Verurteilung wegen Mordes für Raser
26.06.2020 um 14:24monstra schrieb:Das LG Berlin - bestätigt vom BGH - sagt:Ich kenne die Argumentation.
In dem Zitat wollte ich die Grundproblematik für @frauZimt darstellen, wie weit sich der Vorsatzbegriff inzwischen von dem "Wissen und Wollen" entfernt hat. Etwas in Kauf zu nehmen, ist in einem allgemeinen Verständnis nun mal kein "Wollen".
Aber auch der Punkt "Wissen" ist so eine Sache. Gewusst haben die Täter nicht, sie hätten bestenfalls wissen müssen - oder können, hätten sie vernünftig darüber nachgedacht. Aber auch das sind typischerweise Attribute der Fahrlässigkeit.
Aber davon abgesehen, ist eine Erweiterung des Vorsatzbegriffes aus Gerechtigkeitserwägungen heraus in Ordnung. Jemand, der in der belebten Innenstadt eine Bombe zündet, weil er das mal ausprobieren möchte, möchte ggf. nicht unbedingt jemanden töten. Aber ein Fahrlässigkeitsdelikt scheidet da völlig aus. Das würde jedes vernünftige Rechtsempfinden erschüttern.
Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass es ein systematisches Problem ist, das sich jedenfalls dem Grundsatz nach mit einer anderen Abstufung der Delikte lösen ließe.
Dabei ist aber auch zu bedenken, dass Fahrlässigkeit ein extrem weites Feld ist. Das reicht von "kurzes Augenblickversagen, das jedem passiert, nur in dem Fall trat eine schlimme Folge ein (kein Mensch ist zu jedem Zeitpunkt im Straßenverkehr vollständig aufmerksam, das ist biologisch schlicht unmöglich)" bis hin zu "ein so dämliches Verhalten, dass es jedem vernünftig denkenden Mensch die Sprache verschlägt".