Präsidentschaftswahl in den USA 2020
19.01.2019 um 22:05
schade, dass hier keine Diskussion aufkommen mag... :-(
Die Frage ist doch interessant und es könnte eine sehr interessante Diskussion werden. Spannender meiner Meinung nach als das x-fache Kreise um jeden Pups, den Trump auf Twitter veröffentlicht...
Meine Ansicht: Trump war wohl der unwählbarste Kandidat den die Republikaner je aufgestellt haben, gegen den hätte auch ein lackierten Besenstiel vermutlich gewonnen. Aber den Demokraten ist es gelungen, gleichzeitig auch noch die unwählbarste Kandidatin der Demokraten jemals aufzustellen!
Es hätte für die Demokraten der einfachste Sieg jemals werden können, aber sie haben es gründlich versemmelt.
Und jetzt wird es spannend zu sehen, ob man aus dieser Lektion etwas gelernt hat. Trump hat zwar diesmal einen gewissen "Amtsinhaberbonus", aber dem Grunde nach sollte es trotzdem ein no-brainer sein, einen geeigneten Gegenkandidaten aufzustellen und ins Amt zu bringen.
Wenn Trump wiedergewählt wird in 2020, dann wird der Hauptgrund dafür darin liegen, dass bei den Demokraten Mist gebaut wurde!
Da ich also davon ausgehe, dass eigentlich fast jeder Kandidat gegen Trump gute Chancen haben müsste, will ich mich mal darauf konzentrieren zu schreiben, wer nicht(!) geeigneter Kandidat ist ich nenne das mal:
DREI REZEPTE ZUM SCHEITERN
(Disclaimer: wenn ich das grammatische Maskulinum verwende, also von "Kandidat" spreche, dann meine ich damit eine Frau oder einen Mann. Ich denke, für die Wahlchancen hat das biologische Geschlecht keine nennenswerte Bedeutung. Nur eine Ausnahme gibt, die ich im ersten Punkt anspreche)
1) der Kandidat darf sein was auch immer, Mann, Frau, Weißer, Schwarzer, Latino, Asiate, Indianer, völlig egal. Aber was auch immer er ist, er darf dies nicht als Wahlargument vor sich her tragen. Ich denke, die US-amerikanischen Wähler sind intelligent genug, sich von sowas nicht überzeugen zu lassen, sich davon eher abschrecken zu lassen!
Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Gerede von der "Gläsernen Decke", die Argumentation "Wählt Hillary, damit auch mal eine Frau Präsidentin wird", tatsächlich Hillary keine Stimmen eingebracht hat, sondern ihr Stimmen gekostet hat!
Der Grund dafür ist ganz trivial: "Frau zu sein" (oder Angehörigkeit einer anderen ähnlichen Gruppe) verbindet nur schwach. Eine Frau wie Hillary in der Politik in Washington hat mit der Lebenswirklichkeit einer arbeitslosen Frau im rust belt, mit der Lebenswirklichkeit einer Alleinerziehenden im Ghetto oder einer Hausfrau und Mutter einer Großfamilie im bible belt jeweils nicht wirklich was zu tun. Ein "Wählt mich, ich bin eine Frau" wird da eher als unangenehmes Anbiedern, als Bruch empfunden, nicht als etwas verbindungsstiftendes!
Dieser erste Punkt beschränkt also erstmal den Raum der möglichen Kandidaten nicht. Man darf nur nicht einen Kandidaten danach auswählen oder damit pushen, dass er irgendeiner zufälligen Gruppe angehört.
2) wie oben geschrieben: mit Hillary wurde eine fast sichere Wahl gegen die Wand gefahren. Man sollte daraus lernen, dass die Wähler offenbar Hillary nicht wollten. Der zweite, und der wohl überhaupt beste Ansatz zum Scheitern für die Demokraten ist daher, einen Wiederaufguss von Hillary aufzustellen. Und um nicht auf diesem Wege eine Wiederholung des Desasters zu fabrizieren, sollten alle Kandidaten tabu sein, die aus dem nahen Umfeld von Hillary kommen, insbesondere die, die als running mates öffentlich engste Unterstützer von Hillary waren.
Dieser zweite Punkt schränkt den Raum eigentlich kaum ein, eine große Partei wie die Demokraten sollte genug geeignete unverbrauchte Kandidaten haben. Aber schon jetzt haben sich mit Elizabeth Warren und Sherrod Brown gleich zwei aus dieser Gruppe gemeldet. Nicht gut...
3) der Kandidat darf nicht spalten, darf kein Radikalinski sein. Die nächsten Wahlen werden in der Mitte und in der Fläche gewonnen und der Kandidat muss für die Mitte und in vielen Staaten wählbar sein! Und die Mitte ist in den USA verhältnismäßig konservativ. Ein radikal-linker oder radikal-liberaler Kandidat, der für konservative Amerikaner überlegen lässt "ehe dieser Sozi rankommt, dann doch noch lieber notgedrungen Trump", das würde die Wahlen für die Demokraten vernichten!
Dazu ganz einfache strategische Überlegung: es gibt die hardcore-Trump-Anhänger, die können die Demokraten nicht gewinnen, es gibt die linken und liberalen, die wählen jeden, der Amerika von Trump befreien könnte, daher sollte man auf die nicht zuviel Rücksicht nehmen. Entscheidend für die Wahl sind die aus der Mitte, die vielleicht vorher Trump gewählt haben und von ihm enttäuscht sind oder die, die zwar klassisch konservativ Republikaner wählen, aber von Trumps Gebahren abgestossen werden!
Oder ganz einfach gesagt: in Südkalifornien die Wähler für sich mobilisieren zu können, oder Liebling der Hollywood Sternchen zu sein, das qualifiziert nicht, das könnte im Rest des Landes vielmehr massiv Stimmen kosten.
Und als eine Art 3b): vielen Menschen geht es seit Trumps Amtsantritt tatsächlich besser. Ob das wegen Trump oder trotz Trump ist, darüber kann man streiten. Aber ein Kandidat, der das leugnet, der behauptet, bei Trump sei alles schlecht, der wird bei den Wählern die Angst hervorrufen, dass man ihm die Dinge, die für ihn spürbar besser geworden sind, wieder wegnehmen will! Und dieser Wähler wird dann aus Prinzip und Selbstschutz Trump seine Stimme geben!
Jetzt sage ich doch noch, was ich als idealen Kandidaten sehe:
der ideale Kandidat ist ein eher blasser, konservativer Verwalter, kein Visionär, kein "erster xy", sondern jemand, der Amerika konsolidieren will, nicht Revolution, sondern Biedermeier verspricht!
Bei der derzeitigen Auswahl der Kandidaten habe ich da die Befürchtung, dass die Demokraten das noch nicht begriffen haben!