Hakenkreuz-Wendedich Filbinger
17.04.2007 um 11:51von Bernt Engelmann
Hakenkreuz-Wendedich Filbinger
Mit seiner Grabrede fürHans Filbinger wollte der Baden-Württembergische Ministerpräsident Oettinger den früherenNS-Marinerichter zum Antifaschisten adeln.
Anfang April ist Landtagswahl inBaden-Württemberg. Seit bald zwei Jahrzehnten regieren dort die Ex-Nazis aus demKiesinger-Filbinger-Kreis. Aus dem liberalen Musterländle ist in dieser Zeit einbraunschwarzes Sumpfgebiet geworden. KONKRET-Autor Bernt Engelmann gibt einenÜberblick
Wem gehört Baden-Württemberg? Diese scheinbar überflüssige und fastabsurde Frage wird durchaus sinnvoll, wenn damit gemeint ist, wer eigentlich dieVerfügungsgewalt über dieses höchstindustrialisierte Bundesland hat. Es ist dies die CDU,die seit 1958 ununterbrochen, mal in Koalition mit anderen, mal - wie seit 1972 - allein,in Baden-Württemberg die Macht ausübt und dies, sofern sie nicht bei den Wahlen am 6.April ihre absolute Mehrheit verliert, auch weiterhin tun wird. Am liebsten: bis in alleEwigkeit, Amen.
Die beiden Männer, die in den letzten zwei Jahrzehnten diebaden-württembergischen Unions-Christen nach außen hin repräsentiert und das Landnacheinander als Ministerpräsidenten regiert haben, heißen Kurt Georg Kiesinger und HansFilbinger. Es lohnt sich, diese beiden Herren etwas unter die Lupe zu nehmen, zumal wennman begreifen will, was ein britischer Deutschlandexperte meinte, als er kürzlich (undnatürlich nur im privaten Gespräch) vorsichtig äußerte: " Wenn es heute irgendwo in derBundesrepublik deutliche Ansätze eines neuen Faschismus gibt, dann am ehesten inBaden-Württemberg, wo man ähnlich autoritär und klerikal-faschistisch zu regierentrachtet wie einst der österreichische Taschen-Diktator Dollfuß."
Auf den erstenBlick scheint es keinerlei politische Parallele zu geben zwischen dem von den Nazisermordeten Austrofaschisten Dollfuß und den Herren Kiesinger und Filbinger, die beideunter der Hitlerdiktatur nicht zu leiden hatten; Kiesinger wurde, obwohl überzeugterKatholik, 1933 als damals 29jähriger Jurist Mitglied der Hitlerpartei und 1940Referatsleiter im Auswärtigen Amt. Zu dieser kugelsicheren Position, in der er bisKriegsende blieb, verhalf ihm sein heute wie damals engster Freund Gerhard KreuzwendedichTodenhöfer, alter Kämpfer und Hauptsturmführer, vor allem aber besonderer Günstling desgefürchteten NS-Oberbonzen Martin Bormann.
Hans Karl Filbinger hingegen, Jahrgang1913 und aus gutkatholischer Bankbeamtenfamilie, promovierte 1937 mit einer Dissertation,"Die Schranken der Mehrheitsherrschaft", zum Dr. jur. Diese Arbeit bezog sich zwar nurauf das Aktien- und Konzernrecht, aber ihre autoritären Thesen standen völlig im Einklangmit dem Ungeist der Nazi-Diktatur und ihrem "Führer- und Gefolgschaftsprinzip". Daß dersich selbst später gern als stiller Widerstandskämpfer rühmende Filbinger, der im z.Weltkrieg als Marineoffizier an der Eroberung Norwegens teilnahm, dann auch noch nach dertotalen Niederlage seinem verblichenen "Führer" die Treue hielt, enthüllte erst vieleJahre später eine"Spiegel"-Meldung: Dr. Filbinger war am 29. Mai 1945, drei Wochen nachder Kapitulation, als Marinestabsrichter für die Verurteilung eines Matrosenverantwortlich gewesen, der ein "hohes Maß an Gesinnungsverfall" dadurch bewiesen habensollte, daß er "demonstrativ von dem Hoheitszeichen der Mütze und des Uniformrockes dasHakenkreuz entfernt" hatte.
Fünfzehn Jahre später konnte Dr. Filbinger seineLaw-and-Order-Mentalität erneut unter Beweis stellen, nämlich als erbaden-württembergischer Innenminister im Kabinett des Kurt Georg Kiesinger wurde: Ersetzte sich mit Vehemenz für die Notstandsgesetze ein und war im Kreis derbundesdeutschen Polizeiminister derjenige, der die geringsten verfassungsrechtlichenBedenken oder gar Skrupel hatte, wenn es darum ging, die Grundrechte wegzuinterpretieren.Als Nachfolger Kiesingers im Amt des Ministerpräsidenten hat Hans Karl Filbinger seit1966 den Südweststaat im Bundesrat auf Konfrontationskurs gebracht, im Innern weitgehendauf die Wünsche derer ausgerichtet, denen er und seine Parteifreunde sich besondersverpflichtet fühlen müssen: Großindustrie, Klerus, Industrie sowie deren Banken undProvinzzeitungs-Konzerne.
Im Bundesrat verhinderte Filbinger als derzeitamtierender Präsident die Fristenlösung und ließ die Reform des Abtreibungs-Paragraphen218 in Karlsruhe scheitern; im Lande selbst setzte er einen hausgemachten"Radikalen"erlaß durch und verschärfte die Polizeigesetze bis zum äußersten. Ja, erzögerte nicht, selbst gegen harmlose, den Bau des Atomkraftwerkes Wyhl (damaligerAufsichtsrat: Dr. Filbinger) zu verhindern suchende Winzer Polizei-Wasserwerfer und-Schlagstöcke einzusetzen. Baden-Württemberg war auch das einzige Bundesland, das keinemchilenischen Flüchtling Asyl gewährte, und nirgendwo werden Professoren und Studentenschärfer an die Kandare genommen.
Für solche Politik brauchte Filbinger die"richtigen" Gehilfen: Zu seinem Innenminister hat er sich deshalb den schon im "DrittenReich" als Schreibtisch-Nazi im Elsaß tätigen Karl Schieß auserkoren, zum Kultusminister(und damit zum Dienstherrn der vielen Landesuniversitäten) den aus dem Baltikumstammenden deutschnationalen Pfarrer Wilhelm Hahn. Wo diese beiden Minister auch heutenoch politisch und (falls man es so nennen kann) geistig beheimatet sind, das offenbartensie erst Ende vergangenen Jahres, als sie der von italienischen Neofaschistenherausgegebenen Gastarbeiter-Postille "Oltreconfine" freundliche Grußworte zurVeröffentlichung überließen, sanfte Pressekritik an solcher Entgleisung jedoch forschals"Revolverjournalismus" abtaten. "Ein Student beispielsweise, der in einer solchen(offensichtlich rechtsradikalen) Zeitung schriebe", meinte dazu die gewiß nichtlinksradikale "Stuttgarter Zeitung", müßte sich bei seiner späteren Einstellung in denöffentlichen Dienst deswegen einer möglicherweise hochnotpeinlichen Untersuchungunterziehen . . ." Doch das angesehene liberale Blatt irrt sich da insofern, als inFilbingers "Deutsch-Südwest" kein Rechtsradikaler etwas zu fürchten hat.
Der"Regent mit dem eisernen Fäustle", wie Filbinger von einem Spötter im Stuttgarter Landtageinmal genannt wurde, hat sich inzwischen zu einem Großmeister der Demagogie gemausert:Überall sieht er "die Sicherheit", zumal die des Eigentums, entsetzlich bedroht, teilsvon "Rosaroten und Roten" (womit Frei- und Sozialdemokraten gemeint sind), teils durch"Gelichter, Räuber, Gewalttäter und Triebverbrecher" (obwohl die Kriminalität so gut wiegar nicht zugenommen hat). Umgekehrt versteht er es, zu verniedlichen: Im Industrie-Absuddes Neckars, so meinte er mit onkelhafter Bonhommie, verendeten nur jene Fische, die"intelligenzmäßig zu den Hilfsschülern gehören". Und er gibt sich gar "vorbildlichsozial", weil er holten kann, daß man in Baden-Württemberg längst vergessen hat, wer imBundesrat den Mieterschutz, das Städtebauförderungsgesetz und dasBetriebsverfassungsgesetz attackiert und trickreich zu verhindern versuchthat.
Der echten Diskussion weicht der Landesvater aus. Als bei der Eröffnung einesFreiburger Instituts die akademische Jugend vom Podium aus über "die Herrschenden"herzog, verließ Filbinger stumm den Saal. Er, der selbst beim Schloß Solitude einefeudale Dienstvilla bewohnt, fühlt sich den heimlichen Herren Badens und Württembergs zueng verbunden, als daß er sich auch nur auf eine Erörterung ihrer Privilegien einließe.Schließlich gibt es nirgendwo, nicht mal in Bayern, einen so mächtigen undmilliardenschweren Clan von hocharistokratischen und erzkatholischen Großgrundbesitzernund Industriemagnaten wie in Filbingers Neckar-Monarchie:
Da sind inDonaueschingen die Fürsten Fürstenberg, im badischen Salem die Markgrafen von Baden, inSigmaringen die steinreichen Hohenzollern und im ganzen schwarzen Süden die Fürsten vonWaldburg, Nachkommen jenes "Bauernjörg" genannten Anführers der Strafexpeditionen gegendie Aufständischen des Bauernkriegs, denen Hunderttausende zum Opfer fielen; da sind dieHerzöge von Württemberg, die (mit dem Siemens-Clan eng verbundenen) Fürsten Hohenlohe,die Grafen von Brandenstein-Zeppelin, die in der Luftfahrtindustrie ein gewichtiges Wortmitzureden haben, die Fürsten von Thurn und Taxis, denen die halbe Pforzheimer Industriegehört, usw. usw. Sie alle, samt den Top-Managern der in Baden-Württembergdomizilierenden Konzerne schwören auf Hans Karl Filbinger.
Doch nicht nur sieallein: Als der gelernte Steueranwalt, Ex-Marinerichter, Ritter vom Heiligen Grab undProtektor der Deutschen Jugend des Ostens im Sommer letzten Jahres durch Oberschwabenreiste, da ließen die Bauern auf der Alb Heuernte Heuernte sein. Sie bestaunten denLandesvater und säumten mit ihren Kindern, die natürlich schulfrei hatten,fähnchenschwenkend die Straßenränder. "Wie ein Engel" sei ihr der Herr Ministerpräsidenterschienen, bekannte eine alte Bäuerin, die Filbingers Hubschrauber hatte einschwebensehen. Und am Abend meinte der CDU-Landrat ergriffen und ohne auf Widerstand zu stoßen:"Der König war da!"
Sind sie wirklich so, sagen wir: unkritisch, die Frauen undMänner im tiefschwarzen Süden? Hans Karl Filbinger tut jedenfalls alles, was in seinerMacht steht, sie sich und seiner CDU so zu erhalten. Und die wirklichen Herren des Landesdie Erben und Nutznießer der Henkerarbeit des "Bauernjörg", reiben sich diearistokratischen Hände.
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Ich frage mich, welche Gedanken der Menschen dazufuehren,Filbinger so zu waehlen?
Hakenkreuz-Wendedich Filbinger
Mit seiner Grabrede fürHans Filbinger wollte der Baden-Württembergische Ministerpräsident Oettinger den früherenNS-Marinerichter zum Antifaschisten adeln.
Anfang April ist Landtagswahl inBaden-Württemberg. Seit bald zwei Jahrzehnten regieren dort die Ex-Nazis aus demKiesinger-Filbinger-Kreis. Aus dem liberalen Musterländle ist in dieser Zeit einbraunschwarzes Sumpfgebiet geworden. KONKRET-Autor Bernt Engelmann gibt einenÜberblick
Wem gehört Baden-Württemberg? Diese scheinbar überflüssige und fastabsurde Frage wird durchaus sinnvoll, wenn damit gemeint ist, wer eigentlich dieVerfügungsgewalt über dieses höchstindustrialisierte Bundesland hat. Es ist dies die CDU,die seit 1958 ununterbrochen, mal in Koalition mit anderen, mal - wie seit 1972 - allein,in Baden-Württemberg die Macht ausübt und dies, sofern sie nicht bei den Wahlen am 6.April ihre absolute Mehrheit verliert, auch weiterhin tun wird. Am liebsten: bis in alleEwigkeit, Amen.
Die beiden Männer, die in den letzten zwei Jahrzehnten diebaden-württembergischen Unions-Christen nach außen hin repräsentiert und das Landnacheinander als Ministerpräsidenten regiert haben, heißen Kurt Georg Kiesinger und HansFilbinger. Es lohnt sich, diese beiden Herren etwas unter die Lupe zu nehmen, zumal wennman begreifen will, was ein britischer Deutschlandexperte meinte, als er kürzlich (undnatürlich nur im privaten Gespräch) vorsichtig äußerte: " Wenn es heute irgendwo in derBundesrepublik deutliche Ansätze eines neuen Faschismus gibt, dann am ehesten inBaden-Württemberg, wo man ähnlich autoritär und klerikal-faschistisch zu regierentrachtet wie einst der österreichische Taschen-Diktator Dollfuß."
Auf den erstenBlick scheint es keinerlei politische Parallele zu geben zwischen dem von den Nazisermordeten Austrofaschisten Dollfuß und den Herren Kiesinger und Filbinger, die beideunter der Hitlerdiktatur nicht zu leiden hatten; Kiesinger wurde, obwohl überzeugterKatholik, 1933 als damals 29jähriger Jurist Mitglied der Hitlerpartei und 1940Referatsleiter im Auswärtigen Amt. Zu dieser kugelsicheren Position, in der er bisKriegsende blieb, verhalf ihm sein heute wie damals engster Freund Gerhard KreuzwendedichTodenhöfer, alter Kämpfer und Hauptsturmführer, vor allem aber besonderer Günstling desgefürchteten NS-Oberbonzen Martin Bormann.
Hans Karl Filbinger hingegen, Jahrgang1913 und aus gutkatholischer Bankbeamtenfamilie, promovierte 1937 mit einer Dissertation,"Die Schranken der Mehrheitsherrschaft", zum Dr. jur. Diese Arbeit bezog sich zwar nurauf das Aktien- und Konzernrecht, aber ihre autoritären Thesen standen völlig im Einklangmit dem Ungeist der Nazi-Diktatur und ihrem "Führer- und Gefolgschaftsprinzip". Daß dersich selbst später gern als stiller Widerstandskämpfer rühmende Filbinger, der im z.Weltkrieg als Marineoffizier an der Eroberung Norwegens teilnahm, dann auch noch nach dertotalen Niederlage seinem verblichenen "Führer" die Treue hielt, enthüllte erst vieleJahre später eine"Spiegel"-Meldung: Dr. Filbinger war am 29. Mai 1945, drei Wochen nachder Kapitulation, als Marinestabsrichter für die Verurteilung eines Matrosenverantwortlich gewesen, der ein "hohes Maß an Gesinnungsverfall" dadurch bewiesen habensollte, daß er "demonstrativ von dem Hoheitszeichen der Mütze und des Uniformrockes dasHakenkreuz entfernt" hatte.
Fünfzehn Jahre später konnte Dr. Filbinger seineLaw-and-Order-Mentalität erneut unter Beweis stellen, nämlich als erbaden-württembergischer Innenminister im Kabinett des Kurt Georg Kiesinger wurde: Ersetzte sich mit Vehemenz für die Notstandsgesetze ein und war im Kreis derbundesdeutschen Polizeiminister derjenige, der die geringsten verfassungsrechtlichenBedenken oder gar Skrupel hatte, wenn es darum ging, die Grundrechte wegzuinterpretieren.Als Nachfolger Kiesingers im Amt des Ministerpräsidenten hat Hans Karl Filbinger seit1966 den Südweststaat im Bundesrat auf Konfrontationskurs gebracht, im Innern weitgehendauf die Wünsche derer ausgerichtet, denen er und seine Parteifreunde sich besondersverpflichtet fühlen müssen: Großindustrie, Klerus, Industrie sowie deren Banken undProvinzzeitungs-Konzerne.
Im Bundesrat verhinderte Filbinger als derzeitamtierender Präsident die Fristenlösung und ließ die Reform des Abtreibungs-Paragraphen218 in Karlsruhe scheitern; im Lande selbst setzte er einen hausgemachten"Radikalen"erlaß durch und verschärfte die Polizeigesetze bis zum äußersten. Ja, erzögerte nicht, selbst gegen harmlose, den Bau des Atomkraftwerkes Wyhl (damaligerAufsichtsrat: Dr. Filbinger) zu verhindern suchende Winzer Polizei-Wasserwerfer und-Schlagstöcke einzusetzen. Baden-Württemberg war auch das einzige Bundesland, das keinemchilenischen Flüchtling Asyl gewährte, und nirgendwo werden Professoren und Studentenschärfer an die Kandare genommen.
Für solche Politik brauchte Filbinger die"richtigen" Gehilfen: Zu seinem Innenminister hat er sich deshalb den schon im "DrittenReich" als Schreibtisch-Nazi im Elsaß tätigen Karl Schieß auserkoren, zum Kultusminister(und damit zum Dienstherrn der vielen Landesuniversitäten) den aus dem Baltikumstammenden deutschnationalen Pfarrer Wilhelm Hahn. Wo diese beiden Minister auch heutenoch politisch und (falls man es so nennen kann) geistig beheimatet sind, das offenbartensie erst Ende vergangenen Jahres, als sie der von italienischen Neofaschistenherausgegebenen Gastarbeiter-Postille "Oltreconfine" freundliche Grußworte zurVeröffentlichung überließen, sanfte Pressekritik an solcher Entgleisung jedoch forschals"Revolverjournalismus" abtaten. "Ein Student beispielsweise, der in einer solchen(offensichtlich rechtsradikalen) Zeitung schriebe", meinte dazu die gewiß nichtlinksradikale "Stuttgarter Zeitung", müßte sich bei seiner späteren Einstellung in denöffentlichen Dienst deswegen einer möglicherweise hochnotpeinlichen Untersuchungunterziehen . . ." Doch das angesehene liberale Blatt irrt sich da insofern, als inFilbingers "Deutsch-Südwest" kein Rechtsradikaler etwas zu fürchten hat.
Der"Regent mit dem eisernen Fäustle", wie Filbinger von einem Spötter im Stuttgarter Landtageinmal genannt wurde, hat sich inzwischen zu einem Großmeister der Demagogie gemausert:Überall sieht er "die Sicherheit", zumal die des Eigentums, entsetzlich bedroht, teilsvon "Rosaroten und Roten" (womit Frei- und Sozialdemokraten gemeint sind), teils durch"Gelichter, Räuber, Gewalttäter und Triebverbrecher" (obwohl die Kriminalität so gut wiegar nicht zugenommen hat). Umgekehrt versteht er es, zu verniedlichen: Im Industrie-Absuddes Neckars, so meinte er mit onkelhafter Bonhommie, verendeten nur jene Fische, die"intelligenzmäßig zu den Hilfsschülern gehören". Und er gibt sich gar "vorbildlichsozial", weil er holten kann, daß man in Baden-Württemberg längst vergessen hat, wer imBundesrat den Mieterschutz, das Städtebauförderungsgesetz und dasBetriebsverfassungsgesetz attackiert und trickreich zu verhindern versuchthat.
Der echten Diskussion weicht der Landesvater aus. Als bei der Eröffnung einesFreiburger Instituts die akademische Jugend vom Podium aus über "die Herrschenden"herzog, verließ Filbinger stumm den Saal. Er, der selbst beim Schloß Solitude einefeudale Dienstvilla bewohnt, fühlt sich den heimlichen Herren Badens und Württembergs zueng verbunden, als daß er sich auch nur auf eine Erörterung ihrer Privilegien einließe.Schließlich gibt es nirgendwo, nicht mal in Bayern, einen so mächtigen undmilliardenschweren Clan von hocharistokratischen und erzkatholischen Großgrundbesitzernund Industriemagnaten wie in Filbingers Neckar-Monarchie:
Da sind inDonaueschingen die Fürsten Fürstenberg, im badischen Salem die Markgrafen von Baden, inSigmaringen die steinreichen Hohenzollern und im ganzen schwarzen Süden die Fürsten vonWaldburg, Nachkommen jenes "Bauernjörg" genannten Anführers der Strafexpeditionen gegendie Aufständischen des Bauernkriegs, denen Hunderttausende zum Opfer fielen; da sind dieHerzöge von Württemberg, die (mit dem Siemens-Clan eng verbundenen) Fürsten Hohenlohe,die Grafen von Brandenstein-Zeppelin, die in der Luftfahrtindustrie ein gewichtiges Wortmitzureden haben, die Fürsten von Thurn und Taxis, denen die halbe Pforzheimer Industriegehört, usw. usw. Sie alle, samt den Top-Managern der in Baden-Württembergdomizilierenden Konzerne schwören auf Hans Karl Filbinger.
Doch nicht nur sieallein: Als der gelernte Steueranwalt, Ex-Marinerichter, Ritter vom Heiligen Grab undProtektor der Deutschen Jugend des Ostens im Sommer letzten Jahres durch Oberschwabenreiste, da ließen die Bauern auf der Alb Heuernte Heuernte sein. Sie bestaunten denLandesvater und säumten mit ihren Kindern, die natürlich schulfrei hatten,fähnchenschwenkend die Straßenränder. "Wie ein Engel" sei ihr der Herr Ministerpräsidenterschienen, bekannte eine alte Bäuerin, die Filbingers Hubschrauber hatte einschwebensehen. Und am Abend meinte der CDU-Landrat ergriffen und ohne auf Widerstand zu stoßen:"Der König war da!"
Sind sie wirklich so, sagen wir: unkritisch, die Frauen undMänner im tiefschwarzen Süden? Hans Karl Filbinger tut jedenfalls alles, was in seinerMacht steht, sie sich und seiner CDU so zu erhalten. Und die wirklichen Herren des Landesdie Erben und Nutznießer der Henkerarbeit des "Bauernjörg", reiben sich diearistokratischen Hände.
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