Infidel schrieb:Das machen schon die jungen Sozen.
Alles in einem sehe ich tatsächlich immer noch nicht das traurige Ende des Konservatismus, wir betrachten das aber aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
Ich als jemand der auch "typisch" konservative Positionen vertritt würde aber auch sagen, dass ich anpassungsfähig bin und das gilt auch für den Konservatismus der noch in mir übrig ist.
Also so ein Kühnert macht das nicht. Esken und Borjans auch nicht. Die machen sachen, die durchaus in der SPD historisch schon Anklang gefunden haben. Wiedereinführung einer Vermögenssteuer und sowas ist keine verrückte far left Politik, das sind sachen, die die SPD schonmal vertreten hat.
Genausowenig wäre es ein Verlassen des Konservativismus, nur weil einer wie Strauß ein bisschen poltert oder man eine sehr rechte Migrationspolitik fährt.
Nein, um den Konservativismus zu verlassen zum rechtspopulismus gehört mehr, genauso wie zum verlassen der Sozialdemokratie.
Beispielsweise wäre es ein klares Verlassen der Sozialdemokratie, wenn die SPD nach der verlorenen Wahl plötzlich talking points umarmt wie "die reichen rauben uns alle aus, wir müssen #aufstehen" so wie Sarah Wagenknecht. Sowas macht man nicht als Sozialdemokrat, da redet man über soziale Gerechtigkeit aber man macht eben nicht sowas wie die Linke, indem man die Antifa indirekt unterstützt und sich aus der Nato zurückziehen will.
Natürlich wandeln sich parteipolitische positionen. die Schröder SPD war eine andere als die Brandt SPD und jetzt ist es eine wieder andere SPD. Dennoch gibt es bestimmte grundlegende Sachen, die klar sind.
So wie bei der CDU in ihrer Geschichte immer klar war, dass sie sich als Brandmauer gegen rechts sehen, weil sie zwar rechte Positionen bespielen, aber nicht mit Leuten wie der NPD, AfD oder sonstwem koalieren würden. Wenn die CDU dann damit liebäugelt, doch diese Schutzmauer aufzuweichen, dann ist das eine sehr signifikante Änderung.
Das ist mehr, als die Anpassung einer politischen Position. Das ist eine Aufgabe vom vorherigen Selbstverständnis.
@paxitoDas stimmt, Populismus und Konservativismus schließen sich nicht aus. Aber rechtspopulismus ist eine besondere Form des Populismus. Die Frage ist immer: Welche populistischen Talking points nutze ich denn? Merkel kann Populismus auch. Bei ihr heißt das dann "Sie kennen mich". Kein INhalt, nur der Fakt, dass sie doch regiert und beliebt ist. Hat super geklappt.
Ist aber auch was anderes als rechtspopulismus. Das ist konservativ: "Schau, ich hab bis jetzt gut regiert, alles ist in ordnung, lass mich bitte weiter machen". Sowas sagen erfolgreiche Konservative.
Und sowas würde ein rechtspopulist niemals sagen, selbst wenn der regiert. Der braucht, dass es äußere und innere feinde gibt, die er bekämpfen kann. Und die muss er dann zur Not erfinden. Trump ist bei seiner missglückten wiederwahl zwar mit "keep america great", aber der hat nicht gesagt, dass alles super ist. Der hat gesagt: "Wählt mich, damit ich BLM platt machen kann" und ähnliches Sachen. Der Rechtspopulist will den Menschen Angst machen, der Konservative will genau das Gegenteil.
paxito schrieb:Was du kritisierst ist doch keine Orientierung am Populismus - der ist wie gesagt erstmal völlig frei von politischer Ideologie. Sondern dass die Konservativen (wieder) nach Rechts rücken. Genauso wie Sozialdemokraten, Grünen usw. Was wir sehen ist eine komplette Verschiebung des Spektrums - nach Rechts. Getrieben von Rechtsradikalen und in der Regel populistischen Parteien oder Bewegungen.
MIr geht es nicht ums kritisieren. Es geht mir auch nicht darum, dass die Parteien nur 'nach rechts rutschen'. Mir geht es darum, dass die innersten Grundlagen des Konservativismus global fallen gelassen werden und die konservativen parteien verschwinden.
Mir persönlich ist das recht, weil ich glaube, dass das zum erstarken des Progressivismus führt auf kurz oder lang. Aber ich finde es interessant.
Das ist, als würden relativ plötzlich alle sozialdemokratischen Parteien plötzlich in den Kommunismus abdriften oder verschwinden. Das ist doch schon der Rede wert.
paxito schrieb:So "richtig" konservative Politik existiert nicht. Die orientiert sich immer am IST Zustand und an dem was sinnvoll möglich ist. Schilderst du doch selbst. Es gibt keine Position die Konservative nicht im Zweifel räumen könnten, wenn sich die Umstände ändern. Atomausstieg, Abschaffung der Wehrpflicht, Aufnahme von vielen Migranten, Mindestlohn, Ehe für alle - durchgesetzt unter Führung einer schwarzen Kanzlerin. Vor 40 Jahren wäre das ein radikal linkes Programm gewesen.
Aber der Grundsatz ist ja schon: "Ich mach das nur wenn ich muss". Das ist ein Grundsatz. Merkel ist aus Atom ausgestiegen als nach Fukushima die Wahlergbenisse der Grünen explodiert sind. Ist ja auch in Ordnung so.
Was du sagst stimmt: Wenn heute gesagt wird, man will wieder "irchtig konservative" politik machen, dann meint man eigentlich gar keine konservative Politik. Man meint damit dann eigentlich rechtspopulismus. Und genau das ist ja das itneressante: Der Impuls ist, die eigenen Werte fallen zu lassen und andere Werte zu vertreten.
So wie die Republikaner jetzt etwas ganz anderes unter trump vertreten als vorher, wie die nichtlinken wählergruppen zum RN in Frankreich wandern der etwas anderes vertritt als die Konservativen und wie auch in weniger Demonstrationsfreudigen Ländern wie Österreich Politiker wie Kurz ihre Partei langsam zur rechtspopulistischen ein-Mann partei umarbeiten.