Niselprim schrieb:"Wölbung" muss ja nicht unbedingt "Kuppel" bedeuten.
Nennen wir es mal raqia'.
7 Und Gott machte die raqia' und schied die Wasser, die unterhalb der Wölbung von den Wassern, die oberhalb der Wölbung waren. Und es geschah so.
8 Und Gott nannte die raqia' Himmel.
...
14 Und Gott sprach: Es sollen Lichter an der raqia' des Himmels werden, um zu scheiden zwischen Tag und Nacht, und sie sollen dienen als Zeichen und [zur Bestimmung von] Zeiten und Tagen und Jahren;
15 und sie sollen als Lichter an der raqia' des Himmels dienen, um auf die Erde zu leuchten! Und es geschah so.
16 Und Gott machte die beiden grossen Lichter: das grössere Licht zur Beherrschung des Tages und das kleinere Licht zur Beherrschung der Nacht und die Sterne.
17 Und Gott setzte sie an die raqia' des Himmels, über die Erde zu leuchten
18 und zu herrschen über den Tag und über die Nacht und zwischen dem Licht und der Finsternis zu scheiden.
...
20 Und Gott sprach: Es sollen die Wasser vom Gewimmel lebender Wesen wimmeln, und Vögel sollen über der Erde fliegen unter der raqia' des Himmels!
Die raqia' ist also objekthaft genug, um die oberen Wasser von den unteren Wassern zu scheiden. Sie ist als Objekt auch kein immens großer Raum, sondern eine Art "Grenzbereich". Sie füllt nicht etwa den gesamten Zwischenraum zwischen den oberen und den unteren Wassern aus, sondern befindet sich direkt unterhalb der oberen Wasser; unterhalb befindet sich anschließend der Luftraum als Bewegungsraum der Vögel "unterhalb der raqia'". Und diese raqia' erhält die Bezeichnung "Himmel". Schließlich sollen diverse Lichter an / in die raqia', ebenso die beiden großen Lichter, Sonne und Mond genannt.
Woll ist die raqia ne Kuppel! Ne feste Wölbung. Sieht man auch an der in der Bibel einzigen weiteren Verwendung der Vokabel in Hesekiel 1,22.23.25.26; 10,1: die feste raqia' oberhalb der Cherubim, über der sich der Thron befindet. Der Thronwagen Gottes.
Und das ist was festes. Wie Bishamon schon hingewiesen hat, die Vokabel leitet sich vom Verb raqa' her, welches stampfen, hämmern, treiben (metallurgisch für etwas breit machen, aber auch verfestigen) bedeutet. Sämtliche Stellen des Verbes:
2.Mose39,3: sie
hämmerten die Goldbleche zurecht
4.Mose17,4: und man
hämmerte sie
breit2.Samuel22,43: Und ich zermalmte sie wie Staub der Erde; wie Strassenkot zertrat,
zerstampfte ich sie.
Hiob37,18: kannst du gleich ihm die Wolkendecke
ausbreiten, die fest ist wie ein gegossener Spiegel?
Psalm136,6: der die Erde
ausgebreitet hat über den Wassern
Jesaja40,19: Der Kunsthandwerker giesst das Götterbild, der Goldschmied
beschlägt es mit Gold und [mit] silbernen Ketten
Jesaja42,5: So spricht Gott, der HERR, der die Himmel schuf und sie ausspannte, der die Erde
ausbreitete und was ihr entsprosst
Jesaja44,24: Ich, der HERR, bin es, der alles wirkt, der die Himmel ausspannte, ich allein, der die Erde
ausbreiteteJeremia10,9:
Dünngeschlagenes Silber wird aus Tarsis gebracht
Hesekiel6,11: Schlage in deine Hand, und
stampfe mit deinem Fuss auf und sprich: Wehe über alle bösen Greuel des Hauses Israel!
Hesekiel25,6: Weil du in die Hände geklatscht und mit dem Fuss
gestampft hast und dich von Herzen mit all deiner Verachtung über das Land Israel gefreut hast
Ein anderes Derivat, eine andere Ableitung von raqa' ist das Substantiv riqqua'.
4,Mose17,3: man mache daraus
breitgehämmerte Bleche (wörtlich eher "Bleche der Breithämmerungen" oder "Treibarbeits-Bleche")
Metallisches wird durch Hämmern getrieben. Dabei wird es sowohl breit als auch dünn gemacht, hinzu kommt, daß es dadurch auch verfestigt wird. Getriebenes Metall ist stabiler. Nichtmetallisches wird durch Stampfen ebenfalls verfestigt und verbreitert. Lehm etwa. Das Verb raqa' wie seine Derivate lassen diesen Zusammenhang und Hintergrund komplett erkennen. Nur die beiden Hesekielstellen, wo das Stampfen nur noch ein "emotionaler Ausdruck" ist und nicht das Gestampfte betrifft, haben diesen Zusammenhang nicht mehr, leiten sich dennoch von der Aktion des "treibenden" Stampfens her.
Niselprim schrieb:Von der Flachen-Erde-Theorie ist da grad sicherlich nicht die Rede.
Nicht von der Flacherd-Theorie, wohl aber von der Flacherd-Vorstellung. Sonst würde die raqia' die Wasser außerhalb von den Wassern innerhalb scheiden.
Niselprim schrieb:Und was davon steht so in der Bibel drinne, dass man die Babylonier fragen soll? @Bishamon Richtig: nichts.
Falsch. Gerade der erste, der Siebentage-Schöpfungsbericht ist eine bewußte Anleihe an die babylonische Mythologie, speziell das Enuma Elisch.
Das Chaoswasser vor der Schöpfung ist das Wasser dert Tiefe, die Tehom. Der Chaosdrache im Enuma Elisch, der die Schöpfung verhindern, zerstören will, heißt Tiamat und ist das Chaoswasser selbst. Das -at ist die Feminin-Endung, entsprechend sind akkadisch (ostsemitisch) Tiam und hebräisch (nordwestsemitisch) tehom schon mal dichte bei.
Marduk besiegt die Tiamat, um die Weltordnung zu sichern, also die Schöpfung. Dafür wird die Tiamat von einem starken gottgewirkten Wind gebändigt, dann zerteilt. Der eine Teil des Wasserkörpers der Tiamat wird oben an den Himmel gesetzt, der andere Teil unter die Erde bzw. außen um diese herum. Damit die beiden Wasser nicht wieder zusammenkommen, die Tiamat erneut ersteht und von neuem die Schöpfung vernichten kann, fertigt Marduk eine Kuppel an und setzt diese an den Himmel, damit die oberen Wasser oben bleiben.
Also wenn Du die Parallele zwischen den beiden Texten nicht erkennst, dann weiß ich auch nicht. Selbst daß der Geist Gottes über der Tiefe schwebte (das hebräische Verb meint sin Hin- und Her-Bewegen) ist Parallele. Denn ruach heißt sowohl Geist als auch Wind, und ruach mit elohim (Gott) kann auch "göttlicher Wind" und ebenso "besonders starker Wind" bedeuten.
Das Enuma Elisch ist älter. Und der erste Schöpfungsbericht entstand im Zusammenhang der priesterschriftlichen Texte zur Zeit des Babylonischen Exils.
Die Bezugnahme ist deutlich. Es ist aber kein Abschreiben, sondern ein "Gegenentwurf". Denn im Enuma Elisch bleibt die Gefahr, daß das Chaos wieder ersteht und die Schöpfung zerstört. In der Bibel dagegen muß Gott nicht gegen das Chaos kämpfen, er ist der souveräne Macher. Und alles ist sicher. Nur einmal drohte das Chaoswasser, die Schöpfung zu zerstören, indem das obere Wasser durch die Fenster des Himmels herabregnete und das untere Wasser durch die Brunnen der Tiefe aufstieg: die Sintflut. Doch nur, weil Gott es wollte, nicht weil das Chaos es wollte, und am Ende sicherte Gott zu, daß dergleichen nie (erneut) passieren werde.
Und auch sonst sind bei den Babyloniern viele Mythen Götterkämpfe. Und viele Dinge wie Sterne sind ebenfalls Götter, zumindest höhere Wesen, die man beschwichtigen müsse. In der Bibel dagegen ist Wasser einfach bloß Wasser. Und auch Sonne, Mond und Sterne sind keine Gottheiten, sondern "Lichter". Schnöde Lampen, die man irgendwo hinhängt, und die allenfalls einen Sinn und Nutzen für die Leute haben. Keine zu verehrenden oder zu fürchtenden Wesenheiten. Simple Dinge. Der biblische Schöpfungsbericht (und nicht nur der) stellt geradezu ein Gegenkonzept zum Weltverständnis und zur Sicherheit des Menschen in der Schöpfung dar, anders als in der unsicheren Mythenwelt Babyloniens. Was aber nur geht, wenn und weil man sich auf eben jene Mythenwelt bezieht und sie nach-, aber eben auch anders-erzählt.
Niselprim schrieb:Bishamon schrieb:
Es gibt Ähnlichkeiten.
Naja @Bishamon Wenn man genauer hinschaut, dann nicht wirklich.
Wenn man genauer hinschaut, dann sehr deutliche Bezüge!