startrasher schrieb:Dann frage ich mich, warum gerade die, die sich im unteren sozialen Umfeld befinden, Trump gewählt haben. Was versprechen sie sich eigentlich davon? Sozialen Aufstieg? Ein Geldsegen? Jeder, der sich mit der Person Trump auseinandersetzt, stellt schnell fest, dass er sich nicht nur mit Ja-Sagern umgibt sondern auch die Nähe finanzstarker Person sucht - siehe Musk und Bezos.
Für ihn sind die sozial und finanziell schlechter gestellten Schichten uninteressant, eigentlich nur ein Mittel zum Zweck, zum Stimmenfang. Sie glauben tatsächlich, dass er ihnen in irgendeiner Weise helfen wird.
Ich habe zumindest mal mehrere Jahre in den USA gearbeitet, daher kenne ich die Denkweise der Menschen dort vielleicht etwas besser und kann was dazu sagen. Man muss sich dabei von der europäischen Denkweise frei machen. Immer noch ist eine Mehrheit der Amerikaner ursprünglich aus Europa ausgewandert, weil sie das dortige System abgelehnt haben.
Ich möchte betonen, dass ich gegenüber Trump überhaupt keine Sympathien habe, ganz im Gegenteil halte ich ihn für gefährlich und für Europa ohnehin eine Katastrophe. Ich halte ihn allerdings auch nicht für rechtsextrem, in dem Sinne, wie ich etwa die AfD für rechtsextrem halte.
Meine These ist trotzdem: die Menschen, die Trump wählen, sind i.d.R. nicht dumm, wählen nicht gegen ihre eigenen Interessen, weder Hispanics oder andere ethnische Minderheiten, die in den USA wahlberechtigt sind, noch sein Hauptklientel der kaukasichen (weißen) Arbeiter ohne College-Abschluss.
Warum ist das so? Nun, zunächst wurde bereits darauf hingewiesen, dass auch bei Harris völlig unklar blieb, inwiefen sie Arbeitnehmerrechte stärken wollte. Nicht ohne Grund, denn staatliche Eingriffe zu diesem Zweck lehnen die Amerikaner generell ab.
Soll sie die Sozialhilfe erhöhen? Der Satz ist ohnehin so gering, dass jeder, der arbeitslos wird, sich möglichst schnell nach einem neuen Job umschauen wird, notfalls erstmal Jobs übernimmt, die man jederzeit bekommt, die es in Deutschland gar nicht gibt und die man auch ebenso schnell wieder los wird. Also z.B. beim Supermarkt die Einkaufstaschen der Kunden an der Kasse befüllen.
Soll sie den Mindestlohn erhöhen? Die meisten Trumpwähler verdienen deutlich mehr als der äußerst geringe Mindestlohn. Die Kurzfrist-Jobs zur kurzzeitigen Überbrückung bei der Jobsuche oder zum Aufstocken der Rente (z.B. Befülllen von Einkaufstaschen, s.o.) wären nicht mehr rentabel oder hätten Preissteigerungen für Lebensmittel zur Folge. Wird der Mindestlohn zu hoch, gingen Arbeitnehmer zunehmend dazu über, illegale Einwanderer, von denen es mehrere Millionen in den USA gibt, in Schwarzarbeit zu beschäftigen, weil für sie der Mindestlohn nicht gilt.
Was versprechen sich jetzt seine Wähler positiv von Trump? Dazu einige Beispiele:
- Trump verspricht die illegale Immigration zu reduzieren. Die Wähler erhoffen sich dadurch eine verbesserte innere Sicherheit, zugleich aber auch weniger Konkurrenz um Stellen ohne Collegeabschluss, die dann nicht mehr gegen Geld auf die Hand, ohne staatliche Sicherheit, vergeben werden können (der Nachteil hierbei ist allerdings, dass die Inflation steigen könnte).
- Trump will Staatsbedienstete in großer Zahl entlassen sowie staatliche Ausgaben, die aus Sicht seiner Wähler nur Menschen mit College-Abschluss zugute kommen, wie geistes- und gesellschaftswissenschaftliche Forschung, Thinktanks usw. kürzen oder streichen. Da er somit weniger Ausgaben hat, kann er die Steuern senken, dadurch werden gerade Geringverdiener, die gerade über die Runden kommen, entlastet.
- Das gleiche gilt für Investitionen in den Klimaschutz.
- Damit zusammenhängt, dass Trump die Benzinpreise senken will. Benzinpreise sind DAS Thema in den USA. Die Preise für die Gallone entsprechen etwa denen für einen Liter in Deutschland (eine Gallone sind knapp vier Liter). Klingt erstmal gut, aber angesichts der Größe des Landes, des flexibilisierten Arbeitsmarktes und des praktisch nicht exisitierenden öffentlichen Nahverkehrs (außerhalb von New York City, das ohnehin demokratisch wählt) machen sich kleinere Schwankungen des Benzinpreises im Monatsbudget sehr viel deutlicher bemerkbar. Indirekt erhofft man sich dadurch eine geringere Inflation v.a. bei Lebensmitteln, denn die USA haben zwar alles, das meiste Obst und Gemüse kommt aber aus Kalifornien und muss transportiert werden.
- Seit der deutlichen Wahl Trumps gehen die amerikanischen Aktien durch die Decke. Die Amerikaner sehen es nicht zu Unrecht so, dass Wirtschaftswachstum die eigene finanzielle Situation verbessert. Wenn die Unternehmen expandieren, konkurrieren sie um Arbeitskräfte und müssen höhere Löhne anbieten. Hire and fire gilt dabei in beide Richtungen; dass man nach der Ausbildung einen Job annimmt und dort bis zur Rente bleibt, ist ziemlich ungewöhnlich, vielmehr nutzt man die Möglichkeiten des Marktes zum eigenen Aufstieg (der amerikanische Traum).
- Trump will Zölle und Strafzölle einführen. Dies könnte zu Preissteigerungen führen. Aber der durchschnittliche Trumpwähler wird nicht ernsthaft erwägen, in den nächsten Jahren einen niegelnagelneuen Mercedes Benz zu fahren, sondern bleibt bei dem Rostbeulen-Pickup vom Gebrauchthändler (einen TÜV gibt es nicht). Wenn aber große Konzerne, die v.a. Facharbeiter ohne College-Abschluss beschäftigen, in den USA ansiedeln müssen, bedeutet dies neue Arbeitsplätze für das Klientel von Trump. Das Lohnniveau könnte nach den Gesetzen des Marktes indirekt auch insgesamt steigen.