Bei der Abfahrt des Schiffes wurde gesungen: ‹Tod den Juden›»
Interview: Rico Bandle Aktualisiert am 03.06.2010
Worum ging es beim Schiffskonvoi nach Gaza? Sicher nicht um die Palästinenser, meint der Autor Leon de Winter. Er setzt die Aktion in einen größeren Zusammenhang und sieht neue Gefahren aufkommen.
Im Dienste türkischer Macht-Interessen? Das Schiff mit dem Namen «Mavi Marmara» am 22. Mai im Hafen von Zypern.
Die ganze Welt ist sich einig: Israel ist böse. Als Verfechter Israels müssen Sie sich ziemlich einsam fühlen.
Nein. Hier in den USA sind die Medien pluralistischer als in Europa, da hört man mehr verschiedene Stimmen.
In Europa ist das Verständnis für das israelische Vorgehen gering. Weshalb?
Es war wieder einmal sehr faszinierend: Als letzten Freitag bei Anschlägen von Islamisten in zwei Moscheen in Lahore (Pakistan) 93 Menschen getötet wurden, schwieg die ganze Welt. Als dann bei einer von türkischen Extremisten provozierten Aktion vor Israel 10 Personen ums Leben kamen, schrien die Weltmedien auf. Die 93 frommen Menschen in den Moscheen sind scheinbar völlig unwichtig. Aber es geht da nicht um die Opfer, die sind alle gleichwertig. Es geht um die Täter.
Woher diese Ungleichheit bei der Verurteilung solcher Taten?
Das hat verschiedene Ursprünge. In Europa hat es aber sicherlich damit zu tun, dass man einen Schlussstrich unter den Zweiten Weltkrieg ziehen möchte. Viele Leute haben das Gefühl, dass sie sich von der Vergangenheit lösen können, wenn sie die Juden als Täter verurteilen.
Im Dienste türkischer Macht-Interessen? Das Schiff mit dem Namen «Mavi Marmara» am 22. Mai im Hafen von Zypern.
In Europa ist das Verständnis für das israelische Vorgehen gering. Weshalb?
Es war wieder einmal sehr faszinierend: Als letzten Freitag bei Anschlägen von Islamisten in zwei Moscheen in Lahore (Pakistan) 93 Menschen getötet wurden, schwieg die ganze Welt. Als dann bei einer von türkischen Extremisten provozierten Aktion vor Israel 10 Personen ums Leben kamen, schrien die Weltmedien auf. Die 93 frommen Menschen in den Moscheen sind scheinbar völlig unwichtig. Aber es geht da nicht um die Opfer, die sind alle gleichwertig. Es geht um die Täter.
Woher diese Ungleichheit bei der Verurteilung solcher Taten?
Das hat verschiedene Ursprünge. In Europa hat es aber sicherlich damit zu tun, dass man einen Schlussstrich unter den Zweiten Weltkrieg ziehen möchte. Viele Leute haben das Gefühl, dass sie sich von der Vergangenheit lösen können, wenn sie die Juden als Täter verurteilen.
Ich kenne Journalisten, die schon in Gaza waren und ein schreckliches Bild der Lebensbedingungen zeichnen.
In gewissen Vierteln von Kairo und anderen arabischen Städten sind die Lebensbedingungen ebenso schrecklich. Leider ist dies die normale arabische Armut, so schlimm dies klingen mag. Aber Gaza ist frei. Das ist doch ein schöner Traum für diese Menschen! Und wenn man mal aufhört, Raketen zu schiessen, sind auch die Grenzen wieder offen. Aber schon jetzt überqueren täglich Hunderte von Lastwagen die Grenzen mit Gütern. Es gibt keinen Mangel an Produkten in Gaza.
Auszug aus Berner Zeitung vom 3.6.2010
http://www.bernerzeitung.ch/kultur/buecher/kultur/architektur/Bei-der-Abfahrt-des-Schiffes-wurde--gesungen-Tod-den-Juden/story/18368521