sacredheart schrieb:Es stimmt einfach nicht, dass Sanktionen nicht weiterführen. Kein Täter, der den Rest seines Lebens im Knast verbracht hat, hat je wieder eine Straftat außerhalb einer Haftanstalt verübt. Das ist erst mal ein Wert an sich.
Ich seh das so.
Wir haben eine gewisse Anzahl an gewalttaten in diesem Land, und unser Ziel ist, möglichst viele zu verhindern.
Es gibt verschiedene methoden, die alle verschiedene wirkungsgrade haben. Nehmen wir mal an, wir haben heute 50% potentieller Gewalttaten, die wir verhindern und 50% bleiben noch übrig, die wirklich passieren.
Der Wirkungsgrad von Sanktionen ist es den genannten gründen recht klein. Selbst, wenn wir jeden einzelnen Täter bestimmter verbrechen sofort lebenslang wegsperren würden, könnten wir eine bestimmte Grenze, die nichtmal so schrecklich hoch ist, nicht überschreiten. Dann hätten wir halt 60% der Taten verhindert statt 50%, aber auch von vielen tätern, die grundsätzlich resozialisierbar gewesen wären, die leben zerstört und unser Grundgesetz ausgehöhlt. Und das nur für diese Maximal 10%, die man da rauskitzeln kann.
Ich will aber nicht 10%. Ich will die restlichen 50%. Und dazu brauchen wir Methoden, die die chance haben, wirklich in der Breite zu wirken.
Außerdem muss man, um zum nächsten punkt zu kommen, noch eines ganz klar sagen: Wir vergessen immer die Angstmacher und die Gewalt, die sich nicht strafrechtlich niederschlägt.
Es gibt nicht viele Totschläge in Deutschland, nichtmal viele gefährliche körperverletzungen. Trotzdem haben viele Menschen nachts (oder auch tagsüber) angst auf der straße. Das würde sich nicht ändern, selbst wenn wir unsere Totschlagsquote halbieren, weil die leute, die da Angst machen, meist gar keine verbrechen begehen. Männer, die Frauen irgendwas besoffen hinterherschreien. Verwirrte Drogensüchtige in der Ubahn. Menschen, die sofort anfangen einen anzuschreien, bei der kleinsten Meinungsverschiedenheit. Generell verwahrloste Innenstädte mit den entsprechenden Bewohnern.
Da kann ich ebenfalls mit Strafen gar nicht rankommen, weil das nicht verboten ist, aber es ist ein großer Teil der Angstmache in unserer Gesellschaft, wohl größer, als die reale Chance, Opfer eines Totschlags zu werden. Straftaten die angezeigt werden sind die spitze des eisberges der straftaten. Straftaten an sich sind aber schon die Spitze des Eisberges der Gewalt und Angst in unserem Land. Darum:
sacredheart schrieb:Na ja, das Wort Mobbing wird heute ähnlich oft verwendet wie das Wort Wetter und die Idee, dass sich jemand gemobbt fühlt, sagt ja noch lange nichts aus.
Die Zahl an Zwangseinweisungen korreliert unter anderem mit der Lebenserwartung, weil die bei dementen alten Menschen deutlich zunimmt. Insofern ist Zwangseinweisung auch ein Index für eine hohe Lebenserwartung, die ja erst mal nicht verwerflich ist.
Das kann man ja ausbügeln und intensitäten bzw. differenzierungen treffen. Wichtig ist mir nur, dass man da ein umfassendes, vergleichbares bild bekommt. Ich hab eben Singapur angeführt. Ich würde da nicht leben wollen und mich auch nicht sicherer fühlen, weil dort natürlich viel von der gewalt im hintergrund passiert oder vom staat ausgeführt.
https://www.straitstimes.com/singapore/education/republic-has-third-highest-rate-of-bullying-globallySingapur hat z.b. eines der schlimmsten Mobbingprobleme weltweit, was aber natürlich nicht in statistiken einfließt. Darum stünde das in meinem index nicht so gut da, wie, wenn wir nur straftaten vergleichen. Aber sowas ist natürlich wichtig, weil es uns nichts bringt, zwar nominell wenig straftaten zu haben,a ber eine gesellschaft, in der die Menschen viel gewalt ausgesetzt sind.