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Sind Nationalismus und Patriotismus noch zeitgemäß?

1.234 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Europa, Nationalismus, Patriotismus ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Sind Nationalismus und Patriotismus noch zeitgemäß?

25.07.2023 um 17:23
@juvenilea

Um Nazi zu sein, muss man kein Deutscher sein. Allerdings ist es wohl so, dass ein Deutscher, der Nationalstolz hat oder patriotisch ist, wohl eher zu Ausländerfeindlichkeit oder Rassismus neigt als ein Finne, Norweger, Schwede, Däne, Niederländer, Belgier, Luxemburger, Ire oder Brite. Das finde ich eigentlich schon schade, denn eigentlich verdient es jeder, stolz auf sein Land zu sein oder patriotisch. Ich war ja lange ein Befürworter von deutschem Patriotismus, doch als mir jemand klar machte, dass es einen Unterschied zwischen einem Iren, auf dem "I am proud to be Irish" steht, und einem Deutschen, der "Ich bin stolzer Deutscher" auf seinem T-Shirt stehen hat, schon einen Unterschied gibt.


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Sind Nationalismus und Patriotismus noch zeitgemäß?

25.07.2023 um 17:43
Zitat von Johnny1887Johnny1887 schrieb:Allerdings ist es wohl so, dass ein Deutscher, der Nationalstolz hat oder patriotisch ist, wohl eher zu Ausländerfeindlichkeit oder Rassismus neigt als ein Finne, Norweger, Schwede, Däne, Niederländer, Belgier, Luxemburger, Ire oder Brite.
Na wenn Du das sagst, ich war in den genannten Ländern, sogar für längerer Zeit und konnte das nicht beobachten.
Zitat von Johnny1887Johnny1887 schrieb:Ich war ja lange ein Befürworter von deutschem Patriotismus, doch als mir jemand klar machte, dass es einen Unterschied zwischen einem Iren, auf dem "I am proud to be Irish" steht, und einem Deutschen, der "Ich bin stolzer Deutscher" auf seinem T-Shirt stehen hat, schon einen Unterschied gibt.
Der hat aber ganze Arbeit geleistet um einen Unterschied herauszuarbeiten, vielleicht ist das das Problem.


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25.07.2023 um 17:54
Zitat von Johnny1887Johnny1887 schrieb:Um Nazi zu sein, muss man kein Deutscher sein.
Das hatten wir doch schon in nem anderen thread. Genau genommen gibt keine Nazis mehr, das waren nur Deutsche, aber Neonazis gibt es überall auf der Welt.
Zitat von Johnny1887Johnny1887 schrieb:. Allerdings ist es wohl so, dass ein Deutscher, der Nationalstolz hat oder patriotisch ist, wohl eher zu Ausländerfeindlichkeit oder Rassismus neigt als ein Finne, Norweger, Schwede, Däne, Niederländer, Belgier, Luxemburger, Ire oder Brite.
Das seh ich anders. Hast du vielleicht nen Beleg? Oder auch nur nen Argument. Warum sollte das so sein?
Zitat von Johnny1887Johnny1887 schrieb:denn eigentlich verdient es jeder, stolz auf sein Land zu sein oder patriotisch.
Ich finde ehrlich gesagt, nach 80 Jahren kann man auch den Deutschen wieder Nationalstolz zugestehen. Man kann sehr gut auf das Land der Dichter und Denker stolz sein. Überproportional viele der großen Köpfe waren Deutsche. Außerdem ist Deutschsein ein Teil des Deutschen. Darauf nicht stolz zu sein bedeutet sich selbst ein stückweit ablehnen.
Zitat von Johnny1887Johnny1887 schrieb:Ich war ja lange ein Befürworter von deutschem Patriotismus, doch als mir jemand klar machte, dass es einen Unterschied zwischen einem Iren, auf dem "I am proud to be Irish" steht, und einem Deutschen, der "Ich bin stolzer Deutscher" auf seinem T-Shirt stehen hat, schon einen Unterschied gibt.
Kannst Du versuchen, es mir auch klar zu machen? So ohne Argumente kann ich das nicht nachvollziehen.


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Sind Nationalismus und Patriotismus noch zeitgemäß?

25.07.2023 um 17:56
Zitat von stereotypstereotyp schrieb:Das seh ich anders. Hast du vielleicht nen Beleg? Oder auch nur nen Argument. Warum sollte das so sein?
Zitat von stereotypstereotyp schrieb:Kannst Du versuchen, es mir auch klar zu machen? So ohne Argumente kann ich das nicht nachvollziehen.
Der Großteil der patriotischen Deutschen oder Deutschen, die Nationalstolz haben, sind Leute von der AfD oder ähnlichem.


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Sind Nationalismus und Patriotismus noch zeitgemäß?

25.07.2023 um 17:57
Zitat von Johnny1887Johnny1887 schrieb:Allerdings ist es wohl so, dass ein Deutscher, der Nationalstolz hat oder patriotisch ist, wohl eher zu Ausländerfeindlichkeit oder Rassismus neigt als ein Finne, Norweger, Schwede, Däne, Niederländer, Belgier, Luxemburger, Ire oder Brite.
Auch ein Irrer ist menschlich oder wie das heißt. Kurz, die Pauschale Aussage ist falsch.
Wenn du das mal etwas detaillierter lesen willst, die Konrad Adenauer Stiftung hat das mal untersucht wie das so ist in einigen europäischen Ländern mit Ausländerfeindlichkeit und Co.
Kurzfassung. Das gibt sich nix. Es hat nur jeder so seine Favoriten unter den Nichtgemochten.

https://www.kas.de/documents/252038/7995358/Nationalismus+in+Europa+als+pdf-Datei.pdf/c5f0265e-0499-280b-0513-eeee80d34e78


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25.07.2023 um 18:02
Zitat von Johnny1887Johnny1887 schrieb:Der Großteil der patriotischen Deutschen oder Deutschen, die Nationalstolz haben, sind Leute von der AfD oder ähnlichem.
Du bist ganz schön am behaupten. Nur belegen kannst Du nichts. Leute von der AfD (oder ähnlichem?) sind viel zu wenig um einen Großteil der deutschen Patrioten auszumachen. (Hoffe ich zumindest)


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Sind Nationalismus und Patriotismus noch zeitgemäß?

25.07.2023 um 18:09
Zitat von stereotypstereotyp schrieb:Ich finde ehrlich gesagt, nach 80 Jahren kann man auch den Deutschen wieder Nationalstolz zugestehen.
Stolz bin ich auf Dinge die ich oder mir nahestehende Personen erreicht haben. Was irgendwelche Leuts mit der D Staatsbürgerschaft erreicht haben macht mich nicht stolz. Ich freue mich über die Leistung, Jup, nur ist das das Gleiche bei nem Schweizer, Bulgaren oder sonstwem.
Ich bin froh hier geboren zu sein und leben zu können. Froh über die Möglichkeiten die ich hier hatte und habe. Aber stolz? Mhm. Nö. Stolz bin ich darüber nicht.
Bin ich stolz auf Göthe? Nö. Er hat etwas erreicht. Jup. Er kann darauf stolz sein. Ok. Heute wird ihm das schwerfallen von wegen Tod und so. Und das gilt genauso für einen Tschaikowski oder einen Oscar Wilde.
Genauso wenig schäme ich mich für deutsche Touris die morgens um 6 Uhr mit einem Handtuch die Liegestühle belegen. Es sind Deutsche. Aber ich hab mit denen nix zu tun. Das ist peinlich, unabhängig von der Nationalität


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25.07.2023 um 18:13
Zitat von stereotypstereotyp schrieb:Du bist ganz schön am behaupten. Nur belegen kannst Du nichts. Leute von der AfD (oder ähnlichem?) sind viel zu wenig um einen Großteil der deutschen Patrioten auszumachen. (Hoffe ich zumindest)
Aber sie stellen den Großteil der Patrioten oder denen, die Nationalstolz haben. Der normale Deutsche hat keinen Nationalstolz oder ist kein Patriot. Ist auch gut so.


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25.07.2023 um 18:14
Zitat von CachalotCachalot schrieb:Ich bin froh hier geboren zu sein und leben zu können. Froh über die Möglichkeiten die ich hier hatte und habe. Aber stolz? Mhm. Nö. Stolz bin ich darüber nicht.
Ja. Ich weiß. Ist ein deutsches Phänomen. Gibt es nirgendwo sonst auf der Welt.
Zitat von CachalotCachalot schrieb:Bin ich stolz auf Göthe? Nö.
Bist Du denn stolz auf Leistungen eines Familienmitgliedes? Eines Freundes?
Zitat von CachalotCachalot schrieb:Genauso wenig schäme ich mich für deutsche Touris die morgens um 6 Uhr mit einem Handtuch die Liegestühle belegen.
Dafür schäme ich mich auch.


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Sind Nationalismus und Patriotismus noch zeitgemäß?

25.07.2023 um 18:14
Zitat von CachalotCachalot schrieb:Stolz bin ich auf Dinge die ich oder mir nahestehende Personen erreicht haben. Was irgendwelche Leuts mit der D Staatsbürgerschaft erreicht haben macht mich nicht stolz. Ich freue mich über die Leistung, Jup, nur ist das das Gleiche bei nem Schweizer, Bulgaren oder sonstwem.
Ich bin froh hier geboren zu sein und leben zu können. Froh über die Möglichkeiten die ich hier hatte und habe. Aber stolz? Mhm. Nö. Stolz bin ich darüber nicht.
Bin ich stolz auf Göthe? Nö. Er hat etwas erreicht. Jup. Er kann darauf stolz sein. Ok. Heute wird ihm das schwerfallen von wegen Tod und so. Und das gilt genauso für einen Tschaikowski oder einen Oscar Wilde.
Genauso wenig schäme ich mich für deutsche Touris die morgens um 6 Uhr mit einem Handtuch die Liegestühle belegen. Es sind Deutsche. Aber ich hab mit denen nix zu tun. Das ist peinlich, unabhängig von der Nationalität
Wobei man sagen muss, dass der gewöhnliche Nicht-Deutsche schon stolz auf sein Land ist.


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Sind Nationalismus und Patriotismus noch zeitgemäß?

25.07.2023 um 18:20
Zitat von stereotypstereotyp schrieb:Bist Du denn stolz auf Leistungen eines Familienmitgliedes? Eines Freundes?
Guckst du
Zitat von CachalotCachalot schrieb:Stolz bin ich auf Dinge die ich oder mir nahestehende Personen erreicht haben.
Zitat von Johnny1887Johnny1887 schrieb:Wobei man sagen muss, dass der gewöhnliche Nicht-Deutsche schon stolz auf sein Land ist.
Was mich immer wieder erstaunt. Worauf ist man da denn stolz? Auf Errungenschaften eines Menschen der zufällig in den gleichen Landesgrenzen geboren wurde oder irgendwann mal die eigene Staatsbürgerschaft angenommen hat?
Ich hab da halt ne andere Sicht drauf. Ich hab auch kein Schuldgefühl von wegen 3ten Reich. Mich gab es da noch nicht. Wir haben aber alle die Verantwortung das so etwas nicht wieder passiert. Auch hier. Unabhängig von der Nationalität


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25.07.2023 um 18:22
Zitat von CachalotCachalot schrieb:Was mich immer wieder erstaunt. Worauf ist man da denn stolz? Auf Errungenschaften eines Menschen der zufällig in den gleichen Landesgrenzen geboren wurde oder irgendwann mal die eigene Staatsbürgerschaft angenommen hat?
Ich hab da halt ne andere Sicht drauf. Ich hab auch kein Schuldgefühl von wegen 3ten Reich. Mich gab es da noch nicht. Wir haben aber alle die Verantwortung das so etwas nicht wieder passiert. Auch hier. Unabhängig von der Nationalität
Ich glaube, das liegt daran, dass z. B. die Türkei keinen Angriffskrieg beging, wie z. B. das Dritte Reich auf Polen, nicht zwei Weltkriege, in denen man mitwirkte, verloren hatte und auch nie einen industriellen Völkermord (Holocaust) beging. Da hat man einen anderen Umgang mit Nationalstolz.


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25.07.2023 um 18:25
Zitat von Johnny1887Johnny1887 schrieb:Ich glaube, das liegt daran, dass z. B. die Türkei keinen Angriffskrieg beging,
Geschichte, setzen, 6
Zitat von Johnny1887Johnny1887 schrieb:. Da hat man einen anderen Umgang mit Nationalstolz
Nochmal. Worauf ist man Stolz? Auf die Leistung anderer? Das darf man. Aber warum macht man das an der Landesgrenze oder Staatsbürgerschaft fest?


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Sind Nationalismus und Patriotismus noch zeitgemäß?

25.07.2023 um 18:28
Zitat von Johnny1887Johnny1887 schrieb:Der Großteil der patriotischen Deutschen oder Deutschen, die Nationalstolz haben, sind Leute von der AfD oder ähnlichem.
Das sind für mich Pseudo-Patrioten.

Echte Patrioten, die Deutschland wirklich lieben, würden niemals AfD wählen, weil sie wissen, wie schädlich das in mehrerer Hinsicht für Deutschland ist/wäre.

Ps.
Mein Vater ist der heimattreuste Mensch, Deutschland liebend, der mir je bis dato begegnet ist und das in so gut wie allen Lebensbereichen, wo noch möglich. Dürfte deswegen sogar freiwillig eingeschränkter als so mancher Neonazi leben.

Aber die AfD oder noch schlimmer die neue Heimat würde er niemals wählen.


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Sind Nationalismus und Patriotismus noch zeitgemäß?

25.07.2023 um 18:29
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Das sind für mich Pseudo-Patrioten.

Echte Patrioten, die Deutschland wirklich lieben würden, würden niemals AfD wählen, weil sie wissen, wie schädlich das in mehrerer Hinsicht für Deutschland ist/wäre.
Also Du bist ein sozialdemokratischer Patriot oder ein Sozialdemokrat, der Nationalstolz hat? Wäre cool.


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Sind Nationalismus und Patriotismus noch zeitgemäß?

25.07.2023 um 18:58
Zitat von CachalotCachalot schrieb:Nochmal. Worauf ist man Stolz?
Ein Blick in wiki lohnt doch immer.
Als Patriotismus wird eine emotionale Verbundenheit mit der eigenen Heimat oder dem Vaterland bezeichnet, häufig bezieht er sich auf die Nation. Im Deutschen wird anstelle des Lehnwortes auch der Begriff Vaterlandsliebe als Synonym verwendet.

Diese Bindung wird auch als Nationalgefühl oder Nationalstolz bezeichnet und kann sich auf ganz verschiedene als Merkmale der eigenen Nation angesehene Aspekte beziehen, etwa ethnische, kulturelle, politische oder historische.

Im Unterschied zu einer historisch-kulturellen Bindung steht der Verfassungspatriotismus für das positive Bekenntnis zu den in einer staatlichen Verfassung verankerten übernationalen ethischen und politischen Grundrechten und Wertvorstellungen. Diese beziehen sich in der Tradition westlicher Rechtsstaaten auf die unveräußerliche Menschenwürde und davon abgeleitete Menschenrechte, für die universale Geltung beansprucht wird.
Quelle:Wikipedia: Patriotismus


Mein Nationalstolz setzt sich aus der emotionalen Verbundenheit mit meinem Vaterland und den kulturellen Aspekten meiner Nation zusammen. Zudem bin ich Verfassungspatriot. :)


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Doors ehemaliges Mitglied

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Sind Nationalismus und Patriotismus noch zeitgemäß?

25.07.2023 um 19:07
Warum sollte ich stolz sein auf "mein Land"? Mir gehören nur rd. 1,5 ha im nordfriesischen Outback davon.

Stolz sein kann ich nur auf etwas, das ich selbst gemacht bzw. geschafft habe. Nicht auf etwas, das andere gemacht haben - darauf können die meinethalben stolz sein.

Mich treibt allerdings immer wieder die Frage um, warum soviele Menschen, die sonst nichts haben, nichts können, nichts wollen, worauf sie berechtigterweise stolz sein könnten, tönen: Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein!
Vermutlich, weil das bei den Leuten, die solche Sprüche klopfen, die einzige Leistung ist, auf die sie stolz sein können.

Meine Oma hat immer gesagt: Dummheit und Stolz wachsen am selben Holz.

Meine Zugehörigkeit zu einer Nation ist so zufällig wie aufkündbar.
Stolz sein kann ich nur auf das, was ich selbst geleistet habe - nicht auf irgendwelche anderen und ihre Leistungen.

Patriotismus ist die Droge für die Doofen, die sich für Gott und Kaiser, Führer, Volk und Vaterland oder zumindest zur "Sicherung deutscher Handelswege", wie ex Ex-Präsi Köhler formulierte, den Arsch wegschiessen lassen. Kostet nichts. Höchstens Leben, wie die Geschichte lehrt.

Meine Beobachtung während diverser fussballinduzierter Flaggenparaden in Hamburg:

Je "schlechter" das Viertel, je niedriger das Einkommen, je höher die Hartz-IV-Quote, desto dichter das Fahnengewimmel. In den teuren Vierteln, in den Elbvororten, Harvestehude, Poppenbüttel: Keine Fahnen, keine Wimpel an der S-Klasse oder am Bentley.

Wer nix hat, hat wenigstens eine Fahne. Billiger China-Lappen und billiger Nationalstolz für's doofe Volk. Die Fahne ist mehr als der Tod, zumindest aber mehr als Hartz-IV. Danke, Deutschland.

"Deutschland" ist mir viel zu diffus, um gut oder böse zu sein. Was macht Deutschland aus? Geschichte? Kultur? Sprache? Ein bunter Lappen? Wer ist "deutsch"? Wie hat man dann zu sein?

Was verbindet mich mit einem bayrischen Bergbauern oder einem schwäbischen Konzernchef? Was haben die Krupps und die Krauses gemein? In welcher Welt leben Herr Albrecht und seine Putzfrau wirklich? Bin ich nicht mehr "deutsch", wenn ich Ire werde, Däne oder Chinese? Ist Herr Kryszmanski, dessen Vorfahren vor hundert Jahren aus Polen kamen, deutscher als Herr Öztürk, dessen Eltern vor fünfzig Jahren kamen? Sind sie polnisch? Sind sie türkisch? Sind sie "Deutschland"? Was verbindet sie? Was trennt sie? Was habe ich mit ihnen gemein?

So viele Fragen - da braucht es kein Vaterland, um den Kopf zu verlieren.

Wenn mein dänischer Nachbar seinen Danebrog hisst, dann mag er das tun. Meine erste Frau hatte eine palästinensische Fahne an der Wand. Ja, und ich gebe zu, ich habe oft genug rote Fahnen getragen. Wenn man's braucht...

Inzwischen sind mir Stofffahnen so egal wie Spritfahnen. So lange ich nicht mitsaufen bzw. -flaggen muss.

Sehe ich mich in Nordfriesland als Hamburger (dort wurde ich geboren und bin da aufgewachsen)? Nö. Ich lebe in Nordfriesland, also bin ich Nordfriese. Meine Frau sieht das etwas anders, die sieht sich in Deutschland als Deutsche, in Irland als Irin. Unsere beiden Kinder sehen sich nicht als Halbiren oder Halbdeutsche, sondern als Volldeutsche. Ich sie hingegen ab und an als Vollirre. Etwas komplexer wird es bei meiner Ältesten. Die hatte eine libanesisch-palästinensische Mutter, ist in Deutschland aufgewachsen und hat jetzt die dänische Staatsbürgerschaft angenommen. Würde ich sie fragen, würde sie sich wohl als Dänin sehen.

Staatsangehörigkeiten und Herkünfte erschienen mir schon immer als reine "Papiersache". Meine Heimat ist da, wo ich meinen Lebensmittelpunkt habe.

Wenn ich dem Beispiel meiner Tochter folgen würde und die dänische Staatsbürgerschaft annähme, wäre ich dann "Deutscher" oder "Däne". Hätte das irgendwelche spontanen Auswirkungen auf mich als Person? Würde ich mich ändern? Wäre ich gar nicht mehr ich selbst?

Den Geburtsort haben wir uns alle nicht aussuchen können, unsere Staatsangehörigkeit können wir wechseln - aber würde das unser Ich verändern?


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