shionoro
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Das traurige Ende des Konservativismus
19.06.2021 um 06:45Nein, das ist kein Bashing thread, denn ich freue mich nicht darüber. Aber trotzdem komme ich nicht um die Schlussfolgerung herum, dass der Konservativismus global tot ist und sich die verbleibenden konservativen Strömungen klientelisieren und radikalisieren.
Was meine ich damit? Ich meine nicht, dass sich momentan konservative Parteien in einer Schwächephase befinden. Das tun die Sozialdemokraten auch, das heißt erstmal nichts und sowas kann sich ändern. Ich meine damit, dass es den Konservativismus nicht mehr lange gibt und schon jetzt in einigen Ländern die konservativen Strömungen vollends geschluckt oder verschwunden sind und in anderen dieser Prozess eine Frage der Zeit zu sein scheint.
Konzentrieren wir uns hier mal auf den westen:
USA: Da kann man es am deutlichsten sehen. Die Konservativen haben zwei Wahlen verloren, dann haben sie einen Populisten an die Spitze gesetzt, der mit ihren eigentlichen Idealen nur noch wenig zu tun hatte. Der hat die Partei so umgekrempelt, dass er selbst nach seiner Wahlniederlage die Strömungen der Partei eigentlich in pro trump und gegen Trump unterteilt hat. Und das Pro Trump Lager hat gewonnnen. Der eigentliche Konservativismus, den noch Mc Cain, Romney oder Bush vertreten haben, der ist nicht mehr da.
Das ist auch der Große unterschied zu einer Schwächephase, den ich vorher ansprach. In den USA gibt es in der demokratischen Partei noch Zentristen, es gibt da Linke die eher Sozialdemokraten sind, es gibt da leute, die wirklich sozialistisch unterwegs sind. Die sind mal stärker mal schwächer, spielen in der Partei aber alle eine Rolle. Aber die handelsüblichen Konservativen, die vor 10 Jahren noch die Geschicke der Partei bestimmt haben, die gibt es nicht mehr. Die sind spätestens nach dem Sturm auf das Kapitol und der Republikanischen Reaktion darauf (Absetzen von McCarthy) deutlich gestorben.
Frankreich: Auch hier sieht man es deutlich. Macron ist alles andere als Konservativ, den könnte man wohl eher in Richtung FDP zählen. Und die Leute, die vor einer Weile noch Sarkozy gewählt haben, die sind jetzt bei dem RN und wählen Le Pen. Eine traditionelle Wahl zwischen Sozialdemokraten und Republikanern ist in Frankreich heute unvorstellbar. Beide sind stark abgefallen. Der Unterschied: Es gibt die Sozis noch. Die Fächern sich auf verschiedene Parteien auf, die Grünen, die roten und die Tiefroten, aber die grundsätzliche Wählerschaft und die Erzählung einer wirtschaftslinken ist in der französischen Parteienstruktur noch da und hat bei der Europawahl 2019 immerhin 25% der Stimmen bekommen. Das ist nicht toll, aber tot ist es auch noch nicht. Aber die Republikaner wurden mittlerweile, das muss man sagen, vom RN geschluckt. Und dazu hat sich nicht der Le Pen FN in Richtung Konservativ verbogen, die wollten den FN von Le Pen haben und nicht den Konservativismus, den damals noch Chiraq vertrat.
UK: Hier müsste ich doch sagen, dass die Tories erfolgreich sind, oder nicht? Nein, im Gegenteil. Hier ist die Situation ähnlich wie in den USA. Es gab mal den Konservativismus von Thatcher, später den von Cameron. Der starb mit dem Brexit Votum. Nicht, weil ein EU Austritt ihm den Todesstoß gibt, sondern weil da zu Tage trat, dass er sich nicht gegen den Rechtspopulismus in den eigenen Reihen durchsetzen kann.
Cameron verlor und musste gehen, dann kam Theresa May. Und Theresa May hatte langfristig Boris Johnson nichts entgegenzusetzen. Das war noch eine klassische Konservative und die wurde von ihrer eigenen Partei weggemobbt. Und Johnson hat dann verhältnisse geschaffen. Er richtete die Partei nach sich selbst aus, gab ihr einen Populistischen Anstrich. Der kam darüber an die Macht, dass er populistisch bei ein, zwei Streitthemen auf die Pauke gehauen hat und sonst eigentlich nicht groß irgendwelche konservativen Erzählungen verfolgt hat (Immigration und Brexit)
Es ist überall so: Entweder, eine konservative Partei wird von der rechtsextremen oder populistischen Partei geschluckt ODER sie wird selbst eine. Das ist in Italien, das ist in Österreich so, das ist fast in allen westlichen Staaten so, mit wenigen Ausnahmen. Und jetzt zum Clou: Das ist auch in Deutschland langsam so.
Deutschland ist bei dieser Entwicklung etwas hinten dran. Die Merkel CDU hat nochmal mit 42% eine Wahl gewonnen und später immerhin selbst sowas wie die Flüchtlingskrise irgendwie gemanaged, wo sich die moderaten CDU Kräfte gegen die AfD Sichtweise durchgesetzt haben (letztendlich ist Merkel nicht darüber gestolpert, letztendlich haben Politiker wie Seehofer auf ihren Kurs eingeschwenkt. Das ist das gegenstück zum Brexit, wo sich eben Populisten wie Johnson durchsetzt haben und nicht eher Moderate wie May).
ABER: Die Zeichen sind auch hier da. Da kommt nochmal ein Armin Laschet in der CDU nach vorn, da könnte die CDU vielleicht auch nochmal regieren. Aber klar wird immer mehr: Die CDU Basis will etwas anderes als die moderaten Ausgleicher haben. Die wollten Friedrich Merz haben. Die sind auch weniger an einem Wahlprogramm mit einer konservativen Welterzählung interessiert, als daran, sich über gendern lustig zu machen.
In der CDU weicht ganz offen, wenigstens im Osten, die Aversion zur AfD auf. Da sind Basispolitiker und auch ein paar in höheren Ämtern, die ernsthaft über Koalitionen und Zusammenarbeit mit der AfD nachdenken. Ja, es gibt da auch noch ein paar andere Events, wie die Wahl in Sachsen Anhalt, wo sich ein klar Konservativer deutlich gegen die AfD durchsetzen konnte. Aber diese Events, wo sich in der CDU die Moderaten durchsetzen oder sich eine moderate CDU gegen die AfD durchsetzt, scheinen mir weniger zahlreich zu werden.
Was war der erste Reflex, als es so wirkte, als würden der CDU gegen die Grünen die Felle davonschwimmen? Der erste Reflex war es, auf Armin Laschet einzuschlagen, der bestimmte schlechter als Söder und Merz ist. Also klar den Moderaten gegen den Konservativen austauschen zu wollen.
Dieser Reflex hat mit den Umfragen und Wahlerfolgen zu tun, ABER da ist noch eine andere Seite: Wenn ein moderater Konservativer verliert bzw. keine Erfolge, wird er gegen einen Populistischeren Kandidaten ausgetauscht (z.b. May und Johnson).
Aber der umgekehrte Fall ist nicht so. Der RN wurde nicht moderater, weil Le Pen hinter den Erwartungen zurückblick bei der letzten Wahl. Und in den USA haben die Republikaner sich weiter radikalisiert, nachdem Trump verloren hat.
Auch in Italien ist die Lega nicht moderater geworden oder hat Salvini rausgeworfen, nachdem sie aus der Regierungsverantwortung flog.
Diese Entwicklung ist in Deutschland langsamer als anderswo, aber genauso zu beobachten. Und langfristig führt das, wie in den USA zu sehen, in einen Populismus, der nichts mehr mit Konservativismus zu tun hat und gar keine eigenen INhalte mehr setzt, sondern sich darüber definiert, dass man behauptet, die einzig verbliebene vernünftige Partei zu sein und sich auf attacken gegen den politischen Gegner beschränkt.
Und diese Entwicklung ist speziell den Konservativen zuzuordnen. Denn die liberalen, die sozialdemokraten, die grünen, die sozialisten, die machen das nicht so in ihren Schwächephasen. Selbst im jetzigen traurigen Zustand der SPD stellen die Olaf Scholz auf. Die Grünen haben nach ihrer 8% Klatsche die Realos Habeck und Baerbock hingestellt, die FDP einen Lindner und die Linke eine (für die Verhältnisse der Partei) eine moderate wie Hennig Wellsow und nicht die deutlich sozialistischere Wagenknecht. Das ist auch in anderen Ländern zu sehen.
Nein, es sind die Konservativen, die zu Gunsten immer radikalerer, populistischerer Politiker und Bewegungen sterben, sowohl innerhalb der Parteien als auch im Parteigefüge insgesamt.
Was meine ich damit? Ich meine nicht, dass sich momentan konservative Parteien in einer Schwächephase befinden. Das tun die Sozialdemokraten auch, das heißt erstmal nichts und sowas kann sich ändern. Ich meine damit, dass es den Konservativismus nicht mehr lange gibt und schon jetzt in einigen Ländern die konservativen Strömungen vollends geschluckt oder verschwunden sind und in anderen dieser Prozess eine Frage der Zeit zu sein scheint.
Konzentrieren wir uns hier mal auf den westen:
USA: Da kann man es am deutlichsten sehen. Die Konservativen haben zwei Wahlen verloren, dann haben sie einen Populisten an die Spitze gesetzt, der mit ihren eigentlichen Idealen nur noch wenig zu tun hatte. Der hat die Partei so umgekrempelt, dass er selbst nach seiner Wahlniederlage die Strömungen der Partei eigentlich in pro trump und gegen Trump unterteilt hat. Und das Pro Trump Lager hat gewonnnen. Der eigentliche Konservativismus, den noch Mc Cain, Romney oder Bush vertreten haben, der ist nicht mehr da.
Das ist auch der Große unterschied zu einer Schwächephase, den ich vorher ansprach. In den USA gibt es in der demokratischen Partei noch Zentristen, es gibt da Linke die eher Sozialdemokraten sind, es gibt da leute, die wirklich sozialistisch unterwegs sind. Die sind mal stärker mal schwächer, spielen in der Partei aber alle eine Rolle. Aber die handelsüblichen Konservativen, die vor 10 Jahren noch die Geschicke der Partei bestimmt haben, die gibt es nicht mehr. Die sind spätestens nach dem Sturm auf das Kapitol und der Republikanischen Reaktion darauf (Absetzen von McCarthy) deutlich gestorben.
Frankreich: Auch hier sieht man es deutlich. Macron ist alles andere als Konservativ, den könnte man wohl eher in Richtung FDP zählen. Und die Leute, die vor einer Weile noch Sarkozy gewählt haben, die sind jetzt bei dem RN und wählen Le Pen. Eine traditionelle Wahl zwischen Sozialdemokraten und Republikanern ist in Frankreich heute unvorstellbar. Beide sind stark abgefallen. Der Unterschied: Es gibt die Sozis noch. Die Fächern sich auf verschiedene Parteien auf, die Grünen, die roten und die Tiefroten, aber die grundsätzliche Wählerschaft und die Erzählung einer wirtschaftslinken ist in der französischen Parteienstruktur noch da und hat bei der Europawahl 2019 immerhin 25% der Stimmen bekommen. Das ist nicht toll, aber tot ist es auch noch nicht. Aber die Republikaner wurden mittlerweile, das muss man sagen, vom RN geschluckt. Und dazu hat sich nicht der Le Pen FN in Richtung Konservativ verbogen, die wollten den FN von Le Pen haben und nicht den Konservativismus, den damals noch Chiraq vertrat.
UK: Hier müsste ich doch sagen, dass die Tories erfolgreich sind, oder nicht? Nein, im Gegenteil. Hier ist die Situation ähnlich wie in den USA. Es gab mal den Konservativismus von Thatcher, später den von Cameron. Der starb mit dem Brexit Votum. Nicht, weil ein EU Austritt ihm den Todesstoß gibt, sondern weil da zu Tage trat, dass er sich nicht gegen den Rechtspopulismus in den eigenen Reihen durchsetzen kann.
Cameron verlor und musste gehen, dann kam Theresa May. Und Theresa May hatte langfristig Boris Johnson nichts entgegenzusetzen. Das war noch eine klassische Konservative und die wurde von ihrer eigenen Partei weggemobbt. Und Johnson hat dann verhältnisse geschaffen. Er richtete die Partei nach sich selbst aus, gab ihr einen Populistischen Anstrich. Der kam darüber an die Macht, dass er populistisch bei ein, zwei Streitthemen auf die Pauke gehauen hat und sonst eigentlich nicht groß irgendwelche konservativen Erzählungen verfolgt hat (Immigration und Brexit)
Es ist überall so: Entweder, eine konservative Partei wird von der rechtsextremen oder populistischen Partei geschluckt ODER sie wird selbst eine. Das ist in Italien, das ist in Österreich so, das ist fast in allen westlichen Staaten so, mit wenigen Ausnahmen. Und jetzt zum Clou: Das ist auch in Deutschland langsam so.
Deutschland ist bei dieser Entwicklung etwas hinten dran. Die Merkel CDU hat nochmal mit 42% eine Wahl gewonnen und später immerhin selbst sowas wie die Flüchtlingskrise irgendwie gemanaged, wo sich die moderaten CDU Kräfte gegen die AfD Sichtweise durchgesetzt haben (letztendlich ist Merkel nicht darüber gestolpert, letztendlich haben Politiker wie Seehofer auf ihren Kurs eingeschwenkt. Das ist das gegenstück zum Brexit, wo sich eben Populisten wie Johnson durchsetzt haben und nicht eher Moderate wie May).
ABER: Die Zeichen sind auch hier da. Da kommt nochmal ein Armin Laschet in der CDU nach vorn, da könnte die CDU vielleicht auch nochmal regieren. Aber klar wird immer mehr: Die CDU Basis will etwas anderes als die moderaten Ausgleicher haben. Die wollten Friedrich Merz haben. Die sind auch weniger an einem Wahlprogramm mit einer konservativen Welterzählung interessiert, als daran, sich über gendern lustig zu machen.
In der CDU weicht ganz offen, wenigstens im Osten, die Aversion zur AfD auf. Da sind Basispolitiker und auch ein paar in höheren Ämtern, die ernsthaft über Koalitionen und Zusammenarbeit mit der AfD nachdenken. Ja, es gibt da auch noch ein paar andere Events, wie die Wahl in Sachsen Anhalt, wo sich ein klar Konservativer deutlich gegen die AfD durchsetzen konnte. Aber diese Events, wo sich in der CDU die Moderaten durchsetzen oder sich eine moderate CDU gegen die AfD durchsetzt, scheinen mir weniger zahlreich zu werden.
Was war der erste Reflex, als es so wirkte, als würden der CDU gegen die Grünen die Felle davonschwimmen? Der erste Reflex war es, auf Armin Laschet einzuschlagen, der bestimmte schlechter als Söder und Merz ist. Also klar den Moderaten gegen den Konservativen austauschen zu wollen.
Dieser Reflex hat mit den Umfragen und Wahlerfolgen zu tun, ABER da ist noch eine andere Seite: Wenn ein moderater Konservativer verliert bzw. keine Erfolge, wird er gegen einen Populistischeren Kandidaten ausgetauscht (z.b. May und Johnson).
Aber der umgekehrte Fall ist nicht so. Der RN wurde nicht moderater, weil Le Pen hinter den Erwartungen zurückblick bei der letzten Wahl. Und in den USA haben die Republikaner sich weiter radikalisiert, nachdem Trump verloren hat.
Auch in Italien ist die Lega nicht moderater geworden oder hat Salvini rausgeworfen, nachdem sie aus der Regierungsverantwortung flog.
Diese Entwicklung ist in Deutschland langsamer als anderswo, aber genauso zu beobachten. Und langfristig führt das, wie in den USA zu sehen, in einen Populismus, der nichts mehr mit Konservativismus zu tun hat und gar keine eigenen INhalte mehr setzt, sondern sich darüber definiert, dass man behauptet, die einzig verbliebene vernünftige Partei zu sein und sich auf attacken gegen den politischen Gegner beschränkt.
Und diese Entwicklung ist speziell den Konservativen zuzuordnen. Denn die liberalen, die sozialdemokraten, die grünen, die sozialisten, die machen das nicht so in ihren Schwächephasen. Selbst im jetzigen traurigen Zustand der SPD stellen die Olaf Scholz auf. Die Grünen haben nach ihrer 8% Klatsche die Realos Habeck und Baerbock hingestellt, die FDP einen Lindner und die Linke eine (für die Verhältnisse der Partei) eine moderate wie Hennig Wellsow und nicht die deutlich sozialistischere Wagenknecht. Das ist auch in anderen Ländern zu sehen.
Nein, es sind die Konservativen, die zu Gunsten immer radikalerer, populistischerer Politiker und Bewegungen sterben, sowohl innerhalb der Parteien als auch im Parteigefüge insgesamt.