@ATGC ATGC schrieb:Deine These ist die am wenigsten aufwändige und damit gemäß Ockhams Razor die wahrscheinlichste.
Nein, das ist sie nicht. Ich zitiere mal aus der Wikipedia
Wikipedia: Wilhelm von Ockham :
Ontologisch bedeutet das auch als Sparsamkeitsprinzip bezeichnete Prinzip nach einer in der Neuzeit verbreiteten Interpretation, dass Dinge nur dann für existierend gehalten werden sollen, wenn eine Notwendigkeit besteht, ihre Existenz zu behaupten; die „überflüssigen“ Dinge sind als nichtexistent „wegzurasieren“. Das hat Ockham aber nicht gemeint und nicht so ausgedrückt; denn ihm ging es nicht um das Sein oder Nichtsein von Dingen, sondern um die Berechtigung von Aussagen. Er hat auch nicht den Begriff „Rasiermesser“ verwendet. Vielmehr besagt sein Grundsatz, aus dem in der Neuzeit das Rasiermesser-Prinzip abgeleitet wurde, nur, dass in Aussagen unnötige Vervielfachungen zu vermeiden sind: „Umsonst geschieht mit Hilfe einer Mehrheit, was mit weniger bewirkt werden kann“ und „Eine Mehrheit ist nicht ohne Notwendigkeit anzunehmen“. Damit will Ockham verhindern, dass die Schaffung und Verwendung eines überflüssigen Begriffsinstrumentariums zur Entstehung ontologischer Vorstellungen beiträgt, die für die wissenschaftliche Erkenntnis nicht hilfreich sind. In der Formulierung „Umsonst geschieht mit Hilfe einer Mehrheit, was durch eines bewirkt werden kann“ kommt der Grundsatz schon im 13. Jahrhundert bei dem Franziskaner Odo Rigaldus vor, einem Schüler Alexanders von Hales.
Wenn auf dem Mond keine Aliens vorkommen, dann ist die kürzeste Begründung dafür: "weil es
dort kein Leben gibt". Zu sagen "weil es keine Aliens gibt", wäre eine vermehrte Aussage, die nicht nur Occams Messer zum Opfer fallen muß, vor allem aber beinhaltete sie eine generelle ontologische Aussage über Aliens bezüglich ihrer Existenz. Und genau das ist mit Occam eben nicht gerechtfertigt:
So forderte er: „Nichts darf man ohne eigene Begründung annehmen, es sei denn es sei evident oder aufgrund von Erfahrung gewusst oder durch die Autorität der Heiligen Schrift gesichert.“ (In I. Sent d 30, q 1)
Wikipedia: Ockhams RasiermesserEine grundsätzliche Nichtexistenz von Aliens ist aber weder aus sich selbst schlüssig, noch erfahrbar - und selbst von der Heiligen Schrift nicht mitgeteilt. Daher müßte sie eigens begründet werden, oder sie ist überflüssig - ritsch ratsch wegrasiert!
Das, mein Guter,
das ist Occam!
Ohnehin ist "Aliens" keine eigenständige Kategorie. Es handelt sich um die Kategorie "(intelligentes) Leben", und "Alien" faßt sämtliche denkbaren Formen dieser Kategorie zusammen mit Ausnahme unserer selbst. Das ist ebenso eine Kategorie wie die Untergruppe zur Kategorie "Stuhl" namens "alle Stühle außer diesem einen hier". "Stuhl mit Lehne" wäre eine Kategorie wäre.
Mit der Kategorie "(intelligentes) Leben" aber wird ganz schnell deutlich, daß continuums These "Es gibt keine Aliens" keine vorzuziehende These ist. Sie lautet nämlich so formuliert "Es gibt nur einmal (intelligentes) Leben", im Gegensatz zur Antithese "Es gibt mehr als einmal (intelligentes) Leben". Dabei meint Occams "Mehrheit" nicht, daß "mindestens zwei" schließlich mehr ist als eins. Sondern die Mehrheit der Kategorien. Und in dieser Formulierung mit der Kategorie "(intelligentes) Leben" besitzen beide Thesen gleichermaßen eine zweite Kategorie, nämlich eine Aussage über die Anzahl.
Keine der beiden Thesen läßt sich durch Empirie (aufgrund von Erfahrung), durch reine Logik (evident), durch allgemein akzeptierte Tatsachen (für Occam die Heilige Schrift; heute wären es die Naturgesetze odgl.) oder durch einen schlüssigen Beweis (eigene Begründung) stützen oder gegenüber der anderen vorziehen.
ATGC schrieb:Das ist der derzeitige Stand. Es "scheint" so - also, es gibt keinerlei empirische Belege, die eine Existenz von Außerirdischen nahelegen. Darum ist Deine These bis zum Beleg des Gegenteils gültig.
Irrtum. Genauso wäre die Antithese gültig. Aus der Existenz von uns selbst ist es eine durchaus akzeptable Folgerungsmöglichkeit, daß Leben entstehen kann. In diesem Universum. Also kann ich behaupten, daß Leben in diesem Universum unter bestimmten Bedingungen entsteht. Genau auf diesem Wege kommt die Physik zu der Behauptung von Dunkler Energie. Sie ist eine mögliche Folgerung aus einem beobachtbaren Phänomen und wird zugleich verallgemeinert. Auch wenn sie sich nicht nachweisen läßt, ist sie für die Physik eine "gültige These". Zu sagen "
Bis jetzt haben wir keinen Nachweis, also sage ich: es gibt keine Dunkle Energie" würde dagegen nicht als "gültige These" betrachtet.
Immerhin aber hat die ontologische Interpretation Occams dennoch eine gewisse Berechtigung und wird sogar in diesem Sinne angewandt.
Ontologisch bedeutet das auch als Sparsamkeitsprinzip bezeichnete Prinzip nach einer in der Neuzeit verbreiteten Interpretation, dass Dinge nur dann für existierend gehalten werden sollen, wenn eine Notwendigkeit besteht, ihre Existenz zu behaupten
Aus diesem Grund arbeitet die Wissenschaft auch mit dem sog. "methodischen Atheismus" Jede bis heute aufgestellte Theorie kommt "ohne die Hypothese Gott" aus. Die Folgerung daraus ist aber nicht, daß Gott für nichtexistent gehalten wird", sondern daß er nur wie inexistent behandelt wird, also bei der Theorienbildung ignoriert wird. Und genauso kann aufgrund jeglichen Fehlens eines Beleges für Aliens sowie aufgrund der Tatsache, daß noch jedes Phänomen ohne das Hinzuziehen von Aliens (mindestens genauso gut) erklärbar ist, das Phänomen "Alien" so behandelt werden, als wäre es inexistent. Doch ist dies eben nur methodisch, nicht wirklich ontologisch. Aliens werden nur ignoriert, nicht bestritten. Eine These, die Aliens bestreitet, ist davon wissenschaftlich nicht abgedeckt.
Das würde zwar auch für die Dunkle Energie gelten, doch bezieht diese ihr "Existenzrecht" aus der "Heiligen Schrift" der Physik, also aus dem Kanon der bereits anerkannten und verifizierten Theorien. Eine Erklärung des Galaxienverhaltens ohne Dunkle Energie wäre durchaus möglich, etwa mit der MOND, einer alternativen Gravitationshypothese, doch ist die MOND im Gegensatz zur ART eben nicht Teil des Theorienkanons.