@al-chidral-chidr schrieb:"""Im Islam gibt es eine feststehende Meinung, die besagt, dass Tradition+Überlieferung (Naql) höher steht als Verstand (Aql)"""
Nicht im Islam - das ist die Schule der Traditionalisten (Aschariya, Maturidiya) + die Neo- Salafiya
Was lässt uns wissen, dass NUR sie Recht haben?
Weil sie traditionell im sunnitischen Islam das Sagen hatten?
In einem Hadith erwähnt der Prophet sav. den Vorzug der ersten 3 Generationen.
Wenn hunderte Menschen in einer Meinung konform gehen und einer eine Gegenmeinung vertritt, dann muss derjenige sie zum einen belegen und zum anderen damit rechnen, dass er in einem Kritikpunkt ganz alleine dasteht, d.h. findet er keinen der mit seinen Aussagen konform geht, dann ist ein Vorwurf nicht unbedingt haltbar...Warum wohl sind so viele Gelehrte in den meisten Themen auf ähnliche Ergebnisse gekommen? Komisch oder?
Warum nennt der Prophet sav. die errettete Gruppe wohl Ahl al Sunnah wal Dschamah und nicht Ahlu Aql wal Dschama?
Ali ra. sagt in einer Überlieferung:
Wenn die Religion nur aus Verstand (Aql) und Ansichten bestünde, dann würde man (bei der Waschung) nicht über die Ledersocken streichen, sondern auch die Sohle...
Abu Dawud
Das hat schon so seine Gründe warum die Wichtigkeit und das Maßstab die Tradition ist. Ich sehe in unserer Zeit Menschen die sich übertreiben weit aus dem Fenster lehnen und sogar so weit gehen, dass sie die Sunnah ablehnen.
al-chidr schrieb:Das EINZIGE Argument, was sie immer vobrachten und heute mehr denn je, ist das Argument, dass die Mehrheit der Ahl Al- Sunna im Prinzip richtig entscheiden würde, hergeleitet von einem Hadith, der aber in keinster Weise aussagt, was mit Ahl Al- Sunna gemeint ist etc.
Es bedeutet noch nicht einmal unbedingt, dass die Mehrheit richtig liegen muss, man kann durchaus auch eine andere Meinung vertreten, jedoch sollte diese Meinung belegt sein und nicht aus einer Vermutung heraus. Ich bin auch kein Freund von Dogmatikern, die jegliche Übereinkunft (idschma) als Dogma erklären. Wenn es Spielraum gibt für andere Meinungen und diese auch durchaus belegt werden kann, dann finde ich das sogar sehr schön. Wie auch die Interpretation von Amir Zaidan zum Vers 4:24. Oder ein gutes Beispiel ist das wohl die Frage nach dem Iman von Abu Talib....Näheres kann ich dir darüber per PN schreiben, wenn du Interesse hast.
Die Absicht derjenigen die neue Interpretationen miteinbringen besteht größtenteils aus dem Druck, die Religion der westlichen Moralvorstellung anzupassen und für den Westen schmackhaft zu machen. Ist das jetzt die richtige Motivation? Sollte nicht Allahs Wohlgefallen im Vordergrund stehen? Und es sind einige schon an diesem Bestreben wg. der falschen Absicht in die irre gegangen. Gerade deswegen muss der Maßstab die Sunnah und die übliche Tradition sein. Wir können doch sicherlich ein Lied darüber singen, dass die Wahabiten größtenteils aus dem Grunde entstanden sind, da die meisten zu sehr von der Sunnah abwichen und übertriebene Ansichten entwickelten, die keine Basis mehr in der Religion hatten. Und ich bin sehr stark davon überzeugt das so ein Bestreben sofern die Basis nicht gegeben ist mehr Unruhe und Spaltung verursacht, als etwas zu verbessern!
al-chidr schrieb:Welchen Beleg kann man z.b. gegen mutazilitische Positionen vorweisen AUSSER die Schriften bekannter Mutazili- Gegner ?
Man kann natürlcih nicht sagen, dass die Mutazila in jedem Punkt falsch lag, jedoch hatten sie fälschlicher Weise in jedem Punkt ihren Verstand als Maßstab für alles gesetzt. Teilweise sind sie so weit gegangen, dass sie pantheistische Ideen in die Religion mit eingebracht haben.
Man muss sich die Frage stellen, wo sie heute sind? Ich meine, außer der Shia und einiger Modernisten gibt es keine Mutazila mehr. Warum wohl stellten sich so viele gegen sie, sowohl die Scholastiker als auch die Orthodoxen wie Imam Ahmad?
Das hat schon so seine Gründe...Hast du schonmal darüber nachgedacht, warum es so kam, dass diese Schulen sich alle durchgesetzt haben? Warum macht sie Allah so erfolgreich? Ich finde solche Vorwürfe, die Ummah wandele seit tausend Jahren auf dem Irrweg und müsse sich jetzt reformieren....
al-chidr schrieb:Welches Argument kann man gegen verantwortungsvolle Interpretationen "moderner" Denker, weiblicher Interpretationen etc. vorbringen AUSSER das Argument, dass man damit "DEN Gelehrten" widerspräche?
Es gibt manche, die verhemment dagegen sind. Ich betrachte das als kritisch, da mir eine Aussagen nicht geheuer sind. Das bedeutet nicht, dass kein Spielraum mehr da ist für Interpretationen, die belegt werden können. Aber! Das ist jetzt der entscheidende Punkt für mich: Ich akzeptiere keine Bida's (Neuerungen) wie Schleier/Kopftuch wäre keine Pflicht oder dieses und jenes gab es nicht zur Zeit des Propheten sav. Das ist der Maßstab für mich. Wenn man etwas nicht belegen kann, sollte man nicht aus einer Vermutung urteilen, aus dem Grund das eine Meinung einem nicht passt.
al-chidr schrieb:- > Ich akzeptiere dieses Diktat nicht und alhamdulillah sind wie eine wachsende Kraft - Es handelt sich bei der Aussage "Überlieferung geht über Tradition" nur um ein Grundprinzip mit zunächst wenig Aussagekraft.
Meistens wird das Argument dann gebracht, wenn Aussagen bekannter Autoritäten angeblich in Frage gestellt werden ...
Was ist dann der Maßstab? Ich meine, wenn es nicht die Sunnah ist? Rechtsspezifische Fragen ohne Kontext behandeln, ohne Bezug ist ein Abgrund.
al-chidr schrieb:Im Übrigen verwahre ich mich dagegen, als jemand verdächtig zu werden, der umar nicht genug wertschätzen würde! Umar Ibn Al- Chattab - Allah sei mit ihm zufrieden - war ein großartiger Kalif und verstand den Koran und den Islam gemäß den Anforderungen seiner Zeit um Lichtjahre besser als wir alle. Aber gerade DESWEGEN ist er als MENSCH nicht sakossankt!
Das sagt auch keiner! Jedoch folge ich tausendmal lieber seinen Aussagen, als Vermutungen von Menschen, die sich dem Verständnis der Sahaba entgegenstellen.
al-chidr schrieb:Wären Umar und die Sahaba damals so "drauf" gewesen wie viele Leher und Schüler in Moscheen heute, hätte niemand einen Mucks getan und ehrfürchtig zum großen Meister geblickt, wenn Umar etwas entschied - aber dem war nicht so, einmal stand sogar eine Frau während einer Predigt auf (!), um Umar daran zu erinnern, dass es nicht anging, die Brautgabe zu reduzieren! Haben die umgebenden Muslime die Frau mit harten Worten daran erinnert, dass sie während der Predigt zu schweigen habe und dass es die "Gelehrten" und allen voran der große Umar besser wüssten?
Schau, Streitfälle der Sahaba ra. ist eine Angelegenheit zwischen ihnen, dass verdeutlicht auch, dass sie nicht unfehlbar waren. Aber der ausschlaggebende Punkt und Maßstab ist nun einmal die Sunnah des Propheten sav. und die Sunnah der 4 Kalifen! Der Prophet sav. betonte das man in Zeiten der Unruhe sich festbeißen soll an der Sunnah.
al-chidr schrieb:Es liegt ein Denkfehler vor, wenn man glaubt, dass man die Werke unserer großen Gelehrten vehement verteidigen muss - Gerade DIESE Werke kamen nicht selten mit großem Widerstand zustande und wir betonieren die fruchtbaren Anregungen dieser Werke zu ...
Damit hast du nicht unrecht, aber auch nicht ganz recht..