stereotyp schrieb am 11.01.2024:Da steht drin ausländische Straftäter in den Knast oder abschieben und schon nimmt die Verbrechenskurve ab.
Das habe ich da nicht gelesen. Da steht, dass Dänemark diesen Schritt plant und schon im vorhinein, da wo der Schritt noch gar nichts mit zu tun haben kann, ein paar Verbrechensarten leicht rückläufig waren.
Aber nach der Logik müsste das ja auch bedeuten, dass die ganzen Jahre in Deutschland, als die Gewalt rückläufig war, unser System mit den zig Bewährungsstrafen super funktioniert hat. So einfach können wir uns das glaube ich nicht machen.
Verbrechen ist etwas, was sich über Jahrzehnte entwickelt. Sicherlich kann man bei einigen Verbrechensarten möglicherweise schnelle Erfolge sehen (z.B. wenn man durch bessere Vernetzung von Polizeistellen Klaubanden besser verfolgen kann), aber solche Verbrechensarten wie Körperverletzung/Totschlag, Vergewaltigung oder Drogenhandel wird man selbst mit den besten Konzepten nur über Jahrelange Arbeit überhaupt signifikant senken können. Darum müssten wir, um wirklich ein Beispiel zu finden, schon irgendeinen Staat nehmen, der in der Vergangenheit mal eine zero Tolerance Politik hatte und damit super gefahren ist.
Wir könnten z.B. New York unter Giuliani betrachten. Und da finde ich sieht es eher Mau aus.
Wikipedia: Zero tolerance#:~:text=On the historical examples of,is claimed by its advocates.
On the historical examples of the application of zero tolerance kind of policies, nearly all the scientific studies conclude that it failed to play the leading role in the reduction of crimes that is claimed by its advocates. On the other hand, large majorities of people who are living in communities in which zero tolerance policing has been followed believe that it has actually played a key, leading role in reducing crime in their communities.[18] It has been alleged that in New York City, the decline of the crime rate had started well before Rudy Giuliani came to power in 1993. None of the decreasing processes had any particular inflection under him,[18][19] and during the same period, the decrease in crime was the same in the other major US cities, even those with an opposite security policy. However, the experience of the vast majority of New Yorkers led them to precisely the opposite conclusion and allowed a Republican to win and retain the Mayor's office for the first time in decades, in large part because of the perception that zero tolerance policing was playing key to the city's improving crime situation. On the other hand, some argue that in 1984-1987, the city had already experienced a policy similar to Giuliani's but instead faced an increase in the crime rate.
Im Endeffekt gibt es bei den allermeisten Studien zu solchen Praktiken kaum Hinweise darauf, dass sie funktionieren. Sie sind aber in der Bevölkerung beliebt, weil Menschen glauben, sie würden helfen (so wie Reul beliebt ist, weil er "gegen Clans vorgeht", obwohl es zumindest noch keinerlei Hinweise dafür gibt, dass er das sonderlich erfolgreich tut). Ich denke nicht, dass Dänemark, Schweden und ähnliche Länder da Ausnahmen sein werden.
Es gibt da andere, viel relevantere Faktoren in New York z.B.:
https://www.nber.org/digest/jan03/what-reduced-crime-new-york-cityThe national unemployment rate declined 25 percent between 1990 and 1999, and by 39 percent in the city between 1992 and 1999. This study shows that a single percentage point decline in the jobless rate decreases burglary by 2.2 percent and motor vehicle theft by 1.8 percent. Increases in the real minimum wage also significantly reduce robberies and murders: 3.4 to 3.7 percent fewer robberies with a 10 percent increase in the minimum wage and 6.3 to 6.9 percent fewer murders.
Und da sind wir wieder bei den Stellschrauben, die gar nicht kriminalistisch sind.
Aber lass uns hier mal einen Cut machen und da hin gehen, dass wir nochmal spezifisch über Clans sprechen.
Meine Herangehensweise wäre eben eine solche, die nicht unsere Vorurteile gegen die Täter in den Vordergrund stellt (tanzen uns auf der Nase rum, bestimmt hat Islam was damit zu tun, haben ihre eigenen Regeln und was weiß ich), weil ehrlich gesagt: Wir wissen das gar nicht, wie genau da innerlich die dutzenden einzelnen Täter funktionieren.
Was wir aber wissen: Clans funktionieren wie andere OK auch. Also brauchen wir tragfähige Konzepte gegen OK allgemein.
Ein Beispiel: Es gibt einen Ordnungspolitischen Schritt, der Clans (und anderen) ihr Handeln DEUTLICH mehr erschweren würde als Angriffe auf Shishabars: Wenn wir eine Obergrenze für Bargeldkäufe einführen.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/geldwaesche-demokratie-gefahr-immobilien-101.htmlDeutschland sei hier keineswegs ein Einzelfall: Alle westlichen Demokratien haben laut Zydra ein Problem mit Geldwäsche. "In Deutschland ist es einfach extrem, weil Bargeld hier so eine große Rolle spielt und niemand Barzahlungen beschränken will. Deshalb kam man hierzulande noch immer große Investitionen in bar tätigen."Man könne beispielsweise einfach mit einem Geldkoffer in eine Spielbank gehen, das Geld gegen Chips tauschen, "im Spiel einen Euro verlieren und sich den Rest wieder auszahlen. Dann ist das Geld gewaschen", sagt Zydra: "Oder man kauft ein Auto oder ein Haus."
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Von Experten wie Peglow wird eine Obergrenze schon lange gefordert: "Ich halte es für dringend erforderlich, dass wir die Möglichkeiten abschaffen, dass Menschen für 86.000 oder 100.000 Euro ein Auto in bar kaufen können." Ob man das Problem damit lösen kann, ist zwar strittig. "Aber sie machen es Kriminellen damit zumindest schwerer, wenn es nicht mehr legal ist, mit einem Koffer Bargeld ein Haus zu kaufen", sagt Experte Zydra.Neu wäre eine Bargeldobergrenze im europäischen Vergleich nicht: Sie gibt es bereits in Italien, wo sie bei 5000 Euro liegt. In Griechenland ist die Grenze 500 Euro, in Frankreich und Spanien jeweils 1000 Euro.
Das wäre auch leicht umzusetzen und würde nicht so viele Ressourcen fressen wie Razzien. Es würde deutlich erleichtert werden, Geldströme nachzuverfolgen und damit auch die Arbeit der Ermittler.
Nicht zu vergessen, auch aus dem Bericht:
"In den letzten fünf Jahren ist das Thema Geldwäschebekämpfung in Deutschland extrem vernachlässigt wurden", sagt Dirk Peglow. Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter wirkt frustriert, wenn er über die deutsche Geldwäschebekämpfung spricht. Der Grund: Vor rund fünf Jahren ist die Zuständigkeit für diese Fälle zur Financial Intelligence Unit, kurz FIU, verlegt worden. Seither häufen sich die Berichte über die Probleme der Behörde.Keine Kriminalbeamten mehr zuständigUnd das liegt laut Peglow nicht nur daran, dass die Behörde chronisch unterbesetzt sei und darum mit der Bearbeitung der Fälle gar nicht hinterher komme: "Dass der Zoll für die Bearbeitung von Geldwäsche-Straftaten zuständig ist, ist, als würden wir uns vorstellen, dass die Bearbeitung von Auto-Diebstählen künftig das Kraftfahrt-Bundesamt übernimmt. Oder als würde das Jugendamt künftig in Fällen des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen ermitteln."Denn die Beamten, die bei der FIU Geldwäsche-Straftaten, die in der Bundesrepublik verübt werden, aufdecken sollen, sind keine Kriminalbeamten. Sie haben häufig nicht einmal Zugriff auf polizeiliche Datenbanken.
Behördenmauschelein machen unsere Sicherheitsorgane ineffizient. Statt dass sich Innenminister aller Art mit irgendwelchen Polizisten ablichten lassen und gegen Clans wettern und deren Werte, wäre es schön, wenn sie mal an werte wie preußische Ordnungstugend denken und ihr eigenes (unser) Haus vernünftig ausstatten würden. Dazu gehört es auch, Staatsanwaltschaften und andere Ermittlungsorgane, gerade was Finanzkriminalität angeht, nicht unterzufinanzieren oder anderweitig zu zerstören.
Aber da sind es dann genau diese Pseudoordnungspolitiker (häufig von der CDU), die z.B. von einer Bargeldbegrenzung gar nichts wissen wollen und manche Institutionen ebenfalls kaputtgespart haben.
Aber das sind, wenn wir rein beim kriminalistischen bleiben wollen, ebenfalls riesige Stellschrauben, die nichts mit "Härte" zu tun haben, sondern mit Aufwand. Aufwand ist leider viel schwerer (aber auch viel sinnvoller), als draufzuhauen ohne überhaupt dadurch einen ernsthaften Effekt zu erzielen.
Mir geht bei diesem Thema eben einfach so viele gegen den Strich, weil keiner wirklich über ernsthafte, sinnvolle Maßnahmen (ob das jetzt Verbesserungen in der Finanzverbrechensverfolgung ist oder eine bessere Ausstattung von Frauenhäusern) diskutiert, sondern alle Welt sich was dazu ausdenkt, ob jetzt der Islam Schuld am Münzenraub ist oder welchen individuellen Kriminellen man nun abschieben kann oder nicht. So kommen wir nicht weiter, so werden wir Verbrechen nicht begrenzen.