Das bedingungslose Grundeinkommen
09.09.2020 um 15:37Gwyddion schrieb:So leicht ist es nicht.Unvermittelbare sind all jene, die niemand einstellen würde: ältere Arbeitnehmer, schwer Behinderte, Suchtkranke, psychisch Kranke, chronisch Kranke... also all jene, bei denen eine Umschulung keine Verbesserung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt bringen würde. Man kann es für eine bestimmte Zeit versuchen (sagen wir, ein Jahr lang) und wenn sie bis dahin nicht vermittelt werden konnten, dann kann man sich die Mühe sparen.
Okay... Schwer Behinderte oder meinetwegen Unvermittelbare ( welche sind das? Alkoholiker? Drogenkonsumenten? ) könnte man mit einem höheren Monatseinkommen ausstatten. Aber dafür reicht immer noch Hartz IV ( höherer Satz ) ohne Auflagen und damit ohne Sanktionen.
Ich hab jetzt schnell nachgelesen und das hier gefunden:
https://www.hartziv.org/mehrbedarf.html
Mehrbedarf gibts nicht einfach so, der ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden (Schwangere, Alleinerziehende, chronisch Kranke, Behinderte usw.) Und besonders hoch ist er auch nicht: maximal 432 Euro. Der Regelsatz für 2020 für eine alleinstehende Person beträgt ebenfalls 432 Euro. Das heißt, bestenfalls bekommt man 864 Euro und das finde ich schon wenig, wenn man bedenkt, was davon bezahlt werden muss:
Was ist im Regelsatz enthalten?Quelle:
Der Regelsatz umfasst Leistungen zur Sicherung des Grundbedarfs. Darin enthalten sind Kosten für Lebensmittel, Kleidung, Körperpflege, Haushaltsenergie (Strom), Hausrat und persönliche Bedürfnisse des Lebens.
Zumindest die Miete ist nicht darin enthalten, die wird zusätzlich noch bezahlt.
Gwyddion schrieb:Einkommen auf Höhe des letzten Nettoeinkommens? Okay, dann beende ich sofort meine Tätigkeit. Das reicht dann locker.Das bekommst du ja nicht gleich, wenn du deinen Job selbst kündigst, drum wirst du dir das wohl gut überlegen. ;) Sofort bekommt man Arbeitslosengeld ja nur, wenn man gekündigt wird. Ich habe vorhin gelesen, dass die Arbeitsagentur eine Sperrfrist von bis zu zwölf Wochen bei Selbstkündigung verhängt. Ich gehe davon aus, dass man für eine Selbstkündigung schon gute Gründe haben muss. "Hab keine Lust mehr" wird nicht als guter Grund gelten, fürchte ich. ;)
Und welches letzte Nettogehalt sollen junge, gesunde und intelligente Menschen bekommen die z.B. bisher nie gearbeitet haben?
ALG 1 bekommt man ja jetzt auch erst, wenn man eine gewisse Anzahl von Versicherungsmonaten erworben hat. Das soll so bleiben, es soll ja nur der Betrag erhöht werden. Solche Leute bekommen jetzt Hartz IV, richtig? Das kann ja weiter so bleiben, nur eben mit höheren Geldleistungen. Diese Leute müssen dann auch eine Ausbildung machen, sich umschulen lassen und sich um Arbeit bemühen.
Gwyddion schrieb:Also ich hatte damals als meine Berufstätigkeit wegen körperlichen Wehwehchen auf der Kippe stand, keine Probleme eine Umschulung durchzusetzen. 2 Termine bei Amtsärzten und ein Attest von der Kurklinik reichten aus.Das ist ja was anderes. Wenn du deinen alten Beruf aus Krankheitsgründen nicht mehr ausüben kannst, ist das nicht dasselbe, wie eine Umschulung, weil du in deinem alten Beruf keinen Job mehr bekommst. Dann sagt man dir nämlich: "Dann bewirb dich halt auf einen anderen Job." So steht das jedenfalls hier:
In Deutschland ist nach sechs Monaten Arbeitslosigkeit jede Beschäftigung zumutbar, sofern sie höher entlohnt wird als das Arbeitslosengeld ausmacht. In den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit ist eine Minderung um mehr als 20 Prozent und in den folgenden drei Monaten um mehr als 30 Prozent dieses Arbeitsentgelts nicht zumutbar. Einen eigenen Berufsschutz gibt es nicht, auch befristete Jobs sind anzunehmen.Quelle: https://kurier.at/wirtschaft/arbeit-um-jeden-preis-was-arbeitslosen-zumutbar-ist/400735044
Gwyddion schrieb:Ich persönlich lege dafür nicht meine Hand ins Feuer. Die Umfragen sind zwar nett und sprechen für ein BGE, allerdings wie sieht es dann in der Realtiät aus. Zumal ja schon, wenn ich mich recht entsinne, das BGE ab dem Kinderalter oder früher in Teilen bezahlt werden soll.Naja, das Pölsterchen wird wohl eher für Führerschein, erste Wohnung, Studium und dgl. verwendet werden.
Dann hat man mit 18 schon ein feines Pölsterchen auf dem Konto und das kann einen schon von einer Arbeit abhalten.
Gwyddion schrieb:Und das man die paar Termine im Jahr wahrnimmt, oder ein paar Bewerbungen verschickt ist schon zu viel Aufwand? Wer das nicht schafft, der schafft es auch nicht einer beruflichen Tätigkeit, die auch Disziplin und Eigenverantwortung abverlangt, nachzugehen.Nein, das ist schon okay, sofern das wirklich was bringt. Also für jemanden, der reale Chancen am Arbeitsmarkt hat. Es gibt aber Menschen, die können sich bewerben, soviel sie wollen und auch zu jeder Maßnahme und jedem Termin pünktlichst aufkreuzen, es wird nichts bringen. Und da könnte man sich das alles sparen.
Gwyddion schrieb:Mein Reden.Erhöhung sowieso: Inflationsanpassung, so wie das bei Gehältern, Renten etc. ja auch gemacht wird. Steigen die Lebenskosten, muss das BGE natürlich auch angepasst werden.
Also würde irgendwann das Geschrei nach "BGE Erhöhung" kommen. Und wer´s bezahlen soll steht dann immer noch zur Debatte.
Gwyddion schrieb:Wobei man jetzt "Luxus" definieren müßte. Für einen Menschen aus Zentralafrika ist schon frisches, trinkbares Wasser Luxus.Nachdem wir hier von Deutschland sprechen, gilt natürlich die Definition eines westlichen Wohlfahrtsstaats. Ob man sich jetzt eine Reise leistet, eine neue Wohnung, eine Breitling, einen McLaren kauft, ist ja dann egal. Man muss halt unterschiedlich lange und viel arbeiten dafür, wenn man sich das leisten will, denn vom BGE allein geht sich das nicht so oder so nicht aus.
Hier vlt. eine coole Breitling Uhr oder ein Mc Laren. Das Gefälle zwischen Arm ( trotz BGE ) und Reich bleibt weiterhin bestehen.
Gwyddion schrieb:Nope.. es geht auch Quereinstieg und neben der Tätigkeit kann man seine Ausbildung auch nachholen ( schon erlebt ).
Gwyddion schrieb:Ja... bei richtig guten Leistungen kann man auch den Antrag auf Ausbildungszeit verkürzen , so zumindest weis ich es vom Anlagemechaniker.Okay, das ist dann in Deutschland anders als in Österreich. Bei uns geht nämlich ohne irgendeinen offiziellen Wisch gar nichts. Manche Jobs kann man schon mit Matura machen, aber Handwerk natürlich nicht.
Die Schnellausbildungen vom Wifi oder anderen Bildungsträgern werden nämlich nicht so richtig anerkannt, sondern eher belächelt. Wenn man zum Beispiel die Ausbildung "IT-Systemadministrator" als Kurzausbildung macht, bekommt man damit maximal eine Stelle im Call Center als First Level Support, mehr nicht. Die Lehre dauert halt doch drei Jahre und ist anerkannter bei den Arbeitgebern als so ein Schnellkurs.
Atrox schrieb:Das ist eine hochkomplexe Gemengelage, die du ansprichst. Viele wollen keine Ausbildung mehr machen, weil ein Studium attraktiver ist. Dadurch fehlen dann nachher die Fachkräfte.Ist ein Studium wirklich attraktiver oder wird einem das nur eingeredet? Ich habe nämlich den Eindruck, dass den jungen Leuten heute geraten wird, besser das Gymnasium zu machen und danach zu studieren, als die Hauptschule oder Realschule und danach eine Lehre. Weil man ja angeblich mit einem Studium besser verdienen kann. Ob das so stimmt, ist eine andere Frage.
Man kann jetzt aus zwei Richtungen kommen: Attraktivität der Ausbildung erhöhen (mehr Lohn) oder das Studium unattraktiver machen. Tendenziell wäre ich für letzteres. Wenn ich mir anschaue, was für Leute heute von Seiten der Uni durchs Studium gezogen werden, packe ich mir manchmal echt an den Kopf...also entweder Zugangskriterien hoch setzen oder Studiengebühren wieder einführen. Besser sogar beides.
Das Studium muss man nicht unattraktiver machen, man darf nur nicht davon ausgehen, dass ein Studium eine Ausbildung ist. Das ist es nämlich in den meisten Fällen nicht. Ein Studium ist Bildung, mehr nicht und wer erwartet, dass ein Studienabgänger perfekt auf das Berufsleben vorbereitet sei, der irrt. ;) Das heißt, wer einen Absolventen eines Studiums aufnimmt, muss diesen genauso erst einmal in seinem neuen Tätigkeitsbereich einschulen, wie jeden anderen Arbeitnehmer auch.
Lehre attraktiver machen - nun ja, da ist die Frage, ob das geht. Manche Berufe sind einfach nicht gefragt, da kann man wohl machen, was man will. Ob eine bessere Entlohnung da was ändert, ist die Frage, man könnte es versuchen.