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Brauchen wir überhaupt noch Schulen?

1.963 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Schule, Reform, Digitalisierung ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Brauchen wir überhaupt noch Schulen?

15.08.2021 um 02:50
@abberline

Ja, ich bin seit diesem Jahr kommunalpolitisch aktiv. Da muss man natürlich erstmal gucken, dass man in die Ausschüsse bzw. Arbeitsgruppen kommt, in die man rein will, aber da bin ich dran.

Der Unterricht IST das Problem. Bzw. die Art, wie wir den machen. Weil er selbst bei einem guten Lehrer viele skills, die Schüler heute brauchen, nicht fördert.
Ein guter lehrer ist heute einer, der prüfbares Fachwissen vermittelt. Nicht mehr, nicht weniger. Es ist nicht seine Aufgabe, Schülern sozialkompetenz beizubringen. Dafür ist der Unterricht auch nicht ausgerichtet.

Im gegenteil, die Schulstruktur behinder die soziale Interaktion von Kindern und Jugendlichen häufig. Und auch deren Eigenverantwortung und deren Selbstwirksamkeit.


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Brauchen wir überhaupt noch Schulen?

15.08.2021 um 02:51
@abberline
Ich sehe auch bis jetzt nicht, was so furchtbar an dem Unterricht sein soll. Die Schule, der Unterricht, die Lehrer haben zumindest bei meiner ältesten Tochter exakt das geleistet, was da Intention war, das bestimmte Kompetenzen aufgebaut oder erworben werden. Dazu zählen auch soziale Kompetenzen, aber eben nicht nur.
An einer "unterrichtsfreien" Schule wäre meine Große ziemlich sicher gescheitert, weil sie mit so einer "grenzenlosen" Freiheit einfach noch nicht hätte umgehen können. Aber blub, gab es im ganzen Thread über die 80 Seiten eigentlich irgendwen der @shionoro zustimmte?


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15.08.2021 um 02:52
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Der Unterricht IST das Problem. Bzw. die Art, wie wir den machen. Weil er selbst bei einem guten Lehrer viele skills, die Schüler heute brauchen, nicht fördert.
Ein guter lehrer ist heute einer, der prüfbares Fachwissen vermittelt. Nicht mehr, nicht weniger. Es ist nicht seine Aufgabe, Schülern sozialkompetenz beizubringen. Dafür ist der Unterricht auch nicht ausgerichtet.

Im gegenteil, die Schulstruktur behinder die soziale Interaktion von Kindern und Jugendlichen häufig. Und auch deren Eigenverantwortung und deren Selbstwirksamkeit.
Ich glaube wir leben in sehr unterschiedlichen Ländern oder sehr unterschiedlichen Zeiten.


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15.08.2021 um 02:56
Zitat von paxitopaxito schrieb:An einer "unterrichtsfreien" Schule wäre meine Große ziemlich sicher gescheitert, weil sie mit so einer "grenzenlosen" Freiheit einfach noch nicht hätte umgehen können.
Was heißt denn für dicih 'unterrichtsfreie' schule? Bzw, warum wäre sie gescheitert? Es ist ja nicht so, als würde man ihr ein Ipad in die Hand drücken und sagen "mach mal".


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15.08.2021 um 02:57
Zitat von paxitopaxito schrieb:An einer "unterrichtsfreien" Schule wäre meine Große ziemlich sicher gescheitert, weil sie mit so einer "grenzenlosen" Freiheit einfach noch nicht hätte umgehen können
Da wäre vermutlich fast jeder gescheitert, inkl mir. Ausserdem hab ich gerade auch in der Schule Freunde fürs Leben gefunden, mal abgesehen davon, dass viele dort Cliquen, den ersten Freund, die erste Freundin gefunden haben. All die Schulerfahrungen weg taugt nix, das wissen wir seit der Feuerzangenbowle. Ausserdem hatte ich mindestens drei Lehrer/Lehrerinnen, die mich positiv bis heute beeindruckt haben und von denen ich viel gelernt habe


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15.08.2021 um 03:02
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Was heißt denn für dicih 'unterrichtsfreie' schule? Bzw, warum wäre sie gescheitert?
Ohne klare thematische Vorgaben und einen Lehrer der diese dann auch kontrolliert, hätte meine Große bis heute höchstens extrem stockend Lesen gelernt, könnte keinen vernünftigen Satz schreiben und wäre über den Zahlenbereich bis 20 und einfache Addition + Subtraktion kaum hinausgekommen.
Das nenne ich scheitern, weil ich ganz grundlegende kulturelle Fertigkeiten gefehlt hätten um in einer modernen Gesellschaft zu bestehen.

Ohne den Lehrer und Unterricht so wie er jetzt ist, hätte sie kaum Selbstvertrauen aufgebaut, keinen Stolz auf die eigenen Fertigkeiten entwickelt, nicht gelernt vor einer Gruppe zu sprechen... ich weiß nicht, soll ich dir alles aufzählen was die Schule positives bewirkt hat? Wird lang.
Heißt nicht das jede Schule, jede Schulform und jeder Lehrer für jedes Kind passt. Das ist mir auch klar, sind nicht alle wie meine Tochter. Aber bei deinen Vorstellungen fällt es mir schwer mir überhaupt ein Kind vorzustellen, was damit klar kommt.


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15.08.2021 um 03:06
@paxito

Wie siehst du denn z.b. das hier. Warum sollte deine Tochter da nicht lernen können:

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/landkreismuenchen/bildung-der-lehrplan-gaengelt-uns-1.5367511
Der neue Weg erfordert mehr Personal, doch dabei unterstütze sie die Gemeinde Neubiberg finanziell, betont Sieben. Im nächsten Schuljahr will sie alle Lehrer "mit an Bord holen" und den Ganztagszug möglichst bald bis um 17 Uhr führen. Dann etwa soll es donnerstagnachmittags mehr externe Angebote geben wie Ausflüge in den nahen Umweltgarten, Sport- und Musik-Arbeitsgemeinschaften oder Projekte zum Lebensraum Schule. Sie denkt aber auch an eine Medien- oder Garten- und eine Programmier-AG sowie lehrplanbezogene Angebote. Denn der Lehrplan würde selbstverständlich befolgt, aber in freierer Form und ergänzt um neue Kleingruppen-Angebote. Schon jetzt gibt es einmal im Monat einen sogenannten "Frei-Day", an dem die Schüler vier Stunden lang ohne Zeiteinschränkung und ohne Noten-Bewertung in Interessensgruppen an Projekte zu Zukunftsthemen arbeiten. Die Lehrer unterstützen sie dabei, geben aber keinen Plan vor, wie die Kinder das Thema angehen. Für Sieben ist klar, warum das sinnvoll ist: "Wir brauchen den umweltbewussten, eigenständig denkenden, kreativen Menschen. Wir brauchen eine Generation, die in die Zukunft denkt. Dabei müssen wir sie unterstützen." Und: "Wir in Bayern müssen jetzt Gas geben, damit wir nicht den Anschluss verlieren."
Es geht da erstmal darum, Schülern Freiraum zu geben, selber zu denken und sich auszleben.


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15.08.2021 um 03:12
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Es geht da erstmal darum, Schülern Freiraum zu geben, selber zu denken und sich auszleben.
Da ich keine Kinder kenne, die auf Ganztagsschulen gehen, kann ich da nur sagen, auf mich wirkt das wie die Nachmittags AGs, die es immer schon gab. Schülerzeitung, Fussballmannschaft, Computer AG (so hiess das), Natur AG usw
Bei mir war um 13 h Schulschluss, ausser ab der 10. Klasse 1x pro Woche 2 Nachmittagsstunden


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15.08.2021 um 03:13
@shionoro
Dafür steht in dem Artikel zu wenig, um das abschließend zu beurteilen. Ich habe kein Problem mit alternativen Unterrichtsformen, meine Tochter ist ja auch nicht an einer staatlichen Schule und wird - zum größten Teil - an die Montessoripädagogik angelehnt unterrichtet.
Den Kindern "Freiräume" geben ist jetzt nichts ultimativ Neues oder Kreatives. Die Montessoripädagogik gibt es seit 1907, Kerngedanke:
Sie beruht auf dem Bild des Kindes als „Baumeister seines Selbst“ und verwendet deshalb zum ersten Mal die Form des offenen Unterrichts und der Freiarbeit. Sie kann insofern als experimentell bezeichnet werden, als die Beobachtung des Kindes den Lehrenden dazu führen soll, geeignete didaktische Techniken anzuwenden, um den Lernprozess optimal zu fördern. Als Grundgedanke der Montessoripädagogik gilt die Aufforderung „Hilf mir, es selbst zu tun“.
Quelle: Wikipedia: Montessoripädagogik

Es gibt viele Schulen in Deutschland die nach dem Modell unterrichten und ich bin mir sicher, diese Form der Pädagogik ist auch Teil der ganz normalen Lehrerausbildung.

All das hat dann aber überhaupt nix mehr damit zu tun, dass man keine Schulen bräuchte oder keinen Unterricht. Sondern mit der Frage wie man Schule und Unterricht sinnvoll gestaltet.


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15.08.2021 um 03:24
Zitat von abberlineabberline schrieb:Da ich keine Kinder kenne, die auf Ganztagsschulen gehen, kann ich da nur sagen, auf mich wirkt das wie die Nachmittags AGs, die es immer schon gab. Schülerzeitung, Fussballmannschaft, Computer AG (so hiess das), Natur AG usw
Bei mir war um 13 h Schulschluss, danach war Bonus für AGs
Da geht es um mehr als nur den Ganztag.

Es geht darum, dass man einerseits auf das Leistungsniveau angepasst unterrichtet (heißt, keiner fällt durch, aber manche haben dann halt für ein weiteres Jahr lang einen Aufbaukurs in dem entsprechenden Fach, wo ihre Leistung noch nicht passt).

Es heißt, dass man projektorientiert lehrt, also kinder immer das 'um zu' im Blick haben. Ich brauche Bruchrechnen, weil ich sonst das Modell nicht bauen kann ist ein bessere Motivator als 'ich muss diese abstrakten sachen lernen, weil der lehrer es sagt'.

Es heißt, dass man einen Tag in der Woche frei hat und da nur selbstgesteckte, mit Lehrern abgesprochene Herausforderungen angeht, die am ehesten eigenen Neigungen entsprechen.

Es heißt auch, dass es viel mehr freie Zeit gibt, wo Schüler frei miteinander interagieren können ohne relativ kurz begrenzte pausen-

Es bedeutet auch, dass man einige Fächer zusammenfasst, dafür aber mehr angebote in sportlicher und künstlerischer richtung hat, die eher hands on sind. Also kein musikunterricht, wo man dann noten lernt und ein bisschen kunstgeschichte und mal etwas rumklimpern darf, sondern explizite angebote zum lernen eines instruments, oder einer anderen künstlerischen form.

Da steckt noch viel mehr dran, aber das wären die sachen, die man so als erstes umsetzen kann, ohne irgendetwas zu verlieren.
Zitat von paxitopaxito schrieb:Es gibt viele Schulen in Deutschland die nach dem Modell unterrichten und ich bin mir sicher, diese Form der Pädagogik ist auch Teil der ganz normalen Lehrerausbildung.

All das hat dann aber überhaupt nix mehr damit zu tun, dass man keine Schulen bräuchte oder keinen Unterricht. Sondern mit der Frage wie man Schule und Unterricht sinnvoll gestaltet.
Wenn man das ernst meint, muss das sogar darauf hinauslaufen, dass es keinen klassischen Unterricht mehr gibt. Weil klassischer unterricht ja mit 'baumeister seiner selbst' nicht vereinbar ist.
Der klassische schulunterricht ist 'one size fits all' wissensvermittlung, die dann abgefragt wird.

Aber was, wenn das, was ich aus mir selbst machen will damit nicht klarkommt oder nach etwas ganz anderem strebt?


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15.08.2021 um 03:31
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Wenn man das ernst meint, muss das sogar darauf hinauslaufen, dass es keinen klassischen Unterricht mehr gibt. Weil klassischer unterricht ja mit 'baumeister seiner selbst' nicht vereinbar ist.
Da ist auch ein großer Teil ganz klassischer Unterricht, so wie ich ihn auch kennen gelernt habe. Wobei es auch zu meiner Schulzeit schon Projektarbeit und Gruppenarbeit gab, das ist ja jetzt keine überraschende neue Form des Unterrichts.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Der klassische schulunterricht ist 'one size fits all' wissensvermittlung, die dann abgefragt wird.
Natürlich muss abgefragt werden, wo ein Kind wie steht. Daran ist nix verkehrtes. Weder für die Planung des Unterrichts, noch für das Kind zur Selbsteinschätzung.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Aber was, wenn das, was ich aus mir selbst machen will damit nicht klarkommt oder nach etwas ganz anderem strebt?
Irgendwie scheints du da völlig abgespacte Kinder vor Augen zu haben, die keine Ahnung, schon mit 7 eigentlich Picassos sein wollen. Meine Tochter lernt in einer inklusiven Schule, da sind Autisten, Kinder mit körperlichen Behinderungen, Kinder mit psychischen Problemen - und, oh wunder, der Unterricht gelingt.
Wenn das da möglich ist, mit so einer schwierigen Klientel, warum sollte das nicht grundsätzlich möglich sein? Und wie gesagt - es gibt da klare Unterschiede zu der Art wie ich gelernt habe. Aber eben auch sehr viele Gemeinsamkeiten. Das ist keine völlig andere Form von Schule, keine Nichtschule oder ein Nichtunterrichten, im Gegenteil. Auch da geht es um Wissensvermittlung, um Kompetenzerwerb, um das Abfragen von beidem usw.


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Brauchen wir überhaupt noch Schulen?

15.08.2021 um 03:36
Zitat von paxitopaxito schrieb:Irgendwie scheints du da völlig abgespacte Kinder vor Augen zu haben, die keine Ahnung, schon mit 7 eigentlich Picassos sein wollen. Meine Tochter lernt in einer inklusiven Schule, da sind Autisten, Kinder mit körperlichen Behinderungen, Kinder mit psychischen Problemen - und, oh wunder, der Unterricht gelingt.
Find ich super, ich bin für eine inklusive Schule. Aber gerade da ist doch klar, dass es keinen regelunterricht geben kann, wo alle dasselbe lernen. Da können wir kein dreigliedriges Schulsystem machen.
Zitat von paxitopaxito schrieb:Wenn das da möglich ist, mit so einer schwierigen Klientel, warum sollte das nicht grundsätzlich möglich sein? Und wie gesagt - es gibt da klare Unterschiede zu der Art wie ich gelernt habe. Aber eben auch sehr viele Gemeinsamkeiten. Das ist keine völlig andere Form von Schule, keine Nichtschule oder ein Nichtunterrichten, im Gegenteil. Auch da geht es um Wissensvermittlung, um Kompetenzerwerb, um das Abfragen von beidem usw.
Es ist möglich, solchen Unterricht durchzuführen. Ich sehe das aber im Konflikt dazu, dass ein Kind die Dinge lernt, die es heute wirklich braucht, stichwort Eigenverantwortlichkeit, Sozialkompetenz und Selbstwirksamkeit.

Das Problem ist ja: Du wirst jetzt sagen, warum, hast du doch alles. Das sagt aber jeder. Ich kenn keinen, der offen sagt "ja stimmt, sowas wie eigenverantwortung kenne ich nicht und asozial bin ich auch". Jedenfalls nicht außerhalb von Witzen und Ironie.

Aber ganz offenbar haben wir doch heute die Situation, dass viele Menschen nicht mehr Mitdenken, nicht mit anderen Menschen vernünftig umgehen können und auch nicht das Gefühl haben, dass ihre Entscheidungen wichtig sind und sie sich aktiv einbringen sollten.

Und das hat etwas damit zu tun, wie wir unsere Kinder bilden. Oder stimmst du da meiner Analyse nicht zu?

Und zu montesorri: Ich will definitiv nicht sagen, dass alles, was da grundsatz ist, falsch ist. Vieles davon finde ich vom prinzip her richtig.


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15.08.2021 um 03:51
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Find ich super, ich bin für eine inklusive Schule. Aber gerade da ist doch klar, dass es keinen regelunterricht geben kann, wo alle dasselbe lernen.
Da gibt es aber Regelunterricht. Nicht nur, nicht ausschließlich. Aber es gibt ihn. Umgekehrt würde ein Unterricht der nur aus "Freiarbeit" oder offenen Unterrichtsformen besteht keinen Sinn ergeben.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Da können wir kein dreigliedriges Schulsystem machen.
Kann man schon. Das verwendete pädagogische Modell hängt ja nicht vom dreigliedrigen Schulsystem ab.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Es ist möglich, solchen Unterricht durchzuführen. Ich sehe das aber im Konflikt dazu, dass ein Kind die Dinge lernt, die es heute wirklich braucht, stichwort Eigenverantwortlichkeit, Sozialkompetenz und Selbstwirksamkeit.
Lernt es da doch. Und viele andere Sachen die genauso wichtig sind.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Das Problem ist ja: Du wirst jetzt sagen, warum, hast du doch alles. Das sagt aber jeder. Ich kenn keinen, der offen sagt "ja stimmt, sowas wie eigenverantwortung kenne ich nicht und asozial bin ich auch". Jedenfalls nicht außerhalb von Witzen und Ironie.
Richtig.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Aber ganz offenbar haben wir doch heute die Situation, dass viele Menschen nicht mehr Mitdenken, nicht mit anderen Menschen vernünftig umgehen können und auch nicht das Gefühl haben, dass ihre Entscheidungen wichtig sind und sie sich aktiv einbringen sollten.
Ähm, mit was für Menschen hast du denn zu tun? Ich kann das "viele" da so nicht unterschreiben. Mir fällt ehrlich gesagt kein einziger ein, auf den deine Beschreibung passt.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Und das hat etwas damit zu tun, wie wir unsere Kinder bilden. Oder stimmst du da meiner Analyse nicht zu?
Nö. So wie wir jetzt unterrichten bestimmt, wie unsere Erwachsenen in 10 Jahren sein werden. Du tust so, als hätte es über Jahrzehnte keine Änderungen im Unterricht gegeben. Das ist doch Quatsch. Ich hab anders gelernt, als meine Eltern, meine Tochter anders als ich.
Die Erwachsenen heute sind das Resultat der Pädagogik von gestern. Zumindest der Teil, auf den Schule überhaupt einen Einfluss hat. Und selbst deiner negativen Analyse, dass es den jungen Erwachsenen von heute irgendwie an Sozialkompetenz mangeln würde, kann ich absolut nicht bestätigen. Die jungen Erwachsenen sind i.d.R. deutlich sozial kompetenter als die Generationen davor, so mein Empfinden.


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15.08.2021 um 05:05
Zitat von paxitopaxito schrieb:Zumindest der Teil, auf den Schule überhaupt einen Einfluss hat.
Den Satz finde ich interessant. Was genau meinst du damit? Hat die Schule nicht auf jeden einen Einfluss? Bzw., wie grenzt du das ab?


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15.08.2021 um 05:13
@shionoro
Das ist missverständlich ausgedrückt. Was ich meinte: Schule kann bei jedem Menschen nur einen begrenzten Einfluss ausüben. Nur innerhalb dieses Rahmens kann sie überhaupt etwas bewirken.
Sie kann weder Gene umschreiben, noch Eltern ersetzen, keine religiöse oder kulturelle Prägung aufheben usw. - sehr viel von dem, was wir eben so sind, hat am Ende dann auch wieder nüscht mit der Schule zu tun.


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15.08.2021 um 05:28
@paxito

Da gebe ich dir recht. Ich sehe das eben sogar so extrem, dass ich denke, dass die heutige Schule recht wenig Einfluss sowohl auf die mentale entwicklung der Kinder, als auch ihre Bildung nimmt. Jedenfalls wenn man sich überlegt, dass die meisten Kinder mehr als 10 Jahre die Schule besuchen.

Es ist z.b. sicher wahr, dass es besser für ein kind ist, in der schule andere kinder kennen zu lernen anstatt beim homeschooling keine anderen kinder kennen zu lernen. Aber auf der anderen Seite: Solche Effekte kennen wir ja auch von Universitäten. Auch auf Unis wird man häufig mit Menschen in KOntakt treten, die so ganz andere meinungen haben als man selbst und man kann sich nochmal ganz neu entdecken, anders, als man sich in der schule gegeben hat.
Das ist etwas ganz inhärentes, wenn man in eine neue umgebung mit neuen menschen und neuen möglichkeiten kommt, sofern es da genug raum zu gibt. Ich würde das also nicht als Leistung der Schule sehen, weil ich nicht erkennen kann, wo die Schule groß Sozialkompetenz fördert, mehr, als der Fakt, dass da Kinder viel Zeit zusammen verbringen, es ohnehin tun würde.

Ich kann dir ja mal sagen, was ich finde, was 10 Jahre (oder 13 Jahre) Schule erreichen sollen meiner Meinung nach, und wir schauen, ob wir da einen KOnsens haben. Ich habe im Großen und Ganzen 4 Ziele:

-Schule soll dem Kind Orientierung geben: Das heißt, nachdem das Kind von der Schule runter ist, soll es eine Ahnung haben, was es mit seinem Leben machen möchte und eine Ahnung davon, wer es ist. Natürlich entwickelt sich ein Mensch nach 20 weiter, aber ich finde schon, dass man bereits mit 20 einen Grad an Orientierung darüber haben sollte, was für eine Art Leben für einen das richtige ist.
Dabei geht es auch darum, zu sich selbst zu stehen und in sich selbst zu ruhen. Das beinhaltet dinge, wie zu wissen, was einen glücklich macht und auch zu wissen, was man tun sollte und an wen man sich wenden kann, wenn man probleme hat. Eben zu wissen, wo man steht, wo sein soziales netz ist und wo man hin will.

-Schule soll dem Kind Ambitionen geben: Das heißt, da ist nicht nur einer, der grundsätzlich weiß, wer er ist. Da ist auch einer, der gerne mit seinem Leben etwas anfangen will. Das können verschiedene Dinge sein. Das kann die Karriere sein, egal auf welchem Feld, das kann auch die Kunst sein, das kann auch sein, eine gute Mutter und Hausfrau zu sein. Aber da soll jemand sein, der Herausforderungen sportlich begegnet und gut sein will, in dem was er tut. Und auch mitdenken will, um in seinem Umfeld für eine Verbesserung zu sorgen, der engagiert ist und der am öffentlichen Leben teilnehmen will.

-Schule soll Fähigkeiten vermitteln: Das heißt, dass da nicht nur jemand ist, der etwas leisten will, sondern es auch kann. Jemand, der recherchieren kann, der nachdenken kann, der organisieren kann und der weiß, wie er mit Rückschlägen umgeht. Der weiß, wie man sich Wissen aneignen kann und der grundlegende Techniken des Wissens (Lesen, logisches denken, recherchieren, kommunizieren, modellieren usw.) kennen gelernt hat und damit umgehen kann.

-Schule soll Empathie und Kooperation vermitteln: Das bedeutet, ich habe nicht nur jemanden, der für sich persönlich sehr gut weiß, wie er glücklich wird, sondern auch jemanden, der daran interessiert ist, dass es auch anderen Menschen gut geht. Der hilfsbereit ist, der nach win/win Situationen sucht und der auch mit schwierigen zwischenmenschlichen situationen umgehen kann, ohne sofort aggressiv oder destruktiv zu werden. Eben jemand, der die Fähigkeit und den Willen hat, mit anderen Menschen gut umzugehen, selbst mit denen, mit denen er nicht gut umgehen müsste (wenn es nur um Eigennutz ginge).

Würdest du mir da so zustimmen?


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15.08.2021 um 07:07
@paxito
@shionoro

Mein Jüngster fand online Unterricht wrst mal spannend und nach 2 Tagen nervig.

Tatsächlich fehlt in der Kommunikation dann sehr viel und Interaktionen sind halt nur sehr beschränkt möglich.

Natürlich mag Sozialkompetenz kein Fach sein, aber ich denke dass viele Kinder dennoch viel davon mitbekommen. Das geht online nicht.

Und individuell fördern ist eine Sache. Die andere ist dass ein Abitur ja auch bedeuten soll, einen gewissen Stamm an Kenntnissen zu haben, auf den dann ein Studium aufbaut. Und allerspätestens im Berufsleben ist es von Nachteil wenn man ausschliesslich in der individuellen Fähigkeit des Blockflöten Spiels unterrichtet wurde und dafür nicht im Grundrechnen. Dass Lerhpläne existieren ist schon gut so.

Aktuell sind auch viele in Kitas und Schulen die nocj erheblichen Nachholbedarf in Deutscher Sprache haben. Lernen die das online? Eher nicht.


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15.08.2021 um 07:14
@sacredheart

Aber spätestens in der arbeitswelt ist es auch ein Problem, wenn du zwar Schulaufgaben lösen kannst, aber weder Ambitionen hast noch mitdenkst, sondern erwartest, dass der Chef dir alles so mundgerecht serviert, wie der Lehrer.


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Brauchen wir überhaupt noch Schulen?

15.08.2021 um 08:00
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Aber spätestens in der arbeitswelt ist es auch ein Problem, wenn du zwar Schulaufgaben lösen kannst, aber weder Ambitionen hast noch mitdenkst, sondern erwartest, dass der Chef dir alles so mundgerecht serviert, wie der Lehrer.
@shionoro

So richtig mundgerecht soll.es ja nur in der Grundschule sein.

Und Du wirst beinder Arbeit auch nur mäßigen Erfolg haben, wenn Du Deinem Chef bei der Capitol Versicherung erklärst dass Deine Kompetenzen doch weniger bei diesem öden Antragsgetue liegen als mehr im Breakdance. Insofern besser mit Lehrplan und nicht frei nach Wunsch.


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15.08.2021 um 08:04
@sacredheart

Aber mundgerecht ist es das ganze Schulleben lang.
Wenn du dem Chef erzählst, dass du nur machst, was in deinem Arbeitsvertrag explizit drin steht, er dir alles haarklein sagen soll, was du genau tun sollst und du gar nicht daran denkst, selbst nachzudenken oder Probleme und Aufgaben zu abstrahieren und anzupassen, wird das auch schlecht funktionieren.

Oder nicht?

Also ich hab ja in meinem Leben nur in Berufen ohne richtigen Chef gearbeitet, aber zumindest in meinem Zivi als Psychiatriepflege wäre ich mit Schulwissen nicht weit gekommen und wenn ich nur das gemacht hätte, was mir gesagt wurde, ohne mitzudenken, auch nicht. Ob ich da jetzt vorrangig gebreakdanced hätte vorher oder ein chemie ass war, war das relativ zweitrangig.
Sonder ob ich schnell begreife, wie man mit welchen patienten umgeht und was wirklich dringlich ist, oder ob ich das nicht begreife. Und dabei konnte mir die schule nicht helfen. Im Gegenteil, da wurde dann ja genau erwartet, dass ich, auch wenn der Auftrag 'putzen' war, trotzdem wohl ein Auge darauf haben sollte, ob nicht gerade etwas anderes dringlicher war, wie z.B. schnell ein Bett zu desinfizieren, wenn ein neuer PAtient kam. Auch ohne, dass mir das einer sagt.


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