Detok schrieb:Ist doch ein wenig hart ausgedrückt. Trump macht sicher eher konservative als liberale Politik, und dass er anti demokratisch ist, sehe ich persönlich nicht.
Trump macht neoliberale Politik.
Deregulierung, Privatisierung, Steuersenkungen für Konzerne und Reiche.
Anti-Demokratisch ist er sehr wohl.
1. Ständige Angriffe auf die Presse
2. Darstellung von Protestanten als Kriminelle und gewaltsames Vorgehen gegen sie
3. Zerstörung demokratischer institutioneller Fundamente wie Gewaltenteilung
4. Aktive Versuche Bürger am Wählen zu hindern (haltlose Attacken gegen Briefwahl während einer Pandemie)
5. Kriminelle Aktivitäten im Zusammenhang mit russischen Geheimdienst Operationen mit dem Ziel Trump ins Amt zu bringen bzw. im Amt zu halten
Wenn du das nicht erkennst kann man dir nicht mehr helfen.
Detok schrieb:Das Beispiel stimmt natürlich, daraus kannst du aber nicht allgemeine republikanische Wähler ableiten. Verallgmeinen bringt uns hier nicht weiter.
Republikanische Politik war seit Ronald Reagan ausschließlich neoliberal.
Reagan hatte seinen Beraterstab rund um Milton Friedman und die haben ihre Neoliberale Agenda durchgesetzt:
Deregulierung, Privatisierung, Steuersenkungen für Konzerne und Reiche.
Die Konsequenz?
Reallöhne und Wirtschaftswachstum entkoppelten sich.
Also, die Produktivität pro Kopf stieg, es wurde immer mehr Wert generiert, aber dieser Werte wurde nicht an die Arbeiter weitergegeben sondern blieben bei den Besitzern Wertschöpfungsketten gehören. (Also Milliardäre)
Hier sieht man die selben Graphen zwischen 1947 und 2017, da erkennt man deutlich wie Reagans eingreifen diese Entkoppelung verursacht hat:
https://www.brookings.edu/wp-content/uploads/2017/09/thp_20170926_thirteen_facts_wage_growth_figb.jpgVor Reagan hat die Bevölkerung von Wirtschaftswachstum profitiert. Danach nicht mehr.
Demokraten machten ab Bill Clinton auch Neoliberale Politik.
Es gibt also jetzt zwei neoliberale Parteien in den USA.
Die Demokraten sind nicht ganz so extrem wie die Republikaner und verteilen weniger stark von unten nach oben um, während Republikaner stets die Staatsverschuldung hochtrieben um Konzernen und Reichen noch mehr Geld zuzuscheffeln.
Aber im Kern sind beide neoliberal.
Konservativismus beschränkt sich vor allem auf das emotionalisieren von Debatten und das Schaffen und Ausnutzen von Feindbildern.
Das was die Republikaner "konservativ" nennen ist die Ablehnung der LGBTQ-Community und das verwehren ihrer Rechte, Polemisierung in der Abtreibungsdebatte und fadenscheinige Religiöse Bekenntnisse, die nichts weiter als ein populistische Mittel sind. (Siehe: Trump. Der hat keine Ahnung von Religion aber er weiß, dass die Evangelikalen eine wichtige Wähler Gruppe sind und ihm wurde gesagt was die hören wollen.)
Das hat rein gar nichts mit konservativer Politik zu tun.
Genauso wenig deutet es darauf hin, dass die Wähler konservative Überzeugungen haben die sie vertreten sehen wollen.
Es geht hier einfach nur darum, dass die weiße, christliche Unter- und Mittelschicht jemanden hat dem sie die Schuld an allem zuschieben kann und da bieten sich vor allem Minderheiten an.
Populistische, machtgierige Politik nutzt das natürlich aus und bedient existierende Vorurteile.
Das Ausnutzen dieser Ressentiments ist sicherlich nicht "konservativ".
Detok schrieb:Hier kann ich dir nicht gross widersprechen, die Republikaner sind schon ein wenig in der Sackgasse. Die Demokraten sind mit der momentanen demographischen Lage, eher im Vorteil. Argumentativ sehe ich sie aber nicht zwingend im Vorteil, ich sehe da halt viel Doppelmoral. Aber mal sehen, ich sehe das Ding momentan auf Messers Schneide.
Naja, also die Republikaner sind im Grunde nur eine Lobbygruppe für Konzerne und Milliardäre die mit populistischen Phrasen versuchen genug Stimmen der weißen Bevölkerung einzufangen um die Interessen einer kleinen Elite damit durchzusetzen zu können.
Die Demokraten haben sich mit dieser Elite auch arrangiert, allerdings gibt es bei den Demokraten vielversprechende Bewegungen.
Bernie Sanders, Alexandria Ocasio-Cortez, Ilhan Omar, Ayanna Presley, Rashida Tlaib (the Squad, wie Trump sie nennt) repräsentieren eine Strömung die neoliberale Politik grundsätzlich ablehnt und eher sozialdemokratische Ansätze vertritt.
Detok schrieb:Was hat Trump den in 4 Jahren so zerstört, was vorher noch kompakt war?
Die Rolle der USA in der Welt.
Seit dem 2. Weltkrieg haben die USA versucht liberal-demokratische Bündnisse zu formen und eine internationale institutionelle Ordnung aufzubauen mit der Demokratie und Menschenrechten in der Welt unterstützt werden.
Dieses Ideal began schon mit Vietnam und Pinochet in Chile(übrigens auch installiert von Milton Friedmann und seinen Boys) zu bröckeln aber Trump hat es nun endgültig zerstört.
Trump hat die Arbeit der letzten 80 Jahre komplett zu Nichte gemacht und die internationalen Institutionen die die USA aufgebaut hatten werden jetzt von China und Russland genutzt als Werkzeug mit dem sie ihre Interessen in der Welt vertreten.
Gleichzeitig greift Trump permanent Verbündete wie die EU an, während er in den Beziehungen mit Diktatoren wie ein braves Schoßhündchen auftritt.
Innenpolitisch hat er gefährliche Präzedenzen für kriminelles Verhalten geliefert, die Gewaltenteilung untergraben und die institutionelle Funktionsweise des Landes beschädigt in dem er Behörden entweder unbesetzt lässt oder mit "Partisans" füllt, die nicht daran interessiert sind ihre institutionelle Arbeit zu verrichten sondern dem Präsidenten zuarbeiten.
Das ist typisches Vorgehen angehender Diktatoren. Die institutionelle Ordnung der Weimarer Republik wurde genauso attackiert und ausser Kraft gesetzt.
frauZimt schrieb:Ich glaube, dass sehr viele die Demokratie in den USA nicht in Gefahr sehen. Zu haben Angst vor Zuwanderung, sehnen sich nach "der guten alten Zeit". Von Trump versprechen sie sich, dass er die Wirtschaft wieder zum Laufen bringt.
Ich weigere mich das als legitime Wählermotivation anzusehen. Das ist einfach nur die Konsequenz von Propaganda und Gehirnwäsche.
Es ist die typische Entwicklung hin zum Faschismus.
Probleme werden ausgenutzt.
In Deutschland damals war es die Zeit nach dem 1. WK in der es in Deutschland wirtschaftlich sehr schlecht lief, dieser Unmut wurde von Demagogen genutzt um spaltende Narrative zu spinnen, die Spaltung wurde immer tiefer bis letztendlich existentielle Feinde proklamiert wurde die Mittel wie gewaltsames und verfassungswidrige Vorgehen gegen sie rechtfertigten. Erst Kommunisten, dann Juden, dann Sozialdemokraten...
In den USA sehen wir genau die selbe Entwicklung. Die miserable Ausgangsposition ist nicht Konsequenz eines Krieges, sondern Konsequenz neoliberaler Politik die zu stagnierenden und sinkenden Lebensstandards für die Mehrheit der Amerikaner geführt hat.
Anstatt dieses Problem anzugehen werden die Leute aber mit Feindbildern versorgt. Erst Muslime, dann Immigranten, dann Linke, dann Liberale...
Ich hoffe, dass es in den USA noch nicht zu spät ist, aber es gibt wenig was mir Anlass zu Hoffnung gibt.
Es ist ja nicht so als wäre Biden die Lösung für all diese Probleme. Selbst wenn er gewinnt im November gibt es da riesigen Spielraum für Faschisten sich neu zu Ordnen und mit einem deutlich kompetenteren Kandidaten als Trump in 2024 an den Start zu gehen oder bereits vor der 2024 Wahl Bürgerkrieg-ähnliche Zustände zu provozieren.