@Aldaris Nur, damit man mich nicht falsch versteht:
Gut finde ich Beschneidung generell nicht. Tatsächlich war das auch zu Beginn der Ausbreitung des Christentums, beim Thema Heidenmission, eine große Frage.
Die ersten ,,Christen" waren ja im Prinzip Juden, die natürlich beschnitten waren. Nachdem man davon abgekommen war, dass überhaupt nur unter Juden missioniert werden sollte, gab es die Diskussion, ob nicht auch die Heiden, die potenziellen Christen, eine Beschneidung mitmachen müssten. Das war eine Angelegenheit, welche bei den Heiden vor allem in den europäischen Gefilden überhaupt nicht gut ankam.
Der berühmte Paulus, der sehr engagiert in der Heidenmission war, gelangte schließlich zu der Erkenntnis und vertrat das auch so, dass dies nicht notwendig wäre, um Christ zu sein und in Gemeinschaft mit Gott zu gelangen.
Die Juden und die Muslime haben eine andere Tradition, einen anderen Hintergrund und das schon seit Ewigkeiten, könnte man sagen.
Diese uralte Tradition der Beschneidung galt allerdings von Anfang an nur bei Männern, für Frauen als Mitglieder der Gemeinschaft galten und gelten eigentlich andere Regeln.
Die weibliche Beschneidung ist für mich insofern eine andere Sache, als es hierbei weniger um eine religiöse, als eine kulturelle Angelegenheit purer Machtausübung geht.
Es ist rein sachlich, aufgrund des Korans (nur der kommt hier eigentlich als religiöse Grundlage in Frage, da dies nur bei muslimischen Strömungen in Teilen Afrikas, Somalia, gemacht wird), nicht rechtfertigbar, dies vor zu nehmen.
Die männliche Beschneidung ist objektiv zwar keine ,,tolle" Sache. Aber die angerichtete Zerstörung bei Frauen ist ein anderes Schreckensniveau, so nenne ich das jetzt mal.
Ohne religiöse Grundlage, es geht um pure Macht und Unterdrückung, es ist eine weitreichende Schändung des Körpers.
Aus religiöser Sicht kann ich sowas nicht gutheissen, wenn ich den Menschen als Geschöpf Gottes betrachte, denn ein Geschöpf Gottes sollte nicht unnötig gequält werden.
Auch aus nicht-religiöser Sicht ist dies nicht gut zu heissen, denn ich halte auch die Menschenrechte in Ehren, die körperliche Unversehrtheit propagieren.
Man wird jetzt sicherlich fragen:,,Warum bist du für körperliche Unversehrtheit von Frauen, aber nicht von Männern?"
Grundsätzlich bin ich für körperliche Unversehrtheit ALLER Menschen!
Tatsache ist, aber, dass es sehr schwierig ist, so etwas rigoros zu vertreten.
Man muss abwägen, welche möglichen Schäden aus welcher Entscheidung erwachsen und wie die Natur der Angelegenheit beschaffen ist, über die man sich unterhält.
Das bedeutet in dem Fall:
Die männliche Beschneidung ist eine sehr, sehr alte Tradition mit nachvollziebarem, religiösem Hintergrund. Sie wird von sehr, sehr vielen Menschen seit Ewigkeiten gepflegt und besitzt einen ausgesprochen hohen Stellenwert. Ein rigoroses Verbot ist sowohl nicht durchsetzbar, als auch vermutlich der Ausgangspunkt für große Schäden der Gesellschaft. Muslime und Juden könnten die Gesellschaft verlassen, es könnten sich auch radikalere Gegnerschaften bilden, Deutschland könnte tatsächlich ,,Terrorziel" werden (diesmal wirklich, nicht so, wie es seit Jahren diffus gewarnt wird).
Die weibliche Beschneidung ist im Sinne der Zerstörung und Schädigung aus meiner Sicht im Vergleich zur männlichen Beschneidung deutlich höher und schrecklicher.
Sie wird - zum Glück - nur von einer vergleichsweise sehr kleinen Minderheit gepflegt, sie besitzt außerdem keine religiöse Grundlage und verstößt ausgesprochen krass gegen Menschenrechte, aber auch, wie ich ja schon erwähnte, gegen meine religiöse Überzeugung (ich mache die hier zum Thema, weil religiöse Fragen, wie gesagt, eine wichtige Rolle spielen).
Daher denke ich, dass es vertretbar ist, die männliche Beschneidung unter gewissen Umständen zu erlauben.
Wie diese Umstände genau aussehen sollen, darüber müssen sich Gesellschaft und Gesetzgebung Gedanken machen, es könnte beispielsweise das Angebot geben, so etwas von muslimischen oder jüdischen Ärzten mit hinreichenden Fähigkeiten vornehmen zu lassen.
Ich denke, das wäre eine Möglichkeit, Juden und Muslimen die Hand zu reichen und zu vermitteln:
,,Also, wir verstehen, dass dieses Ritual für euch eine immense Bedeutung hat. Ihr müsst aber auch verstehen, dass die Unversehrtheit von Kindern in unserer Gesellschaft, Menschenrechte, einen hohen Wert besitzen. Wir müssen eine Lösung finden, wie wir gemeinsam in dieser Gesellschaft leben können, wie sieht es mit diesem Angebot aus...?"
Ich denke, die rigorose und konsequente Position ,,absolut keine Beschneidung", ist sehr problematisch und wird nicht zu einer positiven Lösung führen.
Wir sollten meiner Meinung nach weibliche Beschneidung hier außen vor lassen, denn dies ist ja nicht das eigentliche Thema der Diskussion, auch nicht in Deutschland insgesamt.
Bei dieser würde ich ganz klar sagen:
Sie ist nicht tolerierbar.
Da wäre dann für mich auch eine Grenze erreicht, wo ich offen sage:,,Nichts da, keine Diskussion. Das ist und muss verboten bleiben, so weit können wir keinesfalls gehen!"