paxito schrieb:Gerade der unterstrichene Teil ist schlicht soviel gewollt. Wenn du unter "Orientierung" hier nur einen Raum meinst, in dem man sich versuchen kann - dann ja. Das kann Schule leisten und leistet Schule bereits heute.
Aber ob da am Ende - selbst unter der Voraussetzung das alles ideal läuft - jemand steht, der weißt, "was er mit seinem Leben machen möchte und eine Ahnung davon hat, wer er ist" ist eben überhaupt nicht gesagt. Und ist auch überhaupt nicht entscheidend oder wichtig. Wenn jemand noch 1, 5 oder 10 Jahre nach der Schule braucht um das herauszufinden, ist das auch kein Drama.
Das leistet Schule heute eben nicht. Das ist das Problem.
Es stimmt, dass es nicht schlimm ist, wenn man sich nach der Schule noch deutlich in eine andere Richtung entwickelt. Das ist sogar gut und richtig so. Was ich mit Orientierung meine, ist, dass man überhaupt eine Ahnung davon hat, was man denn aktuell nach der Schule tun möchte und wo man aktuell in seiner Entwicklung ungefähr steht.
Was heute passiert, ist, dass die meisten Leute keine Ahnung haben, was genau sie machen wollen und einfach irgendwas halbherzig studieren. Dann bleiben sie entweder aus Gewohnheit dabei oder wechseln nach einem Jahr, wenn sie ein bisschen besser überblicken können, was sie machen wollen.
Das führt aber viele Menschen in ein Unglück (falsche Lebensentscheidungen mit 20 führen zu Frustration im Privatleben und Job), ist im Mindesten ineffektiv.
Was ich will, ist, dass man in seiner Jugend schon ernsthaft den Raum und die UNterstützung hat, verschiedene Seiten von sich auszuprobieren.
Und mit ausprobieren meine ich nicht "Darf mal einen Schnuppferkurs machen", sondern ich meine, dass jemand, der z.B. ein Talent oder eine Neigung zu Mint Fächern, einem Sport, einem Instrument, einer Kreativarbeit oder auch einem praktischen Hobby hat den raum hat, sich auch mal ein Jahr lang vorrangig (unter Berücksichtigung anderer zu erledigender Arbeiten natürlich) damit zu beschäftigen und UNterstützung und Perspektiven dafür zu bekommen.
paxito schrieb:Ja. Dieses Setting nennt sich Schule.
In der Schule gibt es solche Freiräume nicht. In der Schulzeit konnte ich mir nicht darüber klar werden, ob ich z.B. begabt im kreativen Schreiben bin. Da gab es sicherlich mal an der ein oder anderen Stelle eine kreative Schreibaufgabe und irgendwo einen Literaturkurs, aber das reicht ja nicht, um sich ernsthaft darüber klarzuwerden, ob das was für einen ist. Genauso wie es nicht reicht, ein Kind mal in einem Swimming Pool zu werfen, damit es weiß, ob es sportliches Schwimmen wirklich mag.
Es wäre nötig, überhaupt erstmal die Neigungen der Kinder zu besprechen und dann die vorrangigste Neigung wirklich irgendwie mal eine Zeit lang frei erforschen zu lassen.
Hätte ich mal ein Jahr gehabt, wo ich die ZEit und den Support eines Mentors (dazu reicht schon Aufgabenstellung und regelmäßige KOntrolle des Fortschritts) gehabt hätte, wo ich nicht nur irgendwas zusammenschreiben kann sondern aktiv Feedback bekomme und merke, wo die Herausforderungen in diesem Fach liegen, dann hätte ich recht schnell gemerkt, ob das etwas für mich ist oder nicht.
Das hätte auch den Steuerzahler erspart, für 5 Jahre Mathestudium aufzukommen. Das hab ich (obwohl es mir letztendlich Spaß gemacht hat) nur angefangen, weil mir nichts besseres einfiel und man als Schüler sowieso nicht weiß, was ein Studium bedeutet in einem Fach.
abberline schrieb:Dann solltest Du von Deinem System ganz schnell und weit Abstand nehmen
Wieso? Ich kann ja sehen, wie man Kindern und Jugendlichen Steine in den Weg legt.
ockham schrieb:Da geb ich dir teilweise recht: es gibt Denkarbeit und körperliche Arbeit. Bei Denkarbeit macht Schule meines Erachtens schon Sinn, über den Inhalt lässt sich natürlich streiten (!), aber bei körperlicher Arbeit macht Schule keinen Sinn mehr. Da sollte das Kind schon früh wissen, welchen Weg es einschlägt, würde man körperliche Arbeit dem Kind schon früh nahebringen, was aber nicht der Fall ist... Fehler!
In beiden Fällen muss man aber dem Kind ja irgendwie mitgeben, dass es selbst seinen Erfolg einschätzen kann und selbst weiß, welche Schritte notwendig sind.
Es bringt mir ja nichts, wenn ein Kind einen Lehrer dazu braucht, um zu wissen, ob es etwas verstanden hat. Das ist eigentlich sogar total absurd. Wenn ich etwas wirklich verstanden habe, wie es funktioniert, brauche ich keinen Lehrer, der mir das sagt.