Tussinelda schrieb:es gibt doch legal insurance in den USA? Auch wenn diese nicht exakt vergleichbar ist.
In den USA ist aber das ganze System ein anderes, weshalb es generell nicht mit Deutschland zuvergleichen ist.
Die sehr seltene legal insurance ist so limitiert, dass sie gar nicht mit einer deutschen Rechtschutzversicherung vergleichbar ist.
Optimist schrieb:Nein, mir gehts eher um das Doppel-Gemoppel für den Schadensverursacher (er hat den Nachteil wegen Bußgeld und dann evtl. auch noch wegen einer Klage) - wie gesagt, Zivielklage würde ich als ausreichend ansehen - so ähnlich wie es in den USA gehandhabt wird.
Na ja, nehmen wir mal diesen typischen Fall:
Ein Autofahrer übersieht eine rote Ampel, weil er gerade am Handy textet und fährt einen Fussgänger um.
Nur-Bussgeld-Lösung: Ist fundamental unfair, da ein Bussgeld wohl nicht in der tatsächlichen Schadenshöhe wäre.
Nur-Schadenersatz-Lösung: Das kann man machen, wie gesagt, in den USA z.B. ist das weit verbreitet in so einem Fall.
Beides (deutsche Lösung): Es widerspricht aber auch nicht der Fairness, dass der Staat die offenkundige Gesetzesübertretung mit einem Bussgeld ahndet. Schadenersatz ist keine Strafe, und im idealen Fall für den Verursacher, kommt seine Versicherung dafür auf. Dann ist da keinerlei Erziehungseffekt dabei. Das Bussgeld soll dagegen wehtun und diesen Effekt haben.
Man kann das ja mal ganz einfach auf eine andere Ebene setzen, dann sieht man den Effekt deutlicher: Mann vergewaltigt Mädel und verletzt sie dabei schwer.
Mädel liegt im Krankenhaus, hat Schmerzen, ein psychisches Trauma, Verdienstausfall usw.
So:
Nur-Schadenersatz-Lösung: Mann bezahlt die Behandlung, den Verdienstausfall, das Schmerzensgeld und geht fröhlich seiner Wege.
Nur-Straf-Lösung: Mann geht ein paar Jahre ins Gefängnis und Mädel bleibt neben dem psychischen Trauma und den Schmerzen auch noch auf den Kosten sitzen.
Beides: die vermutlich angemessene Lösung.
Aber wie hier deutlich wird: es handelt sich um zwei ganz verschiedene Dinge: Mit dem Strafrecht und dem Ordnungswidrigkeitsrecht bestraft die Gesellschaft einen Regelverstoss. Mit dem Schadenersatzrecht wird der Schaden des Opfers wieder gut gemacht.
Ich weiss nun echt nicht mehr, warum das so ein Problem ist. Auf der Ebene gibt es das übrigens in den USA genauso wie in Deutschland und den meisten Ländern der Welt.
Optimist schrieb:Magst du darauf nicht antworten?:
Optimist schrieb:
wie siehst du das mit der Helm- und Gurtpflicht?
Helm und Gurtpflicht. Ein interessantes Beispiel. In dem amerikanischen Bundesstaat in dem ich lebe, gibt es eine Gurtpflicht aber keine Helmpflicht.
Rechtstheoretisch gesehen ist das unlogisch (die Gründe sind hier eher politisch).
Es stehen bei diesem Thema zwei Meinungen gegenüber: die einen sagen, dies ist eine Angelegenheit, in die sich der Staat, die Gesellschaft nicht einmischen soll, da nur der eigentliche Verursacher selbst, also der, der gegen die Pflicht verstösst, Schaden erleiden kann.
Die andere aber sagt, das stimmt nicht! Der Schaden in diesen Fällen ist regelmässig so hoch, dass am Ende doch die Gesellschaft einen grossen Teil davon tragen muss. Die Behandlungskosten eines Unfallopfers, welches nicht angeschnallt war, oder keinen Helm trug, sind erfahrungsgemäss oft weit höher, als wenn im gleichen Unfall das Opfer angeschnallt oder behelmt gewesen wäre. Und da generell Behandlungskosten in solchen Fällen in der Regel vom Opfer nicht allein getragen werden können, zahlt am Ende die Gesellschaft oder mindestens die Gemeinschaft aller Versicherten mit. Das ist der gegenüber unfair, und daher greift der Staat hier lenkend ein. Es sind auch nicht nur potentielle Krankenbehandlungskosten, da können auch Behindertenrenten, Hinterbliebenenrenten usw. usw. dazukommen.
Alternative wäre das Opfer nicht mehr zu behandeln, keine Renten mehr zu zahlen usw. Dann wäre man wieder im Mittelalter, in welchem Opfer in der Regel auf die Barmherzigkeit ihrer Familien oder der Gesellschaft angewiesen waren.
Ich bin auch immer sehr skeptisch, wenn der Staat die Freiheit der Bürger einschränkt. In Deutschland ist mir das immer extrem negativ aufgefallen. Aber bei bestimmten Themen, wie z.B. der Helm- und Gurtpflicht kann ich es nachvollziehen und befürworte es.
Um mal noch ein anderes Beispiel zu nennen, wo ich eine sinnvolle Maßnahme sehr begrüßt hatte - damals, welche aber inzwischen nach und nach immer weniger wird: Der Grünpfeil (der nicht-Leuchtende).
Dieser wird an verschiedenen Stellen wieder abmontiert oder gar nicht erst einer aufgestellt, nur weil manche damit nicht klar kommen (z.B. nicht erst paar Sekunden zuvor anhalten, diesen also nicht als "Stoppschild" betrachten).
Darunter müssen dann Alle "leiden", nur weil welche damit nicht umzugehen wissen und man steht dann öfter mal bei Rot, obwohl weit und breit nichts kommt (dass es für die Umwelt besser wäre, wenn der Verkehr rollt und nicht steht ist ein anderer Punkt).
Unsinnig finde ich es auch, wenn schon mal einer dran ist, dann ists meistens so, dass er in dieser Spur dann auch geradeaus gefahren werden kann. Somit nützt er dann meistens auch so gut wie nicht.
Nun, das ist ein interessantes Beispiel. Es zeigt, wie reif eine Gesellschaft ist. Es gibt andere Staaten, die damit ganz hervorragend zurecht kommen. Die USA z.B. braucht nicht einmal diesen Pfeil. Hier gilt: rechtsabbiegen bei rot ist erlaubt, wenn man zuvor sich vergewissert hat, dass kein bevorrechtigter Verkehr herrscht (hier muss man vorher stoppen).
In Frankreich, Italien, den USA haben sich Mittelspuren hervorragend seit Jahrzehnten bewährt, z.B. auf Landstrassen: es gibt drei Fahrspuren, je eine in eine Richtung und die mittlere kann in beide Richtungen zum überholen benutzt werden. Natürlich setzt das eine vorausschauende Fahrweise voraus. Experten haben das für Deutschland mal überlegt und kamen zu dem Schluss, es würde ein Desaster sein. Warum das so ist, weiss ich nicht, vielleicht hat es wieder mit der Mentalität zu tun. Vielleicht war die DDR in diesen Dingen ausgerechnet dem Westen überlegen?
Generell begrüsse ich es, wenn sich der Staat zurückhält in der Bevormundung seiner Bürger. Aber ein komplettes laissez-faire ist auch nicht erstrebenswert.