Es gibt keine Außerirdischen in der Galaxis
23.02.2008 um 15:16
@ Topic
So schauen wir mal was Prof. Dr. Robert M. Hazen so dazu schreibt. Der hat nun nicht ganz so viel Ahnung und Wissen wie Astronom, aber immerhin schon über 300 Arikel und 19 Bücher geschrieben.
http://hazen.gl.ciw.edu/
http://hazen.gl.ciw.edu/cv/biography
Hier ein Artikel von ihm, gibt es auch als pdf zum downloaden.
Wohl keine Entdeckung hätte tiefere Nachwirkungen, als wenn wir eine »zweite Schöpfung« fänden – Lebendigkeit, die unabhängig vom irdischen Leben entstand. Bisher kennen wir nur diese eine belebte Welt. Noch könnte es sein, dass unsere Biosphäre einzigartig ist, dass wir im Universum wirklich allein sind.
Sollten wir allerdings ein anderes Leben aufspüren, hieße das: Leben ist ein universales Prinzip. Obwohl noch niemand beweisen konnte, dass es im Kosmos von Leben wimmelt, sind sich viele dessen sicher. So manchen von uns drängt es darum zur jungen Disziplin der Astrobiologie. »Die einzige Wissenschaft ohne Gegenstand« nannte ein Schelm dieses Forschungsfeld.
Dem Irdischen verhaftete Biologen verstehen sich vorzüglich darauf, Lebensspuren zu erkennen. Ihnen genügt hierfür eine einzige Zelle, ein Schnipselchen DNA, eine eigentümliche Ansammlung von Kohlenstoffmolekülen.
Nur handelt es sich um hiesige Erscheinungen. Was, wenn fremdes Leben anders aussähe, wenn es sowohl äußerlich wie biochemisch völlig exotisch daher käme? – »Ich erkenne so etwas, wenn ich es sehe!« Was der amerikanische Richter Potter Stewart 1964 über Pornografie behauptete, dürfen wir uns bei außerirdischem Leben nicht anmaßen.
Was bleibt uns also?
Weil Forscher Wert auf klare Verhältnisse legen, diskutieren sie wichtige Angelegenheiten auf Kongressen. Vor nicht langer Zeit trafen sich zum Thema »Was ist Leben?« einige
hundert Naturwissenschaftler mit Philosophen und Theologen. Die Anschauungen prallten aufeinander.
Die hitzigsten Dispute lieferten sich allerdings die Naturwissenschaftler selbst.
Ein ehrwürdiger Lipidforscher setzte auseinander, Leben habe mit der ersten semipermeablen Lipidmembran begonnen. Eine ebenbürtige Autorität der Stoffwechselforschung konterte, es habe mit dem ersten Stoffwechselzyklus angefangen, der sich selbst in Gang hielt.
Wieder eine völlig andere Auffassung vertraten einige Molekularbiologen. Ihres Erachtens stellte ein RNA-ähnliches genetisches System die erste Lebensform dar, das biologische Information trug und verdoppelte.
Vergleichsweise wenige Anhänger fand ein Mineraloge mit seinem Vorschlag, sich selbst replizierende Mineralien hätten den Anfang gemacht.
Diese Debatte kocht weiter. Sie erinnert an die Geschichte von den Blinden, die einen Elefanten beschreiben sollen. Weil jeder einen anderen Körperteil zu fassen bekommt, entwerfen die Männer völlig verschiedene Tiere.
Keines der Bilder trifft zu, weil keines den ganzen Elefanten zeichnet. Dennoch enthält jede Beschreibung etwas Richtiges. Vielleicht ist es bei unserem Thema ähnlich. Vielleicht behandelt jede Theorie zum Wesen des Lebens einen anderen Ausschnitt einer viel komplexeren Wahrheit.
Fünfzig verschiedene Definitionen In seinem 1999 erschienenen Buch »Biogenesis, Theories of Life’s Origin« listet der Chemiker Noam Lahav von der Universität Jerusalem Lebensdefinitionen auf, an denen sich 48 Experten in den letzten hundert Jahren versuchten.
Der namhafte englische Evolutionsforscher John Maynard Smith (1920 – 2004) beispielsweise versteht unter Leben »jede Population von Einheiten, die einer Vermehrung, Vererbung und Variation fähig sind«. Dagegen konstatiert der Informationstheoretiker Stuart Kauffman
von der Universität Calgary (Alberta, Kanada), Leben sei »ein zu erwartendes kollektives Vermögen katalytischer Polymere zur Selbstorganisation«.
Bei anderen Experten ist es »die Fähigkeit zu kommunizieren«, »ein Fluss von Energie, Materie und Information« oder »ein sich selbst erhaltendes chemisches System, das eine darwinische Evolution erfahren kann«. Keine zwei der vielen Definitionen gleichen sich völlig.
Vielleicht sollte uns das nicht einmal überraschen.
Schließlich reiben sich nicht nur Naturwissenschaftler an diesem Thema. Auch Bioethiker und Theologen befassen sich damit – etwa in der Frage, wann das Leben eines menschlichen Embryos beginnt. Setzt es mit der Empfängnis ein oder erst, sobald das Gehirn reagiert? Oder mit den ersten Herzschlägen? Für das andere Ende menschlicher Existenz verlangen Ärzte und Juristen eine
Abklärung. Hier geht es um einen ethisch vertretbaren Umgang etwa mit Hirntoten sowie anderen nie mehr reaktionsfähigen Komapatienten.
Die Bemühungen von Seiten der Naturwissenschaften um eine Definition des Lebens sind zwar in ethischer Hinsicht weniger komplex und auch emotional nicht so stark beladen. Trotzdem ist der mangelnde Konsens unbefriedigend. Wie soll jemand sicher wissen, ob er außerirdisches Leben entdeckt hat, wenn nicht einmal festgelegt werden kann, was Leben ist.
Gleiches gilt für Forscher, welche die Entstehung irdischen Lebens aufklären möchten. Hierbei hilft es nichts, dass Generationen von Biologen Lebewesen im Großen wie im Kleinen untersucht haben. Auch da gibt es einfach keine allgemeinen Kriterien, um alle nur denkbaren Lebensformen eindeutig von den unzähligen unbelebten Erscheinungen trennen zu können.
Die betreffenden Wissenschaftler begehren aber Eindeutigkeit. Es gibt zwei Lager, die sich von entgegengesetzten Seiten her dem Ziel nähern, Lebendes von nicht Lebendem unterscheiden zu können. Die Mehrheit geht sozusagen von oben nach unten vor. Diese Leute sondieren alles, was an heutigen und fossilen Organismen greifbar ist. So hoffen sie zu erkennen, was das primitivste noch vorhandene Leben und ihm nahe Erscheinungen ausmacht – oder was das einfachste jemals existente bestimmte.
Dieser Ansatz hat Grenzen. Alle bekannten Lebensformen, auch die ausgestorbenen, beruhen auf hoch entwickelten Zellen mit DNA und Proteinen (auch Viren stützen sich darauf). Deswegen greifen mit dieser Methode gewonnene Definitionen zu kurz.
Eine kleine Fraktion von Forschern nimmt den Weg von unten nach oben. Diese Wissenschaftler versuchen die frühen Bedingungen der Erde – die Chemie der Urwelt – im Labor nachzubauen. Das Fernziel ist, ausgehend von einfachen Bausteinen ein chemisches System zu schaffen, welches lebt. Erfolge hiermit könnten den Übergang von unbelebter zu lebender Materie erhellen. Fragt man diese Forscher, was denn lebendig ist, hört man eine erfrischende Meinungsvielfalt. Jeder von ihnen orientiert sich da weit gehend an seiner eigenen Spezialrichtung, je nachdem, ob derjenige an Zellmembranen oder Stoffwechselzyklen, an RNA oder Viren arbeitet. Sogar eine halbleiterbasierte künstliche Intelligenz findet ihre Fürsprecher.
Philosophen und Theologen tragen eine abstraktere Sicht bei. Sie sinnieren über die gesamte Bandbreite von Phänomenen, die irgend als lebendig bezeichnet werden könnten. Roboter, Computer, sogar ein sich seiner selbst bewusstes Internet führen sie an.
Manchmal fühlt man sich auf diesen Treffen wie auf einer Sciencefiction-Veranstaltung. Trotzdem sind solche Debatten nicht reine Spielerei. Die Nasa benötigt für zukünftige Missionen, die nach außerirdischem Leben suchen sollen, eine klare Vorgabe. Kompromisse zu finden gehört nicht unbedingt zu den herausragenden Qualitäten von Wissenschaftlern. Gerald Joyce vom Scripps-Forschungsinstitut in La Jolla (Kalifornien) hat sich darin als Mitglied eines Exobiologie-Gremiums der Nasa dennoch versucht.
Von ihm stammt die weiter oben als letzte aus Lahavs Buch zitierte Formulierung: Leben sei »ein sich selbst erhaltendes chemisches System, das eine darwinische Evolution erfahren kann«. Dies schlug Joyce 1994 als »Arbeitsdefinition« für die Weltraumforschung vor.
Außerirdisches Leben könnte für uns unfassbar sein Diese prägnante, oft zitierte Formel vereint drei wesentliche Aspekte. Zum einen verlangt sie ein chemisches System.
Computerprogramme, Roboter und andere elektronische Konstrukte leben demnach nicht.
Des Weiteren fordert diese Formulierung Wachstum und Selbsterhalt durch Energie- und Materialaufnahme aus der Umwelt – im Kern also Stoffwechsel.
Drittens wäre nur lebendig, was sich verändert, was Varianten seiner selbst hervorbringt.
Weil dann Umweltbedingungen fähigere Einheiten selektierten, fände eine Evolution hin zu komplexeren Gebilden statt. Wahrscheinlich ist diese für die Nasa gedachte Definition von Leben mindestens so allgemein gültig, brauchbar, knapp und genau wie jede andere Formulierung, die gefunden werden mag – wenigstens bis wir mehr darüber herausfinden, was außerhalb unserer Welt existiert.
Mit dieser Fassung ist vorstellbar, dass das erste irdische Leben vielleicht völlig anders aussah als alles, was wir heute kennen. Nach Ansicht vieler Forscher war die erste Lebenseinheit keineswegs eine einzelne Zelle im heutigen Sinne, denn selbst einfachste Zellen weisen bereits eine ungeheure Komplexität auf. Vermutlich verwendete die erste Lebensform auch nicht DNA. Unser genetischer Kode ist schon viel zu kompliziert. Das erste Leben benutzte auch nicht notwendigerweise Proteine, die Stützen im Stoffwechsel von Zellen.
Ich bin Geologe und kenne mich mit Gesteinen aus. Meine Lieblingshypothese lautet: Die erste Lebensform, welche die Nasa-Definition erfüllen würde, war ein Molekülfilm auf Gesteinsoberflächen. Solch ein »Flachleben« hätte eine wenige Nanometer dicke Schicht gebildet, die wuchs, sich von den energiereichen Mineralien des Gesteins ernährte und sich langsam über die nächsten Felsen ausbreitete, etwa wie Flechten. Falls solches Leben auf der Erde heute noch existiert – wie sollen wir es erkennen, da ihm doch die üblichen Kriterien DNA und Proteine fehlen?
Womöglich sind die Bemühungen um eine eindeutige Abgrenzung einfach deswegen zum Scheitern verurteilt, weil der Übergang zum Leben allmählich und schrittweise geschah.