THX1138 schrieb:Deine [...] Affen haben [...] Rahmenbedingungen!
Eben. Wie so vieles in der Realität Rahmenbedingungen hat. Das ist ja gerade der Unterschied zu den rein hypothetisch gedachten Affen des Infinite-Monkey-Theorems, denen man fälschlicherweise zugesteht, deren Fingerbewegungen über die Tastatur würden eine völlig freie, gleichverteilte Streuung sämtlicher denkbarer Kombinationsmöglichkeiten in gleicher Auftretenswahrscheinlichkeit ergeben. Tun sie aber nicht. Und so gibt es auch bei anderen Sachen solche Rahmenbedingungen, Routinen, Entropien. Schütt nen Erdhaufen auf, installier über der Kegelspitze nen tropfenden Wasserhahn - werden die Wassertropfen je häufiger je gleichmäßiger in sämtliche möglichen Richtungen diesen Haufen hinabfließen? Nö. Denn es schleifen sich Routinen ein. Sobald einmal ein paar Tropfen häufiger in Richtung X fließend ein paar Sandkörner mehr weggeschwemmt haben als in anderen Richtungen, werden die nachfolgenden Tropfen umso stärker in die Richtung des nun schon im Entstehen befindlichen "Flußbetts" abgelenkt werden, dieses immer stärker ausbauen und somit die nochmals später fallenden Tropfen nur umso gewisser hierlang ablenken.
OK, jetzt könnte man natürlich ganz viele solcher Installationen basteln. Auf jedem Erdhügel wird sich zwar so eine "Routine" einstellen, aber in der Gesamtheit aller Installationen wird doch wohl die sich so ergebende Hauptabflußrichtung bei jedem Hügel ne andere sein, im Durchschnitt dann gleichverteilt auf alle möglichen Richtungen. - Nein! Denn Du kannst solche Hügel ja nicht beliebig im All aufstellen, da brauchst Du schon Planeten, Monde oder sonst irgendwelche massebehafteten Himmelskörper für. Und das Dumme: die drehen sich. Und erzeugen damit Effekte, die "Routinen" darstellen. Wir kennen da etwa die Corioliskraft. Will heißen, beim Runterfallen wird der Tropfen bereits in eine bestimmte Richtung abgelenkt, fällt also häufiger, mit größerer Kraftwirkung, in eine bestimmte Richtung beim Landen auf die Hügelkuppe. Pro Himmelskörper werden also bestimmte Abflußrichtungen präferiert. Wieder keine beliebig gewählte Abflußrichtung in rein arithmetischer Gleichverteilung. Tatsächlich sind die Richtungen der Winde auf Planeten mit Atmosphäre oder die Ausrichtung der Konvektionsströme in Sternen trotz aller chaotischer Verteilungen "global" durchaus gerichtet. Routinen, wohin man sieht.
Der "(perfekte) Zufallsgenerator" existiert eben nur in den Gedanken von Leuten, die sich so einen ausdenken, nicht aber in der Natur, in der Realität, im Universum. Genau dies war mein Einwand gegen das Gedankenmodell der Shakespeare schreibenden Affen. Wir setzen ungerechtfertigterweise gedanklich voraus, was die real gar nicht zu leisten imstande sind. Und das liegt nicht an der Auswahl "Affen" für das Gedankenmodell.
THX1138 schrieb:Der Begriff "individuell" trifft da besser zu als einzigartig - trotz der jeweiligen individuellen Ausprägung gibt es unzählige von.
Umgemünzt auf "Leben" würde das meinen: Unser Leben hier ist individuell (Einzigartig) aber es gibt genug andere Lebensformen da draussen (Individuelle)
Aber nur, wenn Du Leben als Kategorie wie "Galaxie" definierst und nicht wie "Andromedagalaxie". Galaxien wiederholen sich, die konkrete, individuelle Ausgestaltung der Andromedagalaxie hingegen nicht.
Wenn Du natürlich schon im Vorfeld festlegst, daß Leben eine wiederholbare Kategorie statt einer individuellen Ausprägung einer Kategorie zu sein hat, dann ist es kein Wunder, wenn Du am Ende genau das "heraus"bekommst, was Du schon vorab hineingesteckt hast. Nützt nur nichts, solange wir nicht wissen, ob Leben selbst so eine Kategorie oder so eine Ausprägung ist.
THX1138 schrieb:Das Universum ist defacto ein schlechtes Beispiel, es es ist per Definition Einzigartig (Uni).
Ich weiß nicht, was verrückter ist: daß Du das Universum als so einen Fall selber angeführt hast, oder daß Du, sobald Deine Forderung nach was Singulärem erfüllt wird, dieses Singuläre ablehnst, weil es ja "de facto", also tatsächlich singulär ist.
THX1138 schrieb:Tatsächlich sehe ich das System Leben aber so, Einzigartig in seiner Individuellen Ausprägung wie wir es hier vorfinden, aber nicht singulär im Sinne von gibbes nur einmal im Universum als System Leben grundsätzlich.
Eben. Das setzt Du hier einfach mal voraus. Ist keine allgemein erkannte Tatsache, sondern Deine persönliche Vorstellung. Andere mögen es anders sehen, aber Du schließt dies einfach mal aus, daß dem so sein könne. Denn würdest Du die Möglichkeit stehen lassen - wäre ja die Wiederholbarkeit flöten und der konkrete Fingerabdruck ein Beispiel, das Du akzeptieren mußt.
THX1138 schrieb:Leben stellt für mich einfach eine lokale (temporäre) Entropiesenke dar.
Schön fürs Leben. Aber wieso folgerst Du daraus, daß Leben deswegen ne wiederholbare Kategorie statt individueller Ausprägung sein müsse?
Ach ja, Koazervate, also sich selbst erhaltende Reaktionskreisläufe, die dabei noch Strukturen produzieren, solange Energie und Bausteine ("Nahrung") vorhanden sind, die sind auch solche "lokale (temporäre) Energiesenke". Und das Leben ist ein solches Koazervat, eine individuelle Ausprägung dieser wiederholbaren Kategorie. Und wie ich das hier schreibe, denke ich, ich hätte das Koazervat bereits angesprochen. - *nachschau* - In der Tat hab ich das, vor vier Tagen, und zwar im selben Beitrag, indem ich das mit den anatomischen Routinen der tastaturklimpernden Affenhände dargelegt hab. Und brachte das Koazervat ein, um darzulegen, daß das "konkrete Koazervat Leben" eben so eine individuelle Ausprägung der Kategorie ist, welche von den "Routinen" gerade nicht gefördert wird, genauso wenig wie das Shakespeare-Werk von den Klimperhand-Routinen der Affen.