shionoro schrieb:Der Konservativismus unter Adenauer, Merkel und Kohl hatte sehr wohl etwas miteinander zu tun. Das waren keine völlig verschiedenen Dinge.
Sicher, in der grundlegenden konservativen Haltung, Erzählung. Aber hätte Adenauer mit der SPD koaliert? Die Wehrpflicht abgeschafft? Atomkraft abgeschafft? Gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt? Einen Mindestlohn eingeführt?
Wohl eher nicht, eher hätte das aufs Schärfste bekämpft - in seiner Zeit, versteht sich. Für Kohl gilt das Gleiche mit Abstrichen. Jenseits der konservativen Erzählung, hat die reale Politik von Adenauer und Merkel tatsächlich sehr, sehr wenig miteinander zu tun. Gemeinsamkeiten muss man schon arg konstruieren.
shionoro schrieb:Gerade unter Kohl und Merkel ging es immer darum, dass eigentlich alles gut ist, alles in die richtige Richtung läuft, solange man die Konservativen einfach regieren lässt und sich gegen linke experimente wehrt.
Dieses Momentum - das Verhindern von Änderungen (gern als Experiment, Angriff, Übergriff oder ähnliches bezeichnet) ist Teil der konservativen Erzählung. Es ist keine Politik, es ist das einigende Momentum zwischen Konservativen. Du findest eine Variante der roten Socken Kampagne bereits in den 50iger Jahren, du findest sie heute wieder. Die Änderungsvorstellungen der Gegenseite werden als Änderungen zum Schlechteren verkauft (es sei mal dahingestellt ob die Konservativen damit Recht haben oder hatten, als Linker sehe ich das naturgemäß etwas anders). Änderungen werden erst dann durchgesetzt, wenn diese von einer breiten Mehrheit in der Bevölkerung erwartet werden.
shionoro schrieb:Das ist nicht das, wofür Maaßen steht. Maaßen denkt, es gibt sozialdemokratische (globalistische) verschwörungen in diesem Land. Damit ist er eher bei der AfD, die auch überall verschwörungen wittern.
Diese "linke Verschwörungen bedrohen uns" Geschichten kannst du auch schon lange vorher finden. Das ist nix genuin "unkonservatives" oder "populistisches". Im Gegenteil, gerade die CSU - die auch gern als erzkonservativ beschrieben wird, also als konservativer als ihre Schwesterpartei CDU - hatte immer wieder populistische Spitzenpolitiker und Positionen. Populismus kann auch im konservativen Gewand einherkommen, Söder ist dafür ein aktuelles Paradebeispiel. Aber auch Johnson würde ich genau da einsortieren.
shionoro schrieb:Es kommt da nicht auf eine person an (ich bin sicher, auch früher haben konservative solches dummes zeug geredet), aber auf die anzahl und die unterstützung solcher sichtweisen.
Nein auch darauf kommt es nicht an, sondern worauf so eine Erzählung abzielt. Muss ein Status Quo verteidigt werden? (Konservativ) Oder überwunden? (Progressiv) Oder wiederhergestellt? (Reaktionär)
shionoro schrieb:SOWAS machen Konservative nicht, selbst wenn sie gegen Linke unken und sonstwas.
Na dann schau dir mal die alten Bundestagsdebatten an, dieser Kuschelkurs mit den Linken ist noch ne ziemlich neue Nummer. Konservative zeichnen sich auch nicht durch eine Rücksichtnahme gegenüber ihrer politischen Gegner aus, weder in Wortwahl noch Haltung.
Der Rechtspopulismus der AfD zeichnet sich schlicht durch ein absolut reaktionäres Momentum aus, das ist der entscheidende Unterschied zum Konservatismus, das dort ein "zurück zu" propagiert wird, ihnen der heutige Staat so wie er ist, an vielen Stellen zu weit geht, zu modern ist. Damit wollen sie den Status Quo verändern, genau das ist der Unterschied. Das sie dabei teilweise zurück zu ehemals konservativen Positionen wollen, ist eher nebensächlich. Auch das sie populistische sind ist nebensächlich.
Es wird aber immer Kräfte geben, die einen Status Quo erhalten wollen - und das werden verständlicher Weise mehr sein, wenn die meisten Leute mit genau diesem Status völlig zu Frieden sind. Wen die dann wählen ist völlig Schnuppe, eine Partei die genau das verspricht und einhält ist dann eben konservativ.