Dark_Mecha schrieb:Sry, aber das klingt doch ein wenig nach "rosaroter Bille". Alles ist toll und unsere Regierung, ne keinesfalls. Richter kann man austauschen gegen parteiisiche Richter. Und wenn es eine große Koalition ist, was sollen z.b denn die Linken dann tun, wenn sie trotz Gegenabstimmung in der Minderheit sind? Und das Volk tut da eh nichts. Fussball ist wichtiger, als sich mal mit der Politik zu beschäftigen.
Aus Neugierde: Wieso rosarote Brille? Es werden verschiedene "Kontrollinstanzen", "Hürden" oder auch "Schranken" aufgezählt, die zeigen, dass man manches so mir nichts dir nichts einfach einführen kann, oder es wird nach Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes, dass immer noch auf Grundlage der Verfassung handeln muss, welche von allein gewisse Schranken aufweist, von denen ein Teil auch gar nicht geändert oder abgeschafft werden darf, festgestellt, dass etwas verfassungswidrig ist (langer Satz, hm?). Und dann kommt das vom Tisch.
Ich denke, das kann man auch nicht einfach mit "Richter kann man austauschen, das Volk macht eh nichts" wegwischen, auch wenn man den Statements einzeln oder auch in der Gesamtheit zustimmen kann. Aber hier gilt wieder (oder auch) ein Blick aufs Ganze, nicht nur Teilaspekte.
Man darf auch nicht die Medien vergessen, das Internet, das (politische) Ausland, die Vergangenheit, ausserparlamentarische Opposition, Artikel 20 Absatz 4 Grundgesetz, etc. pp.
Nennt mich naiv, aber ich will doch zumindest daran glauben, dass man nach der Nazizeit auf verschiedenen Eben gelernt bzw. vorgesorgt hat, um gewisse Dinge zu verhindern bzw. nicht zu wollen. Da hat auch das Ausland (Westallierte) seinen Einfluss gehabt. Und hat es heute auch noch.
Ich denke doch, die DDR hat gezeigt, dass ein gewisser klassischer Polizeistaat doch auf Dauer nicht so doll funktioniert.
Ich frage auch provokant oder naiv gerne: Wer hat heute was von einem Polizeistaat? Wem nützt das auf Dauer, wie sollte dieser Polizeistaat ferner aussehen? Wie repressiv äußert er sich ggü. der Bevölkerung allgemein, nicht nur politischen Gegnern sofern diese in diesem Polizeistaat nicht ausgeschaltet wurden?
Dark_Mecha schrieb:Nein, sie können "nicht einfach den Polizeistaat herbeibasteln", sondern sie sind bestens dabei. Die Frage ist, wie lange es noch dauert. Denjenigen, die in dem was da kommt eine nahende Diktatur sehen gleich vorzuwerfen, sie leben in einer eigenen Welt ist schon etwas frech.
Staatstrojaner, Videoüberwachung, Röntgenscanner am Flughafen, Datenaustausch via Cloud (z.b Smart Geräte) etc.. Scheinbar gehörst Du zu der Fraktion "wer nichts zu verbergen hat...").
Nun ja, pauschal gesehen mag der Vorwurf, Leuten mit abstrakten oder auch mehr als abstrakten Ängsten von einem Polizeistaat ein Leben in einer anderen Welt vorzuleben sicherlich hin und wieder "too much", also zu viel sein oder unfair.
Am Ende geht es ja auch immer um eine gewisse Balance und in gewisser Weise braucht man kritische Leute oder Akteure in allen Richtungen, um die Balance irgendwo gut zu halten. Im Umkehrschluss empfinde ich persönlich aber in diversen Debatten manche Leute auch eher als unbegründet, teilweise unwissend oder hysterisch (wer jetzt meckern will, zieht sich den Schuh wohl selbst an), genau so wie es natürlich auch auf der anderen Seite sicherlich irre geben mag, die einen autokratischen Staat wollen und es einfach "geil" finden - auch wenn sie selbst darunter leiden könnten.
Ich denke aber auch nicht, dass das im Kern Leute sind, die in Sicherheitsbehörden - also der Exekutive, der ausführenden Hand in einem vermeintlichen Polizeistaat - arbeiten. Vom Eindruck, den ich da bisher erhalten konnte sind das im Schnitt auch normale Leute die sicherlich wenig Lust hätten, normale Mitmenschen zu drangsalieren mit überzogenen Maßnahmen die eigentlich auch nicht notwendig wären. Als Staatsbürger würden sie ja auch selbst darunter leiden, in einem Polizeistaat werden die Zügel sicher angezogen und du kannst davon ausgehen, dass die Kontrolle der Exekutive sich erhöhen würde - schon allein, um den Stall sauberzuhalten und unbeliebte Personen rauszuhalten bzw. aufzudecken.
Auf den letzten Teil bezogen: Ich sehe manche Aspekte schlicht als Fortschritt der Technologie. Ich sehe einen Teil davon auch als durchaus sinnvoll. Wieso?
Nehmen wir mal
VideoüberwachungGerne ein Streitthema für manche. Ich persönlich sehe das simpel, mit Gesichtserkenning aussen vor weil Videoüberwachung im öff. Raum das (noch) nicht standardmäßig hat: Verbrechensbekämpfung an öffentlichen Orten und ein Beitrag zur Sicherheit. Natürlich hilft dir keine Kamera wenn du Probleme bekommst. Nicht im Moment, nicht sofort wie es eine Person direkt vor Ort könnte. Aber sie schreckt den einen oder anderen erst mal ab. Und wenn nicht, ist es potentiell noch möglich, hinterher etwas aufzuklären und eine Strafe zu erteilen. Das mit "Beobachtung" im öffentlichen Raum sehe ich persönlich auch nicht als Problem. Du wirst an hotspots ohnehin von endlosen Personen potentiell gesehen. Ob da jetzt eine Kamera hängt oder darunter ein Polizist bzw. Sicherheitsmitarbeiter stehen würde macht in der Folge kein Unterschied, wobei es die Kameras aber erlauben, dass eine Person mehr sehen (durch Monitore). Ganz wertfrei sehe ich das sogar als Effizienzsteigerung, weil wegen fehlendem Personal nicht an jeder Ecke jemand stehen kann.
RöntgenscannerIch fliege nicht oft bis gar nicht, daher habe ich hier keine persönlichen Erfahrungen, noch kann ich abschätzen, inwiefern das als persönliche Einschränkung wahrgenommen wird. Sehe ich erneut erst mal positiv, wenn wir jetzt vom Durchleuchten des (Hand-)Gepäcks reden. Es macht es gewissen Akteuren die uns nicht unbedingt wohlgesonnen sind schwieriger, ihren kriminellen oder terroristischen Machenschaften nachzugehen. Bei aller Kritik oder Furcht die man an gewissen Entwicklungen - das Klima wurde ja eher ... bedrohlicher oder kälter - haben mag, aber es gibt halt immer noch da draußen Terroristen die Leute töten wollen, oder halt Schmuggler. Und da kann so etwas ein Riegel sein, der es denen schwerer macht. Zumindest wird es so nicht einfacher für die Leute.
StaatstrojanerSchwierig. Soweit ich weiß genießt der Einsatz erst mal gewisse Hürden, dem "Computergrundrecht", informationelle Selbstbestimmung, etc. als hohes Gut gilt und der PC ja irgendwie auch wie ein digitales Haus oder als Einblick ins Innere gilt.
Andererseits: An manche Dinge kommst du als ermittelnde Behörde einfach nicht anders ran. Hier gilt wohl eben, dass der Einsatz verhältnismäßig sein sollte und wieder mal eine gewisse Balance gewahrt bleibt, und es beim Einsatz eben nur die trifft, die es auch treffen sollte.
Cloud und CoHier sehe ich nicht nur staatliche Stellen involviert oder "zuständig" bzw. verantwortlich, sondern auch private Stellen. Das scheint mir eher ein genereller Trend zu sein, als nur sicherheitsrelevant im Sinne von öffentliche Sicherheit. Sicherheitsrelevant dürfte es generell sein, wenn man seine Daten so aus der Hand gibt. Das ist aber auch ein Streitthema, was meine Kenntnisse etwas übersteigt.
Das scheint beim technischen Fortschritt aber auch irgendwie generell ein potentielles Problem zu sein. Diese Vernetzung bedeutet auch irgendwo, dass man sich gläsern machen kann. Nicht nur für "den Staat" sondern auch alle möglichen Unternehmen, die einen mit zugeschnittener Werbung und entsprechenden Angeboten zuballern. Hier muss man sich wohl selbst schlaumachen wo man wie besser agieren kann oder schlicht nicht teilnehmen, wenn man gewisse Daten oder Informationen nicht selbst preisgeben will.
Ehe das noch eine größere Textwand wird, will ich kurzerhand ausdrücken:1) Ich pers. habe immer noch ein gewisses Vertrauen in den Rechtsstaat. Wer sich etwas einliest oder mit den richtigen Leuten spricht oder auch selbst Erfahrung sammelt, wird (hoffentlich) erkennen, dass bisher Willkür nicht so einfach möglich ist und es diverse Kontrollinstanzen gibt, im kleinen wie im großen. Es kann hier auch im kleinen wie im großen Rahmen Ausnahmen oder Überschreitungen geben, keine Frage! Aber ich denke oder meine, dass es "im Kern" weitgehend funktioniert und man erst mal gut argumentieren muss und dann natürlich eine gesetzliche Grundlage haben muss, wenn man Grundrechte einschränkt.
2) Gewisse technische Mittel wie Videoüberwachung, ein "Einbruch" in ein System (Trojaner), etc. sehe ich nicht unbedingt als schlecht, wenn der Einsatz schlicht verhältnismäßig ist und es "die Richtigen" trifft, also Kriminelle und Co. Besonders online gilt, dass die halt auch technische Systeme, also Computer, nutzen und dort vlt. belastbares Material lagern oder damit kommunizieren.
Am Ende vom Lied gehen die Meinungen wohl scheinbar einfach schlicht auseinander.
Sind die, die es nicht so kritisch sehen naiv und unwissend? Sind die, die es (sehr) kritisch sehen Verschwörungstheoretiker oder Leute, die in einer eigenen Welt leben? Kann man wohl schlecht pauschalisiert sagen, zumal die Frage die ich hier jetzt gestellt habe auch total polarisierend oder vereinfacht ist.
Am Ende liegt vermutlich wohl wie so oft irgendwo in der Mitte, also dazwischen, ein gesunder Weg - wie auch immer man den definieren will.