Doverex schrieb:Eigentlich wohl nicht (Unsinn)!
Doch genau. Jedenfalls ist es nochmals gesteigerter Unsinn, den Nicht-Unsinn daran damit zu belegen, ihn einfach nur zu wiederholen und rot zu markieren. Es bleibt dabei, daß dieser syrische Text
1) als Textdokument für die syrische Übersetzung jünger ist als die ältesten Textdokumente für de griechischsprachigen NT-Texte und
2) die damit bezeugte Version ebenjener syrischen Übersetzung ebenfalls jünger ist als ebenjene griechische Textversion, welche von jenen frühen griechischen Textzeugen wiedergegeben wird.
Sorum wie sorum ist der syrische Text schlicht jünger als die griechischen. Als Textdokument und als wiedergegebene Textform.
Doverex schrieb:Wann genau der alte Text ausradiert und überschrieben wurde, ist jetzt im Grunde unerheblich.
Wer redet denn davon??? Es geht und ging die ganze Zeit nur um diese Erstbeschreibung jenes Dokuments, also um den Text der syrischen Übersetzung.
Doverex schrieb:Wichtig ist, dass der ausradierte Text auf dem Pergament 1750 Jahre alt ist und somit mind. 100 Jahre älter als der Codex Sinaiticus.
Falsch! Die syrische Übersetzung wurde vor +/- 1750 Jahren getätigt. Diese Abschrift der syrischen Übersetzung auf dieses Pergament erfolgte hingegen vor knapp 1500 Jahren (und wurde dann vor 1300 Jahren abgekrtzt für Text 2 des Palimpsests). Ist ja nicht so, als hätte ich auf das Alter der Erstbeschreibung im Unterschied zum Alter der Übersetzungsarbeit noch nicht hingewiesen. Muß nur endlich mal bei Dir durchsickern.
On palaeographic grounds, the original Gospel manuscript can be dated to the first half of the sixth century.
Das aus Nemons zweiten Link, und aus Nemons erstem Link ebenfalls diese Info:
Die Übersetzung erfolgte im 2. oder 3. Jahrhundert und [wurde im 6. Jahrhundert handschriftlich festgehalten.
Sowohl als
Urschrift (wann entstanden die griechischen Textversionen, wann diese Version der syrischen Übersetzung) als auch als
Abschrift (aus welcher Zeit stammen die ältesten Handschriften mit dem Text der griechischen Textversion bzw. der Version dieser syrischen Übersetzung) ist diese neugefundene Handschrift jünger.
Doverex schrieb:Bemerkenswert finde ich dazu, warum bei Lukas in seinem Evangelium ein großer Teil des Mk. 6.45 - 8.26 fehlt? Also der ganze Abschnitt über den Rückzug Jesu aus Galiläa samt dazugehörenden inhaltlichen Stoff, welche oft auch als die "Große Auslassung" des Lukas bezeichnet wird.
Während bei Matthäus und Markus im ersten und größeren Teil des Evangeliums viele Einzelerzählungen bzw. Reden vorkommen, die größtenteils auch in anderer Reihenfolge hätten dastehen können (so oder seo, EJEesus wandert doch ziemlich bunt quer durch Galiläa hin und her), bevor der zweite und etwas kürzere Teil, die "Passion" folgt, also der Gang nach Jerusalem, die Ereignisse und Reden in Jerusalem, Kreuzigung und Auferstehung, so findet sich bei Lukas eine stärkere Durchstrukturierung. Die Ereignisse in Galiläa werden gestrafft und gekürzt, erscheinen besser strukturiert, und dann folgt ein neuer eigenständiger Abschnitt in der Mitte, zwischen dem Galiläa-Teil und dem Jerusalem-Teil.
Auch bei Matthäus und Markus folgt nach dem Petrusbekenntnis (Mk8, Mt16) erstmals ein deutliches Reden Jesu darüber, daß er sterben müsse. Daß er, wie der Leser natürlich schon weiß, also nach Jerusalem muß. Dennoch folgen erst noch ein paar wichtige Einzelerzählungen ohne direkten Bezug auf das "Gehen zur Passion", und eher nur am Rande wird dann erwähnt, daß Jesus und die Jünger nach Jerusalem ziehen. Innerhalb eines Kapitels (bei Matthäus sinds zwei) ist dieser Weg durcherzählt. Bei Lukas dagegen wird dieser Gang nach Jerusalem in Kapitel 9 gestartet und endet erst im 19. Kapitel. Dieser Teil wurde von Lukas selbst konzipiert und mit manchem aufgefüllt, das bei Markus und Matthäus im Galiläa-Teil stand - sofern es hierhin paßte. Manches blieb natürlich auf der Strecke. Auch das lukanische Sondergut, also die Übernahmen aus weiteren Quellen, die weder bei Matthäus noch bei Markus stehen, ist zu einem großen Teil genau hier eingefügt worden.
Doverex schrieb:Ob Lukas das Markus-Evangelium tatsächlich kannte, kann/darf deswegen sicherlich hinterfragt werden.
As you can see: nein. Die Besonderheiten zwischen Petrusbekenntnis und Ankunft vor Jerusalem lassen sich als lukanische Umgliederung des Stoffes erkennen, Markus und Matthäus haben beide eine andere Gliederung, und zwar beide die gleiche. Deutlich erkennbar: es handelt sich um einen redaktionellen Eingriff des Lukas.
Doverex schrieb:Denn umgekehrt, was angebich für die Markuspriorität spricht, da führt man gerne an, dass es scheinbar keine andere Erklärung dafür gibt, warum Markus das ganze Material ausgelassen hätte, das Matthäus und Lukas gemeinsam haben, wenn er davon gewußt hätte.
Das sagt jemand? Whow!
Nee Du, ich kenn das anders. Nämlich daß die Passagen, die bei Mt und Lk vorkommen, aber nicht bei Mk, sich im Vokabular stärker ähneln als die sonstigen Texte von Mt und Lk. Dies spricht für eine aufgegriffene gemeinsame Quelle. So weicht denn auch das Vokabular des lukanischen Sonderguts vom lukanischen Vokabular ab, wie es in den sogenannten redaktionellen Passagen zu finden ist (wenn Lukas zwei vorgefundene Einzelgeschichten mit eigenen Worten miteinander verknüpft (sowas wie "aber am nächsten Tag" oder "und nach diesen Dingen ging er nach XY und heilte daselbst viele Kranke. Dort nun begab es sich...").
Die z.B. philologische und sprachstatistische Analyse ist nicht so beliebig, im Nebel stochernd, ratend, wie manch einer sich das so vorstellen mag.
Doverex schrieb:aber so klar wie es gerne dargestellt wird (besonders öfters in heutigen Dokus) ist es sicher nicht, dass Markus tatsächlich sein Evangelium vor Matthäus geschrieben hätte.
Doch. Es ist die mit Abstand fundierteste Erklärung. Sie erklärt weit mehr als jede Alternativannahme. Das gilt übrigens auch zur Zweiquellentheorie. Vor allem erzeugt jede Alternativannahme geradezu unlösbare Probleme und Widersprüche. Und was z.B. im Wikiartikel
Wikipedia: Zweiquellentheorie#Kritik gegen die Zweiquellentheorie angeführt wird aus der Forscherdebatte, ist weitestgehend wirklich simpel aufzulösen, wird im Artikel z.T immerhin auch erwähnt. Mal ein Beispiel: das Fehlen von Passion und Auferstehung in der Logienquelle. "Die [...] Texte würden dann aber keinerlei Aussagen über Jesu Passion und Auferstehung enthalten: Ob eine christliche Schrift aus dem ersten Jahrhundert diese Themen auslassen könnte, ist fraglich." Dabei heißt es im Wikipediaartikel
Wikipedia: Thomasevangelium über diese Schrift: "Sie enthält keine Passions- und Auferstehungsgeschichte". Die Datierung ist offen, eine Entstehung im 1.Jh. wird diskutiert, daß Teile aus dieser Zeit stammen, z.T. sogar älter sind als die Synoptiker, ist sogar sicher. Aber nö, für die Logienquelle kann nicht erwartet werden, was beim EvThom* belegter Fakt ist. Wie dumm ist das denn!
Das ist nur ein Beispiel, weil es kurz aufzuklären ist. Auf alle Deine Darlegungen einzugehen, wird lang genug dauern, meine Antwort ist ja jetzt schon ordentlich lang...
[* Ach ja, nicht zu vergessen: Das Thomas"evangelium" ist übrigens eine echte Logiensammlung. Ein "Logion" ist ein Ausspruch von einer konkreten Person. So wurden sämtliche im NT vorkommenden Jesus-Aussprüche Jesus-Logien genannt, oder kurz Logien. Gibt NT-Ausgaben, in denen die fett oder farblich markiert sind, um sie als Logien hervorzuheben, eben weil "Ausspruch des Herrn - besonders wichtig".]
Doverex schrieb:Es gibt bestimmte kleinere Übereinstimmungen zwischen Matthäus und Lukas gegen Markus
Echt jetzt? Zwei Lösungen werden schon im Wikiartikel angeboten. Eine dritte ist die, daß manches, das Mt und Lk bei Mk vorfanden, auch in Q stand und sie es von dort übernahmen. Manchmal wurden solche Mk-Q-Parallelversionen bei Mt und Lk auch separat integriert, sodaß die selbe Sache bei den beiden zweimal vorkommt, bei Mk aber nur einmal.
Doverex schrieb:Und auch das starke Zeugnis der Kirchenväter unterstützt die Matthäuspriorität.
Wie die Matthäusverfasserschaft. Zählt nicht wirklich, gell?
Und was verstehst Du unter "stark"? Weil viele dasselbe sagen, einer vom anderen übernehmend? Oder wen / was außer Papias als Gewährsmann kennst Du, worauf sich die Kirchenväter dabei stützen? Ein konsequentes Auslassen einer von beiden solcher vorgefundener doppelten Passagen durch Mk erklärt nicht, wieso die Speisung der 5000 und die Speisung der 4000 bei Mk beide vorkommen (wie eben auch bei Mt, Lk und Jo haben nur die der 5000).
Doverex schrieb:Ich denke die größte Schwäche für Q ist, dass sie niemals entdeckt wurde
So auch der ursprüngliche Markusschluß. Vom gesamten Text aller im NT enthaltenen Schriften sind aus den ersten Jahrhunderten bis um 300 durch die bis heute gefundenen Handschriftenfragmente nur gut 52% des Gesamtcorpus belegt. Diverse belegte Passagen sogar nur von einem einzigen Handschriftenfragment, andere durchaus von mehreren. Aber knapp 48% des Textkorpus' sind eben unbelegt (mehrere Einzelschriften fehlen sogar komplett in der Bezeugung durch so alte Texthandschriften), da haben wir ebenfalls (noch) nix gefunden. Von diesen Schriften aber wissen wir immerhin, daß sie im 2. und 3. Jh. durchaus in Ansehen standen. Eine frühe Quelle hingegen, die nicht mal Passion und Auferstehung verhandelt, mag nicht in hohem Ansehen gestanden haben und sich somit im Nebel der Geschichte verlieren.
Doverex schrieb:Auch die Parallelen sind an vielen Stellen nicht nahe genug, um eine schriftliche Quelle wirklich beweisen zu können.
Sagt wer? Mit welchen Gründen? Und mit welcher Entkräftung der Folgerung genau dieser Quelle inclusiver der Erklärung für die sprachlichen Abweichungen bei Mt und Lk? Ja mensch - Mt und Lk weichen auch beim Wiedergeben von Mk von dem ab! Gerne auch in jeder anderen Kombination: Mk und Lk weichen von Vorlage Mt ab oder Mk und Mt von Lk. Nee Du, mit so einem "Argument" fällst Du gleich gänzlich hinter die synoptische Frage zurück, und es können nur drei völlig unabhängige, zufällig aber höchst zusammengehende Erzählkränze sein. Neenee, wenn Du mal ein unabhängig gestaltetes Evangelium sehen willst, dann vergleiche einen Synoptiker Deiner Wahl mal mit Johannes!
Doverex schrieb:Ein gutes Beispiel ist ja W.A.Mozart
Das erwiesene Musikgenie als Vergleich? Echt jetzt?
Doverex schrieb:Also so eine heutige total ungewöhnliche Gedächnisleistung wie Mozart als Beispie bei der Musik hatten viele Juden zur Zeit Jesus auch intus, sich nämlich was gesagt und verkündet wird fehlerfrei einzuprägen.
Sieht man ja an den vielen Abweichungen bei den drei Synoptikern!
Nee Du, Unfug ausdenken ist nicht! Das fällt Dir nur auf Deine eigenen Beine.
Doverex schrieb:"Warum soll ein Apostel, der zu den 12 dazu gehörte, von einem nicht-apostolischen Autor wie Markus Informationen übernommen haben?"
Warum sollte so ein Autor Sprüche, die Jesus nicht gesagt haben kann, als Jesussprüche ausgeben? Als mitlaufender Jünger hätte ihm doch auffallen müssen, daß Jesus nie von der Kreuzesnachfolge geredet hat. Dieser Spruch konnte vor der Kreuzigung denn auch überhaupt nicht funktionieren - außer, die Angesprochenen hätten da schon gewußt, daß Gekreuzigtwerden das ist, was Jesus definitiv bevorsteht. Habense aber nicht, das machen die Evangelien selber sehr deutlich. Ist also spätere Gemeindebildung. So einem Wolfgang Amaddhäus Mozart hätt das doch auffallen müssen!
Echt, Matthäus als Verfasser...
Doverex schrieb:Über Markus steht:
Marcus, gräzisiert Markos, ist kein jüdischer, sondern ein römischer Name.
So what. Petrus hieß nicht Petrus, sondern Simon (Schim'on), den Beinamen soll er von Jesus bekommen haben. Doch war dieser Beiname gar nicht Petrus, auch nicht griechisch Petros, sondern Kêfa(s), was hebräisch / aramäisch ist. Petros ist dann nur die Übersetzung ins Griechische. Felsen eben. Und Paulus hieß auch nicht Paulus, das ist ein griechischer Name, er selbst hieß Saul(us) (Scha'ul wie König Saul). Na und wie kommt ein Markus zu seinem Namen? Mal ein Beispiel aus Apostelgeschichte 12,12 (vgl. V.25 sowie 15:37): "Und als er [Petrus] das erkannte, kam er an das Haus der Maria, der Mutter des
Johannes mit dem Beinamen Markus, wo viele versammelt waren und beteten." Johannes ist die griechische Umschreibung des semitischen Namens Jochanan, wie Jesus für Jeschu(a)' oder Joschua', Jehoschua'. Also nicht ein griechischer Name, sondern ein semitischer, nur eben in griechischer Mundart (wie Cheops für Khufu, Thot für Djehuti, die Griechen sind da recht kreativ, ausländische Namen auszusprechen). Aber Markos, das ist eben ein echter griechischer Name (auch wenn er mal ausm Lateinischen übernommen wurde). Und oft ist es eben nur ein Beiname.
Kann aber sogar der eigentliche Name sein, also der von Geburt an. Auch die Juden haben Fremdnamen übernommen. So etwa der Bartolomäus. OK, ist sicher nur ein Beiname, denn "Bar-" bezieht sich aufs aramäische "Sohn des ...". Aber Tolomäus muß dann ja der Name jenes aramäischsprechenden Tolomäus-Bars sein. Und wie heißt der? Tolmai! Ist ein gängiger Name. Dumm nur, daß dies eine aramaisierte Form von "Ptolemaios" ist, also ein griechischer Name. Die griechischstämmigen Pharaonen nach Alexander hießen regelmäßig so: Ptolemäus (latinisiert). Schön auch Mk10:46, da wird ein blinder Bettler mit (Bei)Namen Bartimäus (im griechischen Original Bartimaios) erwähnt. Timaios ist nun aber ein gut bezeugter griechischer Name (man denke nur an Platons Schrift Timaios, in der ein Timaios agiert und seinen Großvater Timaios erwähnt, also Jahrhunderte vor dem Bartimaios). Klar hieß auch ein Jude Timaios, nicht nur mit Beinamen, denn beim "Sohn des" wird gemeinhin der Name des Vaters genannt.