lovara schrieb:Christopher Conselice hat 2016 im Fachblatt The Astrophysical Journal aufgrund von Auswertungen und Analysen der Hubble-Daten fest gestellt, das die Anzahl der beobachtbaren Galaxien aus den 90er Jahren von 100 Milliarden auf 1 Billion korrigiert werden muss.
Frage an Sender Jerewan: Ist das so?
Antwort vom Sender Jerewan: Im Prinzip ja.
Nur wurden nicht überall zehn mal so viele Galaxien entdeckt wie bisher gesehen bzw. angenommen, sondern nur in den entferntesten Regionen. Was bedeutet, daß die Zahl der Galaxien pro Kubikgigaparsec in der Frühzeit, den ersten paar Jahrmilliarden des Universums zehn mal so hoch war. Und dann hatten diese damaligen Galaxien eine deutlich geringere Größe als die heutigen Galaxien, ungefähr nur 1/10 so groß.
Mit anderen Worten: eigentlich ist es ganz simpel. Seit damals ist passiert, was selbst heute noch passiert und auch künftig passieren wird: Galaxien vereinigen sich nach und nach. DIe Zahl der Sterne verändert sich damit nicht, weder nach oben noch nach unten. Aber das hat damals, als die News aufkam, viele irgendwie überfordert, sodaß man ständig lesen konnte (jedenfalls außerhalb von Fachmedien), daß es zehn mal so viel Sterne geben müsse.
lovara schrieb:Auf die Frage wieviel Sterne eine Galaxie hat kursiert der Mittelwert bei 250 Milliarden +-150
Das ist der Spielraum, der für die Milchstraße angegeben wird. Manche sagen 100 Milliarden, manche sagen 400 Milliarden. Und irgendein Schlaukopf hat davon den Mittelwert gebildet und die beiden Peaks als Plusminus-Variationsbreite hingeschrieben. So siehts jetzt schön "wissenschaftlich" aus.
Einfach mal unsere Galaxie als Maß aller Dinge zu veranschlagen ist nicht. In der Lokalen Gruppe, also dem Galaxienhaufen, zu dem wir gehören, finden sich über sechzig Galaxien, und die Galaxis ist neben der Andromedagalaxie die zweitgrößte Galaxieder Lokalen Gruppe. Und zwar mit Abstand!
Deswegen rechne ich weiterhin mit 100 Milliarden Galaxien im Universum (vor ca. 10 Milliarden Jahren waren es mal eine Billion) mit jeweils 100 Milliarden Sternen pro Galaxie (vor zehn Milliarden Jahren waren es ganz grob gesehen ungefähr genauso viel). Das ergibt 10^22 Sterne, zehn Trilliarden. Die höchste Schätzung von einem Wissenschaftlerteam, die ich bis heute kenne, ist 70 Trilliarden. Aberauch das bleibt in der Größenordnung X mal 10^22 (X ein einstelliger Wert mit Nachkommastellen), wird also im Sinne des Redens von Größenordnungen als "gleichwertig" betrachtet.
lovara schrieb:Ergebnis: 1.25E+21 (1,25 Trilliarden) Planeten in der Zone die das entstehen von Leben ermöglichen könnten! Das ist eine kaum vorstellbare realisierbare Größe.
Ja, das ist was zum Staunen für den Laien. Wer sich mit Mathematik ein wenig auskennt, weiß, wie schnell solche Zahlen schrumpfen können. Etwa durch die Zahl der Einzelbedingungen, die für Lebensentstehung erfüllt sein müssen, und deren mittlere Auftretenswahrscheinlichkeit. Stell Dir doch mal vor, ein Planet liegt in der Habitablen Zone einer besonders massereichen Sonne. Was passiert? Nach 10...100 Millionen Jahren ist der Stern ausgebrannt, und schon isses Essig mit Leben. Oder der Planetliegt in der habitablen Zone eines besonders kleinen Sterns. Diese sind besonders "launisch", verändern ihre Strahlungsintensität undschicken ihre Protuberanzen und wasweißichnichtalles besonders weit in die nähere Umgebung. Derhabitable Planet würde ständigwieder und wieder sterilisiert. Und im Bulge einer Spiralgalaxie ist die Sternendichte so hoch, daß Sternentransite die Planetenbahnen regelmäßig beeinflussen; und die Wahrscheinlichkeit, daß ein GRB-Ereignis in wenigen Dutzend Lichtjahren Entfernung auftritt, ist dort um mehrere Größenordnungen höher. Da werden die belebten Welten im Schnitt schneller sterilisiert, als daß ein Planet "Ediacara" rufen kann.
Und es gibt noch weitere Bedingungen, die Lebensentstehung (bzw. -bewahrung) beeinflussen. Mein Klassiker: Laß es 35 Bedingungen sein, und laß deren mittlere AUftretenswahrscheinlichkeit bei 1:5 liegen. Wie sieht es da mit den großen Zahlen aus? 5 hoch 35, das ist 2,91 x 10^24. In Sachen Lebensentstehung hieße das, daß wir 2,91 Quatrillionen Sterne bräuchten, damit wir einen einzigen Stern erwarten dürften, unterdem sich Leben finden läßt. Selbst bei 7 mal 10^22 Sternen bräuchten wir mehr als vierzig mal das sichtbare Universum, damit wir uns selbst erwarten dürfen.
So schnell kann "eine kaum vorstellbare realisierbare Größe" auf "zu wenig" zusammenschrumpfen. Wobei ich 35 Bedingungen nicht gerade für üppig viele halte und "einer von fünf Fällen" für keine schlechte Wahrscheinlichkeit halte im Universum.
lovara schrieb:Aber da aus "Nichts" auch "Nichts" entstehen kann und wir Menschen und das Leben auf der Erde nicht als "Nichts" bezeichnet werden können, muss das entstehende Leben ja "irgendwo" her gekommen sein.
Das zeigt nur, daß Leben möglich ist. Es zeigt nicht, wie hoch dessen Gesamt-Auftretenswahrscheinlichkeit ist. Auch nicht "ansatzweise".
lovara schrieb:Aber bitte wie lässt sich die Zahl in den Köpfen einfach weg argumentieren das es das nicht geben kann?
Wer sagt denn, daß das nicht gehen kann? Tut das wer? Oder kommt Dir jeglicher Widerspruch gegen die Auffassung, daß es unbedingt und ganz viel Exoleben geben müsse, nur so vor, als würden die Widersprechenden gleich die Möglichkeit für Exoleben bestreiten? Das sehen Believer sehr oft so falsch (auch zu anderen Themen; wer meine Gewißheit nicht teilt und mir darin widerspricht, der geht ganz sicher vom Gegenteil aus").
lovara schrieb:Wenn man das Mittelmeer statt Wasser mit 1 cm großen Glasmurmeln füllt, dann kommt das ungefähr an diese Menge, jetzt werfe ich irgendwo zwischen Frankreich und Afrika eine Murmel dazu die die Erde symbolisiert und nur auf dieser Murmel soll dann komplexes Leben entstanden sein?! xD
Das widerspricht doch einfach aller Logik oder nicht?
Yepp, das tut es. Denn Du siehst nur eine einzige Bedingungen "is belebt". Ansonsten sind für Dich alle Kugeln gleichwertig Du mußt schon aus diesem Pool erst mal alle Kugeln rausnehmen, deren Stern zu kurz lebt bzw. sich nahe genug befindet, um die Murmel gelegentlich zu sterilisieren. Dann nimmst Du vom Rest nahezu alle Kugeln weg, die sich im Bulge ihrer Galaxie befinden. Dann nimmst Du noch die von Dir mitgerechneten Phantommurmeln raus, deren Sterne (zumeist in den Außenregionen von Spiralgalaxien) eine zu geringe Metallizität haben, als daß sie überhaupt Planeten besitzen können (die hast Du aber sicher nicht außen vor gelassen, als Du Deine habitablenPlaneten hochgerechnet hast). Und für jede weitere Bedingung nimmst Du immer wieder alle jene Murmeln raus, bei denen diese Bedingung nicht erfüllt ist.
AberdieseLogik wendest Du janicht an auf Deine Murmeln. Für Dich sind alle Murmeln gleich, und - indeed - daist es nicht einsichtig, wieso nur eine einen Algenbelag aufweisen sollte. Streng genommen wäre es in Deinem Beispiel sogar absurd, wenn auch nur eine einzige Murmel ohne Biofilm wäre.