@DeepThought Danke für deine Mühen, auch für die vielen Privatnachrichten zu dem Thema. Du hast gesagt du hast auch schwere Zeiten hinter dir. Gut, hast du offenbar tatsächlich. Und es ist schön, wenn du es tatsächlich geschafft hast, an mehr als der Hälfte der Tage wieder positiv zu leben. Da freu ich mich für dich, ehrlich.
Aber für mich klingen die meisten deiner Ratschläge nach Therapeuten-Programmierung. Ich meine das nicht böse und sollte es vielleicht auch nicht so sagen (und vor allem schön wenn es dir geholfen hat) , aber da du grad offen sprechen möchtest...
Die Realität, die ich kenne, ist die, in der Menschen, die allein auf eine Ü30-Party gehen, schräg angeguckt werden und garantiert die letzten sind, die angesprochen werden oder von denen jemand angesprochen werden will. Einzelgänger und solche, die so wahrgenommen werden, wecken Ängste in sozialen Wesen. Deshalb möchten soziale Wesen nichts mit ihnen zu tun. Nicht weil sie böse Arschlöcher sind sondern weil sie Angst haben, auch allein zu enden.
Und "sich für die anderen freuen" kann man natürlich auch. Aber nicht mehr ohne Magengrummeln, wenn auch der letzte ungebildete, ungepflegte, nach gängigen Mehrheits-Massstäben unattraktive Dödel in deinem Umfeld mühelos die zweite oder dritte Beziehung oder die zehnte Bettgeschichte abgestaubt hat, während du gar nichts gerissen kriegst. Nein, dann freut man sich nicht mehr jedes mal vorrangig für die anderen.
Und "Glück allein empfinden" kann ich auch sehr gut. Wart mal ab, bis ich in meinem Miet-Cabrio am Hyatt Miami vorbei über die kleine Gitterbrücke über den Miami River fahre und die Sonne durch die Wolkenkratzer blinzelt. Glücklich bin ich dann, ja. Aber teilen und mich mit jemandem daran erinnern, das kann ich nicht.
Und "mich annehmen wie ich bin" kann ich grundsätzlich schon. Ich mag meinen Charakter, mein Aussehen geht so. Alles ganz okay. Aber wenn sich da mit nur kurzen Unterbrechungen fünfunddreissig Jahre lang nie jemand "reinverlieben" konnte (oder zumindest niemand von denen, die man wollte), dann zerstört das irgendwann auch das gesundeste Selbstwertgefühl. Menschen sind soziale Wesen, wir brauchen Nähe, sonst verkümmern wir. Die einen verhärmen, die anderen gehen kaputt. Du kannst dich nicht mit mir vergleichen, du hast deine Kinder, du hast einen sozialen Zweck, für jemanden eine Bedeutung. Ich bedeute grad mal meiner Mutter was, und die hat maximal noch zehn Jahre.
Und ich weiss nicht, wie es in Österreich oder der Schweiz oder in Berlin, Hamburg oder München ist. Aber hier in Hannover bist du mit 47 kein heiss begehrter Junggeselle sondern einer, der entweder aus offensichtlichen Gründen "übrig geblieben" ist - oder aus nicht offensichtlichen Gründen. Letzteres ist sogar noch tödlicher als ersteres.
So sieht das aus.