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Heide_witzka schrieb:Du bist ja vom Fach, da zapf ich dich doch gleich mal an. :)
Wie siehst du den "Heilpraktiker für Psychotherapie"?
Ich müsste mich über deren Leistungsspektrum belesen. Indes ich einen kritischen Punkt darin sehe, dass diese Leistungen nicht kassenfinanziert sind und folglich - soweit ich weiß, dazu müsste ich ggf. nachlesen - weder den üblichen Kontrollmechanismen (Supervision, Abstinenzgebot, Mitgliedschaft in diversen Berufsverbänden bzw. dem DPtV, der gewisse Richtlinien prägt und herausgibt etc. pp.), noch den strengen Haftungsrichtlinien psychiatrischer Medizin unterliegen. Der Patient / Klient hat folglich eine sehr eingeschränkte Handhabe sich zu beschweren oder seine Interessen geltend zu machen. Das ist im konventionellen Sektor bereits nicht leicht. Im Dunstkreis solcher alternativer Angebote dürfte es noch weitaus diffiziler werden.
Mein Eindruck ist, dass, speziell durch die verkürzten Ausbildungszeiten und die lasche Kontrolle, die Anbieter solcher Angebote sich häufig ihrer Verantwortung nicht hinreichend bewusst sind. Das 2020 überarbeitete Ausbildungsgesetz macht mE den Unterschied zu dem, was Du verlinkt / zitiert hast, überdeutlich:
https://www.gesetze-im-internet.de/psychthg_2020/Dem gegenüber steht eine Art Schulung im Fernstudium, die mir doch recht dürftig anmutet.
Heide_witzka schrieb:[Zitat als dem Link]Der Heilpraktiker für Psychotherapie besitzt die amtliche Erlaubnis zur Behandlung psychisch kranker Patienten, die sonst nur Ärzten und Psychologischen Psychotherapeuten vorbehalten ist. Der Psychologische Berater darf jede Form des Lebenscoachings und Beratung für hilfebedürftige, aber im gesetzlichen Sinne gesunde Klienten bieten. Der Markt der Lebenshilfe und -beratung ist die ökonomisch breitere Basis, die Therapie ein hochinteressantes Arbeitsfeld, wenn es gelingt, in den vernetzten Strukturen der klinischen und amtlichen Psychotherapie Fuß zu fassen.
Das in bold ist interessant. Wenn ich das korrekt interpretiere, darf zwar eine Art Lebensberatung bis hin zu Gesprächstherapie offeriert werden, manifeste psychiatrische Störungsbilder scheinen aber davon ausgenommen zu sein. Wie gesagt, ich müsste nachlesen, bevor ich hier irgendwelchen Unsinn verzapfe.
Heide_witzka schrieb:Es werden diverse Onlinekurse angeboten, dass eine derart verkürzte Ausbildung sinnvoll ist wage ich zu bezweifeln.
Hm. Also, der konventionelle Sektor ist völlig überlaufen. Insofern ist es natürlich wünschenswert, Angebote zu etablieren, die das etwas auffangen könnten. Will meinen, wenn ein Patient lediglich unter leichten bis mittleren, relativ simpel durch menschliche Zuwendung (und Unterstützung bei der Selbstreflexion) zu verbessernden Befindlichkeitsstörungen neigt, dann könnte ein sogenannter Psych HP darin ein Arbeitsfeld finden. Ich denke hier an
leichte depressive Episoden (u. U. synchron durch einen Psychiater medikamentös unterstützt) oder Angst- und Trauerzustände u. ä. m.. Ergo Zustände, die im Grunde bereits durch eine unterstützende Begleitung durchaus verbessert werden können. Allerdings entsteht auch hier die typische Anbindung an den Behandler und folglich müsste die Abstinenzregel greifen und ggf. auch andere Kontrollinstanzen. So lange das eine Grauzone ist, halte ich das zumindest für fragwürdig.
Heide_witzka schrieb:Bin schon gespannt, wann es endlich den Heilpraktiker für Zahnheilkunde gibt. Der macht dann vielleicht Bärlauchfüllungen und betäubt mit halluzinogenen Pilzen. Das Heilpraktikerunwesen bedarf mE einer gründlichen Überarbeitung, was die Ausbildung und den erlaubten Therapierahmen angeht.
Darin bin ich ganz bei Dir. Bevor man irgendwen auf Hilfesuchende los lässt, sollte eine solide Basis gegeben sein. Bei Dir kommt ja auch noch die ganz praktische ärztliche Kunst hinzu. Irgendwem einen Bohrer in die Hand zu drücken und dann mach mal, ich denke (hoffe doch sehr), dass das nie passieren wird.
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off-peak schrieb:Auf alle Fälle beruhigt es einen, und das ist viel wert.
Ja. So habe ich das auch erlebt. Ich habe mich mental so ein bisschen "daran lang gehangelt".
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bgeoweh schrieb:Kann es sein dass dieser ''Freundeskreis'' gerade aktiv online gepusht wird? Ich hatte vorher noch nie von dieser Person oder dieser Gruppierung gehört, bin aber im Lauf der vergangenen Woche jetzt gleich mehrfach bei twitter und auch bei Youtube über diesen Namen gestolpert, meist im Zusammenhang mit völlig unkritischen Werbevideos die als ''Dokumentation'' aufgemacht waren. Ist da aktuell irgend was in dieser Richtung bekannt, weißt du das zufällig? Es kann natürlich auch einfach eine Koinzidenz in meiner Wahrnehmung sein.
Also: Die Sache mit meiner Schwester ist weit über 10 Jahre her. Was ich von dieser Gruppe mitbekam, war das typische Sektengebaren, um Geld und Mitglieder zu generieren. Sie gehen nicht von Haustür zu Haustür, aber sie nutzen diverse "Informationsveranstaltungen" und das Internet. Dabei verkaufen sie sich als nettes Kaffeekränzchen, das natürlich niemanden schädigen will und bei denen alles freiwillig ist. Offizielle Preise für Mitgliedschaften / Kurse / Medien u. ä. m. sind moderat. Der klassische Wolf im Schafspelz. Immer dann, wenn sie verstärkt in der Öffentlichkeit präsent sind und das Geld fließt, melden sich natürlich auch kritische Stimmen (häufig die Geschädigten, die sich z. T. ebenfalls organisierten) zu Wort.
Das führt dann dazu, dass sich die Gruppe wieder eine Weile ruhiger verhält - bis sie wieder Geld brauchen und einen erneuten Fischzug starten. Quasi wie wiederkehrende Wellen. Ich könnte mir vorstellen, dass der Laden nun, nach Corona, wieder versucht sich neue Pfründe zu erschließen. Insofern könnte Deine Wahrnehmung durchaus korrekt sein. Ich selbst habe irgendwann aufgehört gegen sie zu Felde zu ziehen, weil ich selbst erkrankte und meine Energie für mich gebraucht habe. Aber, wie gesagt, ich denke nicht, dass sich deren Verhalten grundsätzlich geändert hat.
LG Mina