@Rho-ny-theta Das war die Polemik, jetzt die Sachlichkeit. Bleiben wir erstmal bei dem Thema Energie, da haben wir gerade genug zu tun.
Eins vorneweg: das Jahr 2068 wurde ja gewählt, weil es das 100. Jubiläum von 1968 ist, und jetzt genau so weit von uns entfernt wie eben jenes Jahr. Was direkt ins Auge spricht: viele der Heilsversprechungen, die du heute von den erneuerbaren Energien erwartest, wurden damals fast wortgleich an die Atomkraft gerichtet - Resultat bekannt.
Richtig ist, dass die erneuerbaren Energien weltweit gesehen locker ausreichen würden, den Bedarf der Menschheit zu decken. Falsch ist, dass erkennbar wäre, dass Speichertechniken ohne Weiteres in der Lage sein werden, die Verteilung dieser Energien zu ermöglichen. Alle vielversprechenden Ansätze haben Probleme, die bis jetzt der Lösung harren, meistens v.A. den Verlust beim Transport. Von daher sehe ich den flächendeckenden Abschied vom Verbrenner nicht wirklich. Für die private und urbane Mobilität wird er ziemlich sicher kommen - für eine Vielzahl von Anwendungen wird aber auf absehbare Zeit nichts den Verbrenner schlagen (z.B. Schiffe, die monatelang nicht laden können - hier ist die Energiedichte auf die Gewichtseinheit chemischer Kraftstoffe kaum zu schlagen). Woher wir den Kraftstoff kriegen, ist schon eher interessant: Bioethanol aus Energiepflanzen oder biologischen Reaktoren (Algen, Hefen etc.) sind bereits im Einsatz, stehen aber in der Konkurrenz zur Nahrungsmittelversorgung. Die Kohlefasern sind tatsächlich das kleinere Problem, die nötigen Stoffe kann man, Energie vorausgesetzt, aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugen. Das wird man auch tun, wenn es anfängt, sich zu rechnen.
Ebenfalls falsch ist die Aussage, dass die Einrichtung der entsprechenden Erzeugungsstätten eine einmalige Aufgabe wäre - auch diese Anlagen müssen dauerhaft gewartet, erneuert und ausgetauscht werden. Speziell bei Akkumulatoren zeichnet sich bereits heute ab, dass die nötigen seltenen Metalle vermutlich nicht in ausreichender Menge zu beschaffen sein werden, bei Hochleistungsgeneratoren und -motoren ebenfalls. Die elektrische Zukunft wird eventuell also eine Totgeburt oder ein Privileg des reichen Westens sein. Eisen und Stahl sind hingegen billig wie Dreck, das Aluminium ebenso - hier ist der Engpass nur die Energie.
Künstlich erzeugte Nahrungsmittel sind hingegen heute genau so Zukunftsmusik wie vor 50 Jahren - auf absehbare Zeit nicht massentauglich. Was hingegen durchaus realistisch ist, ist die Erschließung neuer, heute kulturell verpönter Proteinquellen (Insekten) und die Aufwertung von Nahrungsmitteln zu "functional food", in dem kalorisch ausreichende, aber ernährungstechnisch "leere" Nahrungsmittel mit Vitaminen und anderen Nährstoffen angereichert werden (z.B. der goldene Reis mit erhöhtem Vitamin-A-Gehalt).
Hier stellt sich mir die Frage, inwiefern es der Westen schafft, seine wohlstandsverwahrloste, pseudonaturalistische Luxus-Haltung zu überwinden und zur effizienten Verwendung von Flächen und Nahrungsquellen zurückzukehren bzw. überzugehen. Normalerweise würde man sagen, dass hier Bildung nötig ist, paradoxerweise entwickelt sich die Situation eher so, dass mit steigender Bildung ein immer weiter romantisiertes Naturbild ohne Beachtung der Konsequenzen adoptiert wird. Dieses Problem wird man sicherlich in naher Zukunft lösen müssen, wenn wir aufhören wollen, weite Teile der restlichen Welt für unser Vergnügen auszubeuten.