut irrelevant, ob man persönlich sich Glaubuli reinpfeift. Die Wirksamkeit der Homöopathie sollte anhand von Studien belegt werden, die wissenschaftlichen Kriterien genügen.
Da hilft es nichts auf irgendwelche Menschen zu verweisen, die sich einbilden durch Homöopathie geheilt worden zu sein.
Cum (Post) hoc ergo propter hoc dürfte den meisten ein Begriff sein. Die Mehrzahl von ungeprüften Anekdoten heißt nicht Daten. Mag das einigen Menschen auch nicht geläufig sein, von einem ehemaligen Lehrstuhlinhaber darf man es wohl erwarten.
Danach ergeht er sich in eigentlich unwichtigen Tiraden, um dann hier zu landen:
Nicht zu verstehen, wie etwas wirkt, muss einer Wirkung nicht im Wege stehen. Wenn wir es also etwas humorvoll zusammenfassen wollen: Homöopathie heilt Menschen, und keiner weiß warum. Die Kritiker müssen das schon akzeptieren, weil sie nicht den Gegenbeweis erbringen können oder wollen.
Den ersten Satz kann man mittragen, der zweite bedürfte bereits des Nachweises, der auch in diesem Elaborat meines Erachtens nicht erbracht wurde. Hat auch wenig mit Humor zu tun. Satz drei wirkt auf mich schon wie der Versuch einer Beweislastumkehr und käme dann in meinen Augen einer intellektuellen Bankrotterklärung gleich. Im Anschluss befragt er ChatGPT, der naturgemäß auch keinen Beleg liefern kann, dass Homöopathie wirkt, und schließt mit:
Es gilt deshalb auch für diese Heilmethode – bis auf weiteres – die Meinung von Hippokrates (Wer heilt, hat recht); und das scheint auch vernünftig zu sein.
Ein klares jain.
Wird ein Mensch geheilt und die Heilung ist auf eine konkrete Behandlung zurückzuführen, dann stimmt es natürlich. Kann man allerdings nicht nachweisen, dass Therapie XY wirkt (und das ist der Homöopathie meines Wissens noch nie gelungen), worauf soll dann der Anspruch gründen geheilt zu haben?
Ne ne Herr Prof. Dr. Otte, das war in meinen Augen mehr als dürftig.