FF schrieb:Du blendest den Hass, der auch auf palästinensischer Seite existiert, total aus.
Nein, eben nicht. Aber nach 80 Jahren Hass und Halbkrieg, der manchmal in heißen mündete - waren die Israelis im Libanon zu "Strafaktionen" oder jemand anders? - kann man nicht von Engeln auf der einen und Teufeln auf der anderen Seite sprechen. Das Existenzrecht Israels nicht anerkennen wollen ist nicht die Ursache sondern die Folge davon. es gab schon vor dem 2. Weltkrieg und vor der Existenzgründung Israels Gespräche der Engländer mit Ben Gurion und dem Großmufti von Jerusalem über die Verteilung der künftigen gebiete und ob es neben Israel nur Jordanien (incl. Westjordanien) oder einen dritten Staat (Palästina) geben sollte; die Gespräche verliefen einigermaßen positiv und es wurde die 3-Staate-Lösung bevorzugt. Da war noch nichts mit Hass und Verweigerung der Anerkennung des Existenzrechts Israels, weil jeder eben auch die Vorgeschichte kannte. Möglicherweise hätte man Israel noch nach Norden ausdehnen können in den heutigen Libanon, aber da hatten wohl die Franzosen, deren Mandatsgebiet das war, was dagegen. Es hätte also alles viel zivilisierter ablaufen können und Jerusalem als alleinige Hauptstadt Israels war zu keinem Zeitpunkt ein Thema.
FF schrieb:Hast Du dabei die Position der (arroganten) (Iran-gesteuerten) (seit 2006 in Gaza regierenden) Hamas bedacht?
Ja, habe ich auch. Aber darüber muss man mit Iran reden, und ich finde, da kann die EU als Verhandlungspartner ja viel mehr erreichen als die USA, die unter Trump Iran am liebsten in Grund und Boden bomben würden, wenn sie dürften, wie sie wollten. Nur herrscht dieser gute Wille, zu einer Einigung kommen zu WOLLEN, auf keiner Seite. Aber ohne solchen Willen geht rein gar nichts. Das sollten wir aus 80 Jahren Geschichte inzwischen langsam mal gelernt haben. Warum fällt es jeder Seite so schwer, mit seinem Nachbarn zu einem modus vivendi zu kommen? Gibt es irgendwo auf der Welt einen 80-jährigen Nachbarnstreit wegen einem Kirschbaum, dessen eine Hälfte auf das Grundstück des Nachbarn reicht, der dort einfach frech die Kirschen pflückt, so dass sie seit 80 Jahren deswegen vor Gericht im Rechtsstreit kämpfen? Mir kommt das vor wie Kindergezänk mit schweren Waffen, in dem bisweilen auch der Tod in kauf genommen wird. Im Übrigen sind wir in diesem Punkt auch ganz dicht an der Quelle/Ursache für den blutigen Islamismus, der sich inzwischen aber längst verselbständigt hat, doch wenn man ihn zurückdrängen will, muss man hier eine Lösung finden. Nur eins ist sicher: Gesamt-Jerusalem als Hauptstadt Israels, möglicherweise noch mit dem Tempelberg, erstickt jeden Friedensversuch im Keim. Man sollte die andere Richtung bevorzugen.
FF schrieb:Israel in der EU?
Ich kann ebenso auf orthodoxe Siedler wie auf Hamas-Anhänger verzichten, die ihre Streitigkeiten auf EU-Niveau austragen und damit die EU auf Jahrzehnte lahmlegen.
Man muss das ganze Gebiet befrieden, dazu gehört auch die Ausdehnung nach Norden: Libanon und Syrien. Und das heißt, bei allen Gesprächen muss auch Teheran mit am Verhandlungstisch sitzen, Punkt. Die sind viel wichtiger als z.B. Saudi Arabien, das "nur Öl" hat, ansonsten aber in einer anderen Zeitblase sitzt. Aber um da weiterzukommen, auch z.B. in Form einer Wirtschaftsgemeinschaft sagen wir zwischen Iran, Türkei, Libanon, Israel und Jordanien, die ja regional zusammenhängen, evtl. noch mit Irak, muss erstmal das Assad-Regime weg. Das dem Iran klar zu machen, ist schwer, aber aus meiner Sicht letztlich nicht unmöglich, wenn man zu neuen Ufern aufbrechen will. Der Nachteil ist, dass damit der Schiiten-Sunniten-Konflikt noch verstärkt würde, besonders wenn der Westen hier eine Position (zugunsten der Schiiten) einnehmen würde, aber in wirtschaftlicher Zusammenarbeit bietet sich diese Region eben auch an, und wer wirtschaftlich zusammen arbeitet, führt ungern Krieg gegeneinander. Neue Perspektiven bieten aber eben gerade auch ungeahnte oder auf den ersten Blick für unmöglich gehaltene Perspektiven. Das sollte man während der Trump-Präsidentschaft angehen und die Amis dadurch in dieser Region relativ entmachten, damit sein Nachfolger, egal wer, mit neuen Fakten irgendwie leben muss, auch mit einem Friedensprozess, an dem die Amis ursprünglich gar nicht beteiligt waren. Genau dies aber dürfte die iranisch-arabische Seite eventuell leichter motivieren in einen Friedensprozess einzuwilligen, bei dem die USA nicht federführend mit am Tisch sitzen, sondern das Gegenüber die EU ist.
In dieser Beziehung bin ich also etwas utopisch, ist aber eine Blochsche konkrete Utopie, vielleicht das ungeschriebene 4. Kapitel aus
Wikipedia: Das Prinzip Hoffnung