@Optimist Dennis75 schrieb:Unser Thema vom früheren Abend können wir jetzt wohl nicht weiter verfolgen, weil ich immer noch nicht weiß wie der "auferstandene" Jesus um seine persönliche Sicherheit besorgt sein konnte. Dazu müsste man erstmal abwarten was @-Therion- nun sagt wie die Geschichte weitergeht
der grundsatz von jesus: “Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinem Geist”
(Sacharja 4,6)
hier wird deutlich wie jesus allgemein zum machtdenken stand.
die gefahren die von jesus ausgingen bzw. warum jesus in gefahr war:
Die pharisäischen Schriftgelehrten waren die Führungsgruppe innerhalb dieser Partei. Nach der Eroberung der Römer wurden sie eine entscheidende Kraft. Sie hatten großen Einfluß auf die religiöse Macht. Jesus hatte viele Gemeinsamkeiten mit ihnen (wie das Priestertum für alle), aber er entgegnete ihnen, dass es nicht ausreiche die Gebote der Tora zu folgen, sondern, dass das Gebot der Liebe über diesen stehen müsse.
So heilte Jeus am heiligen Tag, dem Sabbat, obwohl die Schrift forderte auszuruhen.
Außerdem kritisierte Jesus, dass die Pharisäer nur durch Worte für die Einhaltung der Gebote, die Juden aufriefen, aber selbst diese nicht einhielten und keine Taten folgten.
Die Kritik Jesu führte dazu das die Pharisäer und dadurch die Mehrheit des Volkes sich durch ihn bedroht fühlten und die Gebote der Tora in Gefahr sahen.
Die priesterliche-sadduzäische Tempel-Hierarchie
Die Ordnung des Priestertums entstand durch die “Kultzentralisaton des Königs Joschija” (Koch, 1978, S. 430) Nach der Zeit des Exils entstand eine Rangordnung und der Tempel in Jerusalem galt als einziger Ort in der die Süde vergeben werden konnte. Die Hohepriester waren somit die geistliche Macht, hatten aber auch auf der politischen Ebene einiges zu sagen und waren zeitweise die politischen Vertreter Israels.
In Matthäus 21, 12-13 ging Jesus
“in den Tempel hinein und trieb hinaus alle Verkäufer und Käufer im Tempel und stieß die Tische der Geldwechsler um und die Stände der Taubenhändler und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben (Jesaja 56,7): “Mein Haus soll ein Bethaus heißen”; ihr aber macht eine Räuberhöhle daraus”
Jesus greift hier mit der Tempelreinigung gegen die israelische Ordnung
John Howard Yoder behauptet in seinem Buch “Die Politik Jesu” es würde nicht richtig beurteilt sein wenn, Jesus diese Tat nur um die ökonomische Ausbeutung der Tempelbesucher durchgezogen hätte. Jesus übernimmt hier symbolisch den Tempelbezirk. Auch Gerd Theißen behauptet Jesus würde hier dem Tempel symbolisch seine Legitimation entziehen (Theißen, 2002, S.19)
Jesus wird nicht wegen diesen Vorgang angeklagt, damit erschließt sich das er hier nicht gegen die Ordnungen verstoßen hatte, sondern dass er gewaltlos die Tiere hinaus trieb, nicht aber die Händler.
Dennoch führte diese Provokation dazu, dass die Priester in Jesus eine Bedrohung für die bestehende Ordnung sahen und einen Aufstand befürchteten.
Die reichen Grundbesitzer als Oberschicht
Auch gegen die Macht der reichen Grundbesitzer hat Jesus einiges zu sagen:
“Niemand kann zwei Herren dienen: entweder er wird den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird an dem einen hängen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und den Mammon.” (Mt 6,24)
Die Reichen, die am Geld hängen können nicht Gott dienen. Gott erwartet, so Jesus, anteilnahme an den Mitmenschen. Gott dienen heißt auch den Menschen dienen.
Jesus sagt aber nicht nur den Grundbesitzern, sondern allen, dass Geld nicht alles ist. Er sagt vielmehr:
“Nach dem allen trachten die Heiden in der Welt; aber euer Vater weiß, daß ihr dessen bedürft. Trachtet vielmehr nach seinem Reicht, so wird euch das alles zufallen. Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater Wohlgefallen, euch das Reich zu geben. Verkauft was ihr habt, und gebt Almosen.” (Lk 12, 30-33)
Jesus geht hier also noch weiter und fordert seine Zuhörer auf, den ganzen Besitz abzugeben und sich davon los zusagen.
Jesus allgemein zu Macht und Herrschaft
“Die Könige herrschen über ihre Völker, und ihre Machthaber lassen sich Wohltäter nennen. Ihr aber nicht so! Sondern der Größte unter euch soll sein wie der Jüngste, und der Vornehmste wie ein Diener. Denn wer ist größer: der zu Tisch sitzt oder der dient? Ist’s nicht der, der zu Tisch sitzt? Ich aber bin unter euch wie ein Diener.” (Lk 22,25-27)
Derjenige der sich für die anderen erniedrigt ist der größte, damit gilt “in der Nachfolge Jesu (…) die “Herrschaftsfreiheit”.”(Hengel, 1974, S.20)
Jesus hatte die Möglichkeit laut Yoder dreimal die Herrschaft an sich zu reißen, wie es die Zeloten forderten. Seine erste Chance hatte er nachdem er die Menge gespeist hatte. Er hatte dort die Legitimität sich als Messias auszurufen, da er die Massen versorgen konnte. Seine zweite Chance offenbarte sich, als in Jerusalem auf einem Esel einzog und das Volk ihm zu jubelte und als Köing feierte. Seine dritte Chance hatte er bei seiner Gefangennahme. Hier hätte er mit Gewalt die Truppen zerschlagen können, die kamen um ihn festzunehmen.
Aber auf das Drängen seiner Junger sich zu bewaffnen, verneinte er dies und entgegnete “Oder meinst du, ich könne meinem Vater nicht bitten daß er mir sogleich mehr als zwölf Engel schickte?” (Mt 26,53) Auch wenn diese Zeilen, später hinzugefügt sein mögen, entspricht und erläutert es das Denken von Jesus: Er verzichtet auf Gewalt und zerschlägt erneuert die Idee der Zeloten mit Gewalt die Herrschaft zu übernehmen – obwohl auch einige seiner Jünger Zeloten gewesen waren. “Wiederum, nun zum letzten Mal winkt die Möglichkeit des Kreuzzuges. Wiederum sieht Jesus dies Möglichkeit als reale Versuchung. Wiederum weist er sie zurück” (Yoder, 1981, S.53)
Ein ganz anderen Kritik an Macht erzählt uns Jesus auf Hinblick der Familienbande.
Er sagt in Lukas 12:
“Meint ihr, daß ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern Zwietracht. Denn von nun an werden fünf in einem Haus uneins sein, drei gegen zwei und zwei gegen drei. Es wird der Vater gegen den Sohn sein und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen die Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.” (Lk 12, 51-53)
John Dominic Crossan, der Schreiber des oft, auch von mir, kritisierten Buches “Der historische Jesus” schreibt zu dieser Passage, dass Jesus hier nicht meint, dass einige seine Lehre akzeptieren werden und andere wiederum nicht und sich deshalb Zwietracht bildet. Viel mehr sagt Crossan was Jesus angreift, sind die Machtverhältnisse in der Familie.
“Die Familie ist ein Abbild der Gesellschaft, der Ort, wo wir zuerst und zutiefst lieben und geliebt werden, Hilfe empfangen und Hilfe leisten, aber auch hassen und gehasst werden, mißbrauchen und mißbraucht werden. (…) Macht ist dort zu haben, und Macht führt zum Mißbrauch” (Crossan, 1996, S.87)
Jesus möchte nicht die Familie als ideales Bild einer Gemeinschaft sehen, den Familie grenzt andere aus, die nicht dazu gehören. Jeder soll Platz haben, ohne aber Platz über den anderen zu haben.
Jesu’s Weg
Jesus ging einen anderen Weg, als den Weg der Herrschaft und Macht. Er ging zu denen die Erniedrigt waren und erniedrigte sich. Er sprach, heilte, trank und ass mit den Menschen von denen niemand etwas wissen wollte. Yoder behauptet und nimmt Bezug auf Andrè Tocmè, Jesus wollte ein Anbruch eines Erlass, Jubel- oder Sabbatjahr ankündigen. Dieses würde bedeuten (wie in Leviticus 25 beschrieben), dass vier Vorschriften eingehalten werden müßten: Brache, Schuldenerlass, Sklavenbefreiung, Familienbesitz wird zurückerstattet.
Zum Schuldenerlass denke ich ruft Jesus auch aus; die anderen Dinge aber hat er nicht so in diesem Sinne gefordert. Im “Vater unser” lehrt er unseren Schuldnern zu vergeben. “Im Griechischen bezeichnet opheilema finanzielle Schuld” (Yoder, 1981, S.61). Dennoch denke ich Jesus wollte etwas anderes, als ein Jubeljahr ausrufen. Er bezeichnete dieses Programm als das Anbrechen der Gottesherrschaft oder des Königreich Gottes: Die überwältigende Liebe des Vaters zu allen Verstoßenen und Verachteten. Dabei ist Gott der Richter und kein Mensch muß über den anderen richten.
Dieses Programm, auch wenn dies nicht den Anschein hatte war dennoch nicht apolitisch – sondern er sagte den Machthabern eure Idee von Politik und Gesellschaft ist falsch (Yoder, 1981, S.100)
Es geht also um ein neues Wahlprogramm, für das jeder einzelne sich entscheiden kann und sich daran orientieren kann, in der Jesus nun alle die sich diesem Programm anschließen zu einem neuen Volk macht – das auserwählte Volk Gottes. Neue Staatsbürger Christi wie es Paulus formuliert. Es geht nicht um eine Forderung für ein Jahr und auf Israeliten beschränkt.
Es geht um eine Wahl zwischen einen Weg des Dienstes und einen Weg der Macht.
Der Weg der Macht ist wie schon am Anfang gesagt dualistisch. Die eine Partei versucht die andere Partei mit Worten oder Gewalt zu schwächen und versucht Recht zu haben. Durch Macht kann keine Veränderung entstehen. Selbst mit guten Absichten wird man korrumpiert und versucht seine Absicht möglichst schnell und ohne Zustimmung aller durchzusetzen.
Jesus ging den Weg des Dienstes. Er versuchte die Unterschiedlichkeiten der Positionen auszuhalten. Er überwand den Schmerz und das Leid und ging ans Kreuz und rief auch seine Jünger zu ähnlichem auf:
“Denn wer sein Leben erhalten will, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird’s erhalten” (Mk 8,35)
http://adigwe.de/index.php/future/jesu-umgang-mit-den-machten-seiner-zeit/ (Archiv-Version vom 18.07.2013)