Jimmybondy schrieb:Ich bin es ja nicht hier von uns beiden, der Migranten für Rechtsextremismus verantwortlich machen will, Verständnis für Nazis fordert und überdies ein patriotischer Jungkonservativer ist.
Ich fordere kein Verständnis für Nazis.
Ich weise darauf hin, dass es zwingend notwendig ist, zu VERSTEHEN, warum jemand rechtsradikale Ansichten oder auch, um mal in der Zeit weiter zurück zu gehen, nationalsozialistische Einstellungen entwickelt.
Du kannst mir doch nicht erzählen, dass das einfach vom Himmel fällt.
Oder das eines Tages einfach aus dem Nichts ein Dämon in die Leute fährt.
Es gibt GRÜNDE dafür, warum man Rechtsextremist und Neonazi wird.
Wenn man nicht will, dass Menschen diese Einstellungen entwickeln, dann muss man sich auch mit den Gründen beschäftigen und nach Möglichkeit etwas dagegen tun.
Glaubst du, der 16-Jährige Hans Müller wacht morgens auf und denkt:,,Diese Ausländer, die hasse ich jetzt", auch wenn er vorher noch nie was mit denen zu tun hatte? Wenn ihm vorher nie jemand gesagt hat, dass er was gegen die haben müsse?
Nein, das ist nicht der Fall.
Hans Müller kann aus mannigfaltigen Gründen Rechtsextremist werden.
Es kann sein, dass er auf eine Schule geht, in der er immer wieder von Mitschülern mit Migrationshintergrund fertig gemacht und gemobbt wird. Wenn du ständig einen drauf bekommst, weil du schwächer oder kleiner bist oder weil du komisch aussiehst oder einfach nur, weil du Deutscher bist, dann wirst du nicht unbedingt der beste Freund von Migranten.
Es kann auch sein, dass Hans Müller immer wieder in den Nachrichten ließt und im Fernsehen Berichte darüber mitbekommt, dass Migranten Deutsche überfallen und verletzen und trotzdem nur Bewährungsstrafen bekommen. Glaubst du, das findet er einfach toll? Nein, er fragt sich:
,,Wie kann das angehen, dass diese Täter schon jeder mehrere Vorstrafen auf dem Konto haben, nun einen Deutschen zusammenschlagen und wieder nur Bewährung bekommen?"
Es kann auch sein, dass es bei Hans Müller in der Stadt kaum Arbeit gibt, das Jugendzentrum schrott ist, die Straßen voller Schlaglöcher und die anderen Parteien sich außerhalb der Wahlen nicht im Mindesten interessieren für seine Stadt.
Und dann kommt die NPD, organisiert mal ein Fest, organisiert mal einen Liederabend oder Zeltlager oder sonst etwas - gibt Hans das Gefühl, dass sich jemand für ihn interessiert, jemand sich um ihn kümmert.
Denkst du, er läuft dann fröhlich zu den Grünen oder beginnt eine Anti-Rechts-Kampagne?
Nein, wird er nicht, denn für ihn stellt es sich nicht so dar, dass diese Leute falsch wären. Verlassen und verraten fühlt er sich vielmehr von den anderen Politikern, denen er anscheinend egal ist.
Und so wird er empfänglich für die Einflüsterungen der Rechtsextremen.
Sie sagen ihm, dass der Grund für die Arbeitslosigkeit Ausländer seien. Oder die hohe Kriminalität nur auf Türken und Araber usw. zurückginge. Dass er selbst ein aufrechter Deutscher sei, er stolz darauf sein könne und die anderen minderwertig wären.
SO wird man zum Rechtsextremisten, zum Neonazi. NICHT dadurch, dass man morgens mit dem falschen Bein zuerst aufsteht. NICHT durch fehlende Intelligenz.
Wenn ich also will, dass es weniger Rechtsradikale gibt, dann muss ich was gegen diese Gründe tun.
Dann muss ich zusehen, dass in den Schulen mehr finanzielle Mittel und Personal zur Verfügung stehen, um das Miteinander und Verständnis von Menschen mit verschiedenem, kulturellem Hintergrund zu fördern.
Dann muss ich dafür sorgen, dass bei einem Deutsch-Türken, der schon zum 5. Mal wegen Körperverletzung auf der Anklagebank sitzt, nicht einfach ,,südländische Ehre und Heißblütigkeit" als Milderungsgrund angesehen und er nur zu einem Anti-Aggressionstraining geschickt wird.
Dann muss ich mich darum kümmern, dass auch mal in entlegeneren Dörfern was geschieht.
Dass dort sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten für Jugendliche und junge Erwachsene vorhanden sind, in der Freizeit und im Job.
Oder kurz: Ich darf die Probleme nicht der NPD und den Freien Kameradschaften überlassen und nur alle paar Jahre auftauchen, wenn wieder Wahlen sind und ich Stimmen brauche.
Ich habe es schon häufiger gesagt: Man wird Unkraut nicht los, indem man ein paar Blätter abschneidet oder ganz erschrocken tut, dass sich das Unkraut auf dem Boden so verbreitet.
Man wird Unkraut nur dann los, wenn man an der Basis ansetzt. Dort, wo das Unkraut wurzeln kann. Man muss ihm den Boden, die Grundlage entziehen.
Es wird uns letztendlich nicht weiterbringen, wenn wir nur selbstgefällig die Hände über`m Kopf zusammenschlagen oder einfach nur leichthin mit dem Finger auf die bekämpfungswürdigen Rechtsextremen zeigen.