Mindestens mal die Antworten eines Posters, der erstens inhaltlich falsche Angaben zu seinen Quellen macht, und zweitens dann auf sachliche Erwiderungen, die darauf hinweisen, mit Diffamierungen antwortet, um seinen Feldzug fortzusetzen.
Zumal das ja alles nichts neues ist. Die Zeugen Jehova wurden unter Verwendung ähnlicher Diffamierungen im dritten Reich verfolgt, und sind (u. a. erst kürzlich in Georgien) auch heute fallweise Pogromen ausgesetzt. Das rechtfertigt die Frage:
Seit wann ist eine generalisierende Diffamierung ganzer Glaubensgemeinschaften zulässig, die sich auf familieninterne Kindesmißbräuche bei ihren Mitgliedern stützt?
Zum Vergleich: Die öffentliche Kritik an der katholischen Kirche stützt sich auf Mißbräuche an Schutzbefohlenen und mangelnde Vorkehrungen zum Schutz ihr anvertrauter Kinder.
Die Kritik an den Zeugen Jehova stützt sich darauf, daß
a) es bei ihnen (wie bei jeder vergleichbaren Anzahl Menschen) familieninterne Mißbräuche gibt
b) die Zeugen Jehova dagegen nicht mit eigenen Verfolgungsmaßnahmen reagieren
c) sie Mitglieder ausschliessen, die statt der Inanspruchnahme von Strafverfolgungsbehörden öffentliche Anschuldigungen erheben und Kampagnen unterstützen.
Mißbrauchsopfer haben in allen Institutionen und Organisationen das selbe Problem. Sie können ihre Problematik nur über die Strafverfolgungsbehörden angehen. Würde ein Siemensmitarbeiter innerhalb des Unternehmens Anschuldigungen verbreiten, würde er sofort entlassen. Würde ein Katholik das in der Gemeinde tun, stünde er wegen übler Nachrede vor Gericht. Würde ein Parteimitglied innerhalb seiner Partei versuchen, Mißbrauchsfälle in der Partei zu klären, würde es ausgeschlossen. Selbst in Familien haben Mißbrauchsopfer keine Aussicht, Gehör zu finden, und ihre Situation zu klären oder zu verbessern. Jedes Opfer muß den Weg über die Strafverfolgungsbehörden gehen. Es geht nicht anders.
Wenn jemand wie dieser Bowen etwas anderes fordert, dann hilft er damit nicht etwa Opfern, sondern instrumentalisiert sie für seine Zwecke. Und die erinnern an:
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Zeugen Jehovas verfolgt, unter anderem wegen ihrer konsequenten Weigerung, Kriegsdienst zu leisten, den Hitlergruß zu entbieten oder in anderer Weise am Führerkult, beispielsweise durch den sogenannten Treueeid, teilzunehmen. Sie wurden in Konzentrationslager eingesperrt und kamen teilweise darin um.
Zahlreiche Mitglieder der Religionsgemeinschaft, die sich weiterhin aktiv missionarisch und antimilitaristisch betätigten, wurden hingerichtet. Beispielsweise wurde die Herner Krankenschwester Helene Gotthold unter anderem wegen „Wehrkraftzersetzung“ Ende 1944 in Berlin-Plötzensee enthauptet.
Anmerkung: Es heißt im ersten Absatz "wegen". Das bedeutet nicht etwa, diese Gründe wären propagandistisch hervorgehoben worden. Diffamierungen derjenigen, die im dritten Reich andere verfolgten, sind bekannt genug. Ich will hier keine Propaganda verlinken oder detaillierter darstellen, über die man sich bei Interesse selbst informieren kann. Mißbrauch gehörte jedenfalls damals zu den typischen Elementen. In KZs verbrachte man "Schädlinge", wie man das nannte.
Pogrome in unserer Zeit laut Wikipedia:
Zu religiös motivierten Übergriffen gegen Zeugen Jehovas kam es in Georgien. Die Angriffe wurden meist von dem abgesetzten georgisch-orthodoxen Priester Basil Mkalavishvili angeführt und teilweise von Polizeikräften unterstützt.[13]
In der Stadt Burgas (Bulgarien) kam es zuletzt im April 2011 zu gewaltsamen Übergriffen gegen in einem Königreichsaal versammelte Zeugen Jehovas. Möglicherweise steht der Angriff in Verbindung zur christlich-demokratischen und rechts-konservativen politischen Partei VMRO-BND.[14] Dabei wurden die Übergriffe gefilmt und Videos veröffentlicht.[15]
Ich denke, das beleuchtet die Motive des einen oder anderen, der die Zeugen Jehova als Glaubensgemeinschaft pauschal mit Kindesmißbrauch in Verbindung zu bringen versucht, aus einem etwas anderen Blickwinkel. Unverantwortlich ist es allemal. Wer solche Vorhaltungen als verallgemeinernde Diffamierung einsetzt, familieninterne Mißbräuche unter Mitgliedern ihren Glaubensgemeinschaft vorhält, handelt im Sinne des StGB volksverhetzend.
Die Forderung nach internen Regelungen ist grotesk. Bei Muslimen wird private Gerichtsbarkeit durch religiöse Autoritäten (als Scharia bekannt) abgelehnt. Wieso also wird eine Entsprechung der Scharia bei den Zeugen Jehova gefordert?
Kommen wir zu den Zahlen, die von Bowens Organisation (die sich mit dem Verkauf von Artikeln und der Aufforderung zu Spenden hervortut) behauptet werden. Es heißt dort, man vertrete 20.000 Fälle von Kindesmißbrauch bei den Zeugen Jehova. Der Glaubensgemeinschaft werden weltweit bis zu vier Millionen Mitglieder zugerechnet, davon etwa eine Million in den USA. Das entspricht etwa einer Million Familien weltweit, einer Viertelmillion in den USA. Will Bowen ernstlich behaupten, er vertrete Mitglieder von mehr als 8% der Familien, die mit den Zeugen Jehova assoziiert sind, und etwa 2% aller Mitglieder? Will er ernstlich behaupten, Kindesmißbrauch sei bei den Zeugen Jehova mindestens um den Faktor zehn häufiger als in jeder Vergleichsgruppe? Man bedenke, daß sich nur ein sehr geringer Prozentsatz der Mißbrauchten jemals zu seiner Leidensgeschichte äußert. Die Vertretung von 20.000 Fällen wäre ein Indiz für etwa 200.000 Fälle in rund 250.000 Familien.
Ich wage die Vermutung, dieser Bowen hat nicht mal 20.000 regelmäßige Besucher auf seiner Homepage, und nach menschlichem Ermessen keinen Kontakt zu auch nur 2.000 Opfern. Es würde mich wundern, wenn er auch nur 200 vorzuweisen hätte.
Ich denke, bevor man derart schwerwiegende Anschuldigungen erhebt, wie sie u. a. hier übernommen und vorgetragen werden, hat man die Sorgfaltspflicht, sich mit dem gebotenen Material kritisch auseinanderzusetzen. Jemanden, der das tut, als PR-Abteilung der ZJ zu diffamieren, insbesondere, wenn man Fragen nicht beantworten kann oder will, sachlichen Vortrag ignoriert, obendrein von seinen eigenen Quellen abweichende Behauptungen aufstellt, ist ein klarer Verstoß gegen die Forenregeln, und nicht sachlich.