aberdeen schrieb:Je älter ich werde, desto positiver wird mein Verhältnis zum Kommunismus. Ich schätze, wir werden um eine entsprechende Gesellschaftsordnung auch nicht drum rum kommen, wenn wir (über)leben wollen ... Wie immer man das dann nennen wird ...
So denke ich auch darüber. Ich selbst bin ein geistiger Anarchist und Bauchkommunist und im Herzen Sozialist. Alle diese Begrifflichkeiten sind untrennbar zu betrachten und wenn man da basisdemokratisch denkt mit einem libertären und solidarischen Unterton, so wird man auch erkennen das dies in einem Zusammenwirken die wohl menschlichste Lebensphilosophie ist, die dann auch keiner Begrifflichkeiten und Ideologien mehr bedarf. Das vernetzte, solidarische, sich gegenseitig unterstützende Ehrenamt käme dieser Sache sicherlich am nächsten. Auf wirtschaftlicher Ebene wäre es die vernetzte Bedarfsproduktionsgesellschaft in Form kommunaler, verbundener Genossenschaften. Aber es ist dann wirklich auch egal wie man das am Ende nennen wird
;)Simowitsch schrieb:Wie würdest du die Politik Deng Xiaopings in China bewerten? Ich kenne mich damit zwar kaum aus, aber ich würde sagen, seine Reformen hatten es schon in sich und waren z.T. weltweit beispiellos. Eine Politik, die auf Geburtenrückgang ausgerichtet ist ist so viel ich weiß weltweit ohne Beispiel, und konnte sich mMn nur positiv auf ein Land wie China auswirken.
Ich würde sagen diese Politik ist ein notwendiges Übel und die Überbevölkerung kann man sicher nur mit solch ehrgeizigen Reglements reduzieren. Wenn dann irgendwann ein gesunder vitaler Stand erreicht wurde und die Überalterung abebben wird (wie man sie in Deutschland und Japan besonders stark zu spüren bekommt), könnte China ideale Vorraussetzungen erfüllen für ein sozialistisches System. Jedoch ist es kein wirklich sozialistisches, es ist eine Mischung aus Zentralismus, Kapitalismus, Staatssozialismus und einem leicht demokratischen Despotismus. Mit Deng Xiaoping hab ich mich noch nicht groß beschäftigt, jedoch soll er einen rationaleren Kurs gegangen sein am Ende war er aber ein Marktorientierter Pragmatiker. Ich denke mal sein Modell wäre dem eines Tito recht ähnlich, die sozialistische Marktwirtschaft eben.
Simowitsch schrieb:Deng Xiaoping hatte aber eine ganz eigentümliche Vorstellung vom Kommunismus, den er mit Konfuzianismus gleichsetzte.
Was ja auch recht treffend ist. Generell im weitesten Sinne leben viele Buddhisten durchaus im kommunistischen Sinne (ohne sich als solche zu bezeichnen), ähnlich auch im Taoismus und sogar im Urchristentum. Diese Gemeinschaften und Lebensphilosophien haben alle ein möglichst angenehmes und faires Miteinander im Sinn.
Simowitsch schrieb:Das "Bereichert euch" kann man also auch im Sinne von "Empört euch" verstehen, ein in der heutigen Zeit geprägter Slogan.
Wenn es keinen Mangel mehr gibt, hätte sich jeder durch Teamwork bereichert, das "Bereichert euch" kann ich nur im Sinne der sozialistischen Marktwirtschaft deuten. Er sagt ja nicht, beutet andere aus und bereichert euch auf ihre Kosten, oder?
;)Simowitsch schrieb:China mag heute aufgrund seiner Umweltprobleme und extremer Korruption und sozialen Unterschieden als schlimmster kapitalistischer Staat gelten. Mit den Ideen Deng Xiaopings hat das aber nicht viel zu tun. Im Gegenteil, bei den Wirtschaftsreformen hat er ja ein eher gemäßigtes Tempo eingeschlagen im Gegensatz zur Geburtenpolitik, die sofort umgesetzt werden sollte.
China wurde zu einer Art Produktionskammer umgewandelt, weil der Westen gemerkt hat wie billig und mit hoher Quantität er da produzieren kann. Es ist ähnlich wie mit Westdeutschland nach dem 2. Weltkrieg, bei dem die USA viel in die Infrastruktur investiert hat (Marschallplan als Beispiel), jedoch war damals nicht Quantität das Ziel sondern Qualität. Die BRD wurde somit zum Erfolgsmodell und erlebte ein Wirtschaftswunder ähnlich wie im Falle Chinas, nur das bei China eben die Quantität von Interesse war/ist. Doch China wird mehr und mehr einen rationaleren Kurs einschlagen, auch sie erkennen wie wichtig Qualität und Nachhaltigkeit ist. Inzwischen investiert China auch sehr viel in erneuerbare Energien und wird mehr und mehr Rücksicht auf die Umwelt nehmen, das müssen sie auch, denn in manchen Metropolregionen ist die Luft kaum noch atembar. China ist wie eine Maschine die auf Überproduktion und Volllast fährt. Dabei wird China aber auch immer innovativer und wird selbst zum Investor (siehe Afrika) sie gehen dabei jedoch einen subtileren und effektiveren Weg als der Westen um an Rohstoffe zu kommen. China hat jedenfalls großes Potential, jedoch muss es seine Märkte bändigen und wieder mehr den Kernsozialismus etablieren um nicht irgendwann zu implodieren. Wäre das der Fall würde es auch die westliche Welt in Chaos stürzen, es sei denn man ist bereit ebenso billig wie China zu produzieren mit diesem großen Leistungsdruck. Das kann ich mir nicht vorstellen...
Simowitsch schrieb:Ich würde auch eher sagen, dass die heutige KP dort sozusagen eine maoistische Abart des Kapitalismus ist.
Da würde ich dir sogar zustimmen, die haben einfach die Planwirtschaft mit der freien Marktwirtschaft kombiniert, jedoch haben ihre Banken eine durchaus rationalere Politik als z.B. in den USA der Fall ist, die Banken werden weit mehr reguliert als hier und das schafft recht große Sicherheiten für Investitionen. Die KP ist inzwischen weit weniger zentralistisch als zu Zeiten von Mao, aber sie ist noch immer der Hauptregulator und der ist bei der Höhe der Bevölkerung nötig! Eine andere Regierungsform wäre mit dieser Situation sicherlich überfordert.
Was die Korruption betrifft ist diese in den USA weit höher, so auch in Südeuropa oder in Japan. China hat weit weniger Korruption als man das hier denkt, aber es gibt sie und man kann sie auch nicht ignorieren, ich denke China muss in diesem Punkt noch an sich arbeiten.
Die Außenpolitik Chinas empfinde ich als eine der rationalsten und vernünftigsten auf der Welt, auch wenn die Spannungen mit Japan dann und wann nicht gerade ein Lichtblick sind.
Und generell ist China zwar noch zwischen Entwicklungsland und Weltmacht, doch es hat inzwischen schon den Platz 2 in der Rangliste eingenommen und vielleicht bietet China irgendwann ein gänzlich eigenes Konzept an das weltwirtschaftlich für Entlastung sorgen könnte.
Mal ein paar schöne Bilder aus diesem Land:
CHINA IN MOTION 1 - Timelapse. 韵动中国1 - 全国联合拍摄延时摄影
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Da sag ich doch mal Ni hao!