Wie definiert man "für ein Land sterben" genau? Ich finde die Formulierung an sich etwas unglücklich und würde das zumindest umformulieren. Ich weiß zwar was gemeint ist, finde aber "für ein Land..." zu abstrakt. Was mache ich schon "für ein Land"?
Eher würde ich von Mitmenschen sprechen. Klingt besser und direkter. Die profitieren ja davon am ehesten. Ohne Menschen ist ein Land doch auch nur ein Areal ohne tieferen Sinn oder zivilisatorische bzw. kulturelle Definitionen.
Nun, gewisse, spezifische Berufe beinhalten wohl dieses Risiko.
Ich habe grundsätzlich derzeit eine akzeptable Einstellung dazu und würde es selbst auf abstraktem Niveau, da ich mich für die Reserve interessiere, was diesen Umstand ja abstrakt beinhaltet. Aber eigentlich ist das fast "lustig", denn wenn hier in den nächsten Jahrzehnten kein grosser Krieg ausbricht oder zumindest einer der DE bedroht und mich in so ein Konfliktszenario werfen würde, so wäre wohl die Chance weitaus höher an anderen Dingen zu sterben. An alltäglichen Dingen. Vermutlich verende ich eher am Krebs oder einem Unfall bzw. hohem Alter und Verschleiß, als dass ich in einem Konfliktszenario bei der Landesverteidigung sterbe. Da ich kein Vollzeitsoldat werden möchte weil ich im jetzigen Beruf im öD zufrieden bin und Reservisten meines Wissens nach bis auf wenige Ausnahmen rein im Inland eingesetzt werden, wäre das wohl das einzige Szenario mit der Landesverteidigung oder Katastrophenhilfe, das mich betreffen würde. Vielleicht wird es mal auf Terror ausgeweitet. Keine Ahnung.
Ich gehe natürlich auch nicht hin um auf diesen Tag mit vollstem Eifer zu warten, so nach dem Motto "Jetzt ist es soweit, ich kann für mein Land sterben!". Das ist natürlich Humbug. Um mal ein Zitat reinzuwerfen, sinngemäß:
Es geht nicht darum für sein Land zu sterben, sondern den Feind für seines sterben zu lassen.
Das ist nicht verherrlichend gemeint sondern soll abstrakt aufzeigen: Wer will schon sterben? Ich meine selbst wenn man zuvor von manchen Dingen eine "romantisierte Vorstellung" hat. Aber ich denke es geht einfach um eine Grundakzeptanz oder sagen wir Berufsrisikos.
Der Schutzpolizist oder Feuerwehrmann der jeden Tag raus- bzw. rumfährt und auf Fälle reagiert ist auch erhöhten Gefahren ausgesetzt. Wieso haben Leute den Beruf ergriffen oder üben ihn kontinuierlich aus? Weil es sie irgendwo reizt, sie sich damit identifizieren können, etc. pp. So sehe ich das ungefähr auch, in meinem Fall bei der Reserve. Ich würde mich zwar politisch im Kern eher als konservativ-denkenden Menschen bezeichnen aber das ist eine Schublade oder ein Label. In anderen Aspekten ticke ich liberaler. Ich bin patriotisch angehaucht aber niemand der meint er müsse täglich so wie "Vater unser" dann eben "Vaterland unser" runterbeten. Und doch würde ich jetzt sagen, abstrakt wäre ich im Fall der Fälle gewillt meinen Beitrag zu leisten wenn es mal je dazu kommen sollte.
Und das würde eben bedeuten "für das (Vater-)Land" zu sterben. Oder genauer für seine Mitmenschen ein hohes Opfer zu tragen (klingt irgendwie viel besser, als "Für das Vaterland sterben", oder?)
Manche mögen hier vordergründig einen frenetischen patriotischen Eifer haben, andere weniger. Andere interessiert eher die Tätigkeit im praktischen Sinne (ob es nun der Feuerwehrmann, Polizist, Soldat, etc pp) ist statt das soziale Standing dahinter, andere sind voll auf "Ich fürs Vaterland"-Schiene, andere wie ich sind irgendwo dazwischen. Unterschiedliche Menschen treiben unterschiedliche Dinge an, bei mir ist es irgendwo Arbeit für eine Allgemeinheit oder Allgemeinwohl, auch im indirekten abstrakten Sinne. Ich habe wiederkehrend im Job mit vielen ex-Soldaten und Polizisten zutun. Ich denke da würde niemand wie ein religiöser Eiferer aufspringen und bei der Frage nach der Berufswahl sagen "Damit ich für mein Land (oder die Leute) sterben kann!", quasi im O-Ton. Das müsste mir erst noch unterkommen. Die meisten haben sich für gewisse Berufe entschieden, weil sie die Arbeit interessiert oder sie eben Tätigkeiten im Dienst der Allgemeinheit verrichten wollen - auch wenn Tod und Verwundung dazugehören können.
Ich denke das ist auch vollkommen ok. Das ist im weiteren Sinne ein solidarischer Aspekt in der Gesellschaft, dass andere bereit sind sich für andere einzusetzen.
Aber gehen wir zurück zum OP und den dort gestellten Fragen. Ich habe zwar die Thematik etwas weiter gefasst aber der OP (Original Poster, Ursprungsposter, bzw. Threadersteller) hat ja ganz bestimmte Szenarios wie Krieg in den Raum geworfen.
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_Canavar_ schrieb am 28.01.2020:Wärt ihr bereit für euer Land zu sterben wenn Krieg oder ähnliches stattfindet? Oder seid ihr der Meinung das Leben sei zu wertvoll um es für ein Land zu opfern?
Mit obigem im Sinn: Ja und nein. Kommt halt drauf an.
Wenn ich mich am Ende tatsächlich als Reservist melde und das Land mal bedroht wird, im Krieg, so werde ich ranmüssen. Die Grundakzeptanz in so was umzukommen besteht bei mir derzeit, ob sich das verstärkt oder abnimmt kann ich natürlich nicht sagen weil ich die Zukunft nicht voraussehen kann. Das Risiko ist mir derzeit bewusst, weil ich so was wie ein aktiver Kombatant in diesem Konflikt wäre wo man es als Zivilist "leichter" hätte und hoffentlich nicht von feindlichen Truppen beschossen wird.
Andererseits schrieb ich weiter oben: Wer will schon sterben, zumindest dann wenn es aussichtslos erscheint? Ein Leben mit Jahrzehnten an Erfahrungen und sozialen Verbindungen kann durch das betätigen eines Abzuges binnen weniger Momente ausgelöscht werden, oder nachhaltig beeinflusst wenn es nicht tödlich aber mit Verwundung endet.
Wenn das halbe oder fast das gesamte Land in Trümmern liegt, ich irgendwie noch übrig sein sollte und man mich mit wenigen übriggebliebenen Soldaten oder auch alleine einkesselt, ich entweder nur im aussichtslosen Kampf sterben oder flüchten bzw. mich ergeben kann, so wäge ich ab und würde vermutlich eher letztere Optionen wählen. Das wird dann ein schlichtes Risikospiel bzw. Fragekomplex. Wenn man eh schon verloren hat, ändert ein Tod mehr auch nichts am Gesamtkonflikt. Also wird es eine individuelle Frage, situationsabhängig. Wenn kämpfen definitiv Tod bedeutet kann Fluchtversuch/Gefangennahme nicht viel schlimmer enden.
Die Frage, ob man für so was bereit wäre, ist meines Erachtens also dynamisch und situationsabhängig. Kann sich auch ändern. Ich bin zwar gewillt das Risiko derzeit einzugehen, aber wenn ich ehrlich bin hoffe ich natürlich auch, dass so ein Fall nie eintreten wird. Vielleicht paradox, aber die friedliche Gesellschaft die nicht Kriegsleiden erfahren muss wünsche ich mir dann doch eher, als mich irgendwann mal "erproben" zu können. Da trainiere ich dann lieber für Dinge die hoffentlich nie (zu Lebzeiten) kommen mögen.