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Verurteilung wegen Mordes für Raser

613 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Raser, Raser Mord ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Verurteilung wegen Mordes für Raser

26.06.2020 um 14:24
Zitat von monstramonstra schrieb:Das LG Berlin - bestätigt vom BGH - sagt:
Ich kenne die Argumentation.

In dem Zitat wollte ich die Grundproblematik für @frauZimt darstellen, wie weit sich der Vorsatzbegriff inzwischen von dem "Wissen und Wollen" entfernt hat. Etwas in Kauf zu nehmen, ist in einem allgemeinen Verständnis nun mal kein "Wollen".
Aber auch der Punkt "Wissen" ist so eine Sache. Gewusst haben die Täter nicht, sie hätten bestenfalls wissen müssen - oder können, hätten sie vernünftig darüber nachgedacht. Aber auch das sind typischerweise Attribute der Fahrlässigkeit.

Aber davon abgesehen, ist eine Erweiterung des Vorsatzbegriffes aus Gerechtigkeitserwägungen heraus in Ordnung. Jemand, der in der belebten Innenstadt eine Bombe zündet, weil er das mal ausprobieren möchte, möchte ggf. nicht unbedingt jemanden töten. Aber ein Fahrlässigkeitsdelikt scheidet da völlig aus. Das würde jedes vernünftige Rechtsempfinden erschüttern.

Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass es ein systematisches Problem ist, das sich jedenfalls dem Grundsatz nach mit einer anderen Abstufung der Delikte lösen ließe.

Dabei ist aber auch zu bedenken, dass Fahrlässigkeit ein extrem weites Feld ist. Das reicht von "kurzes Augenblickversagen, das jedem passiert, nur in dem Fall trat eine schlimme Folge ein (kein Mensch ist zu jedem Zeitpunkt im Straßenverkehr vollständig aufmerksam, das ist biologisch schlicht unmöglich)" bis hin zu "ein so dämliches Verhalten, dass es jedem vernünftig denkenden Mensch die Sprache verschlägt".


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

27.06.2020 um 19:00
Ich bin mir nicht sicher, ob man die Argumentation "sie wollen doch das eigene Auto nicht zerstören" auf Autoraser anwenden kann, scheinbar ist den Fahrern die mögliche Tötung eines Unbeteiligten doch egal, nach dem Motto "das war eben Pech".
Hier ein Youtube Video, verstörend.

Youtube: Vollidioten und illegale Straßenrennen
Vollidioten und illegale Straßenrennen
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Verurteilung wegen Mordes für Raser

27.06.2020 um 22:37
Nachtrag: natürlich kann man nicht von einem Raser auf alle anderen schließen, mir ging es darum zu zeigen, dass die Suche nach dem Kick größer sein kann als die Unversertheit des "geliebten" Autos.

Kann gut sein, dass Youtube auch die ganz krassen Fälle sperrt, eventuell kennt sich da jemand aus?


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 12:51
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:In dem Zitat wollte ich die Grundproblematik für @frauZimt darstellen, wie weit sich der Vorsatzbegriff inzwischen von dem "Wissen und Wollen" entfernt hat. Etwas in Kauf zu nehmen, ist in einem allgemeinen Verständnis nun mal kein "Wollen".
@kleinundgrün

Das ist mir schon klar.
Hier geht es nicht um in kauf nehmen, sondern "billigend" in kauf nehmen.
Das scheint mir, ein entscheidender Unterschied zu sein.

Ich versuchs mal mit einem Beispiel. (Beispiele hinken immer).

Jägermeister Hirsch jagt völlig in Einklang mit den Jagdgesetzen Wild. Er steht an einem See und legt auf ein Wildschwein an, das auf der anderen Seite steht. Im Hinterkopf hat er, dass die abgeschossene Patrone von der Wasseroberfläche abprallen und als Querschläger eine ungewünschte Richtung nehmen könnte. Er legt an, zielt und in seiner Konzentration bemerkt er den Spaziergänger nicht, auch auf der anderen Seite die Natur genießt.
Die Kugel prallt auf der Wasseroberfläche ab und tötet den Spaziergänger.
(So einen Fall hat es tatsächlich gegeben. Nach Anhörung verschiedener Gutachter wurde der Jäger für unschuldig erklärt).

Hier sieht es aber anders aus. Die Rennstrecke war bis zum Crash über 2 km lang (und wäre sicher länger gewesen, wenn den beiden nicht das "Hindernis" in den Weg gekommen wäre.)
Wer bei Rot über eine Ampel fährt, weiss, dass die Seitenstraßen grün haben. Das ist so klar, wie das Amen in der Kirche.

Es handelt sich nicht um ein in kauf nehmen, sondern billigen - also ja sagen. Ja, ich will den Kick. Ich weiss, dass die Anderen grün haben.
Mir egal, ich lass es drauf ankommen.


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29.06.2020 um 12:57
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Mir egal, ich lass es drauf ankommen.
Bei vernünftiger Betrachtung überwiegt aber der Gedanke, dass der Täter nicht will, dass es zu einem Unfall kommt, alleine, weil dies ja sein Ziel, an dem Rennen teilzunehmen bzw. zu "gewinnen" vereiteln würde.

Davon abgesehen, dass niemand seinen lieben Wagen zerstören will und es ihm realistisch betrachtet auch nicht egal sein wird, wenn das passiert. Von den Menschen abgesehen, die soviel Geld haben, dass es für sie tatsächlich keine Rolle spielt, ob der Wagen Schaden nimmt oder nicht.


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29.06.2020 um 13:26
Zitat von BruderchorgeBruderchorge schrieb:Bei vernünftiger Betrachtung überwiegt aber der Gedanke, dass der Täter nicht will, dass es zu einem Unfall kommt, alleine, weil dies ja sein Ziel, an dem Rennen teilzunehmen bzw. zu "gewinnen" vereiteln würde.
In diesem Fall ist die Sache komplizierter:

Der Hautpttäter hatte eine Auto mit 100PS weniger als der andere Fahrer.
Er hatte schon bei 2 Rennen den kürzeren gezogen ( ziemlich logisch ).
Er konnte das letzte Rennen also nur dadurch gewinnen das der andere Fahrer kneift.
Was ein plausibler Grund das der andere Fahrer den Schwanz einzieht ?
Doch wohl nur die Sorge das ein Unfall passieren könnte.

Ergo musste zumindest der Haupttäter billigen das ein Unfall geschieht. Um sein Ziel
(ein Rennen zu gewinne) zu erreichen.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 13:36
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Hier geht es nicht um in kauf nehmen, sondern "billigend" in kauf nehmen.
Das scheint mir, ein entscheidender Unterschied zu sein.
Ich weiß nicht, ob das sprachlich so ein Unterschied ist. Das "billigen" verstärkt noch mal den Umstand, dass man einen bestimmten Umstand zustimmt. Aber "in kauf nehmen" bedeutet eigentlich das gleiche.
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Im Hinterkopf hat er, dass die abgeschossene Patrone von der Wasseroberfläche abprallen und als Querschläger eine ungewünschte Richtung nehmen könnte.
Genau. Das ist dann so ein Fall der Abgrenzung von bewusster Fahrlässigkeit und bedingtem Vorsatz. Aber auch in dem Fall nimmt der Jäger den Tod des Wanderers nicht in Kauf, sondern weiß zwar, dass es ein Risiko gibt, denkt aber, dass sich dieses Risiko nicht realisiert.
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Es handelt sich nicht um ein in kauf nehmen, sondern billigen - also ja sagen. Ja, ich will den Kick. Ich weiss, dass die Anderen grün haben.
Der Vorsatz muss sich auf die Tötung eines anderen Menschen beziehen. Nicht darauf, wer wann grün hat. Bzw. wer wann welche Verkehrsgefährdung begeht. Wenn ich als Fußgänger bei rot über die Ampel laufe und ein bei Grün ankommender Motorradfahrer weicht mir aus und stirbt, werde ich hier wohl keinen Tötungsvorsatz gehabt haben. Auch wenn klar war, dass ich rot und querender Verkehr grün hatte.

Bei dem Rennen war der Fall (nur) insofern anders, als dass die Gefährdung wesentlich größer war.
Zitat von threefishthreefish schrieb:Ergo musste zumindest der Haupttäter billigen das ein Unfall geschieht. Um sein Ziel
(ein Rennen zu gewinne) zu erreichen.
Das halte ich für eine sehr gewagte These. Wie soll er es "geplant" haben, dass sein Gegner verunfallt, er aber nicht? Da gibt der Tathergang doch gar nichts her.
Das wäre eine Idee, wenn der Haupttäter den anderen abgedrängt hätte oder irgend etwas in der Art.
Dein Argument könnte man aber etwas abändern, damit es plausibler wird. Man könnte sagen, der spätere Mörder ist viel riskanter gefahren, weil er diesen Nachteil ausgleichen wollte und deswegen waren ihm alle Konsequenzen besonders egal.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 13:40
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Das halte ich für eine sehr gewagte These. Wie soll er es "geplant" haben, dass sein Gegner verunfallt, er aber nicht? Da gibt der Tathergang doch gar nichts her
Wie schon erläutert: Ein Unfall war nicht geplant oder gewollt , sogar unterwünscht.
Er wurde aber gebilligt.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 13:42
Zitat von threefishthreefish schrieb:Er wurde aber gebilligt.
Wie kann ich etwas Unerwünschtes billigen? Billigen bedeutet doch gerade, dass ich etwas zustimme.

Edit:
Er hat ggf. insgeheim gehofft, dass der andere einen Unfall baut - aber dass daraus sich irgend ein objektiver und subjektiver TB ableiten lässt, sollte die Handlung doch irgend etwas entsprechendes hergeben. Also dass er hoffte, der andere verunfallt und er provoziert einen solchen Unfall.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 13:55
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Wie kann ich etwas Unerwünschtes billigen? Billigen bedeutet doch gerade, dass ich etwas zustimme.
Exakt Billigen bedeutet zustimmen. Aber eben nicht immer wollen.

Nehmen wir an ein Feinschmecker hat total Hunger , aber es ist gerade nur ein Mc-Donalds offen.
Unser Feinschmecker möchte auf keinen Fall dort essen. Es ist im total zuwieder.
Er akzeptiert (Billligt) es aber mangels Alternativen.
Um sein übereordnetes Ziel (Hunger stillen ) zu erfüllen.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 13:59
Zitat von threefishthreefish schrieb:In diesem Fall ist die Sache komplizierter:

Der Hautpttäter hatte eine Auto mit 100PS weniger als der andere Fahrer.
Er hatte schon bei 2 Rennen den kürzeren gezogen ( ziemlich logisch ).
Er konnte das letzte Rennen also nur dadurch gewinnen das der andere Fahrer kneift.
Was ein plausibler Grund das der andere Fahrer den Schwanz einzieht ?
Doch wohl nur die Sorge das ein Unfall passieren könnte.

Ergo musste zumindest der Haupttäter billigen das ein Unfall geschieht. Um sein Ziel
(ein Rennen zu gewinne) zu erreichen.
Zitat von threefishthreefish schrieb:Der Hautpttäter hatte eine Auto mit 100PS weniger als der andere Fahrer.
Er hatte schon bei 2 Rennen den kürzeren gezogen ( ziemlich logisch ).
Er konnte das letzte Rennen also nur dadurch gewinnen das der andere Fahrer kneift.
Was ein plausibler Grund das der andere Fahrer den Schwanz einzieht ?
Doch wohl nur die Sorge das ein Unfall passieren könnte.

Ergo musste zumindest der Haupttäter billigen das ein Unfall geschieht. Um sein Ziel
(ein Rennen zu gewinne) zu erreichen.
@threefish
So genau bin ich nicht eingelesen. Vorher 2 Rennen verloren? Das kratzt natürlich am Image und dann muss ein Sieg her.
Wenn nicht durch Geschwindigkeit möglich, ist der durch eine "Mutprobe" zu erwirken.
Das wäre dann ein anderer "Sport". Nicht zu beweisen, aber die Schlussfolgerung scheint mir richtig.
Das verändert meine Sicht auf diesen Fall noch mal erheblich.

Der Film "Denn sie wissen nicht, was sie tun", mit James Dean und Nathalie Wood lässt grüßen.
Wobei der Titel irreführend ist. Sie wussten ja gerade, was sie tun. Oder es müsste ihnen klar gewesen sein.

@Bruderchorge
Nicht kaputt machen, was einem lieb und teuer ist....

Ich muss dieser Tag oft an eine frühere Klassenlehrerin denken. Sie war fanatische Katholikin und überzeugt, dass Darwin ein Scharlatan war. Eines Tages tat sie im Unterricht kund, dass die Befreiung der Sklaven ein großer Fehler war. Solange die Sklaven ihre Herren hatten, ging es ihnen gut, denn niemand macht etwas kaputt, das ihm gehört und für das er viel bezahlt hat.

Seit dem überzeugt mich das Argument "niemand macht kaputt, was ihm gehört", nicht mehr.

Es gibt Momente, in denen Vernunftgründe nicht mehr zählen. Da ist das Ego wichtiger.

Wer verspielt schon Haus und Hof beim Roulette?, könnte man fragen.
Und doch passiert das jeden Tag. Und welche Spielbank verzichtet auf ihren Gewinn, weil der Verlierer am Ende sagt: Sorry! Tut mir leid. Ich war so sicher, dass ich nicht verlieren kann. Ich will alles wieder zurück haben.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 14:00
Zitat von threefishthreefish schrieb:Unser Feinschmecker möchte auf keinen Fall dort essen. Es ist im total zuwieder.
Er akzeptiert (Billligt) es aber mangels Alternativen.
Klar. Aber auch dann muss es ja irgend einen Ausdruck dieses biligens geben. Er geht zum Fastfoodrestaurant.
Aber hier ist ja gerade nichts in der art passiert.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 14:03
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Klar. Aber auch dann muss es ja irgend einen Ausdruck dieses biligens geben. Er geht zum Fastfoodrestaurant.
Aber hier ist ja gerade nichts in der art passiert.
Es ging um das grundsätzliche Verständnis:
Billigen bedeutet nicht umbedingt wollen !


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 14:13
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Seit dem überzeugt mich das Argument "niemand macht kaputt, was ihm gehört", nicht mehr.
Das Argument war noch nie überzeugend. Wie oft machen Menschen im Zorn was kaputt.
Aber natürlich sinkt die Wahrscheinlichkeit, etwas kaputt machen zu wollen, je mehr einem diese Sache am Herzen liegt. Wenn jemand seinen Sklaven sehr schätzt, tötet er ihn eher nicht. Wenn er ihn als Sache betrachtet, überwiegt ggf. der Spaß, ihn sterben zu sehen dem finanziellen Verlust.

Den Typen hier waren ihre Karren fast schon heilig. Es ist relativ plausibel, dass sie den Totalverlust ihres Fahrzeuges gerade nicht gebilligt haben. Sie sind davon ausgegangen, dass sie dieses Rennen fahren, nicht dass es sie ihr Fahrzeug kostet. Wenn man die beiden direkt vorher gefragt hätte, meinst Du irgend einer hätte nur einen Gedanken an die Folgen gehabt? Schwer zu sagen, aber ich denke, eher nicht.
Zitat von threefishthreefish schrieb:Es ging um das grundsätzliche Verständnis:
Billigen bedeutet nicht umbedingt wollen !
Ja, dem stimme ich zu. Aber so unterscheiden sich ja auch die verschiedenen Vorsatzstufen. Ich weiß da nicht so recht, worauf Du hinaus möchtest.
Wenn A es toll fände, dass B verunfallt, dann muss über dieses Wollen (oder billigen) hinaus auch noch irgend etwas passieren, damit das vorsatzrelevant wird.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 15:35
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Wenn A es toll fände, dass B verunfallt, dann muss über dieses Wollen (oder billigen) hinaus auch noch irgend etwas passieren, damit das vorsatzrelevant wird.
Das Gericht geht davon aus das der Haupttäter gebilligt hatte selber in einen Unfall verwickelt zu werden.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 15:55
Zitat von threefishthreefish schrieb:Das Gericht geht davon aus das der Haupttäter gebilligt hatte selber in einen Unfall verwickelt zu werden.
Logisch. Sonst hätte es schwerlich einen Tötungsvorsatz bejahen können, der darauf beruht, dass der Täter diese Situation in seine Gedankenwelt aufgenommen hat.
Aber das ändert ja nichts daran, dass es in meinen Augen konstruiert ist. Mit dem Ziel, eine Handlung mehr zu sanktionieren, als es das Gesetz damals vorsah.

Ich hätte es auch as höchst ungerecht empfunden, wenn der Täter mit 4-5 Jahren davongekommen wäre (man müsste auch strafmildernde Umstände berücksichtigen, keine einschlägigen Vorstrafen, Verhalten nach der Tat etc.). Das wäre ein Ergebnis gewesen, das ein "normales" Gerechtigkeitsempfinden arg strapaziert hätte.
Aber das kommt ab und an vor. Es passiert etwas, an das der Gesetzgeber nicht gedacht hat. Und das kann eine Strafbarkeitslücke bedeuten. Im Sinn eines Rechtsstaates sollte man nun aber nicht dazu übergehen, solche Lücken durch die extensive Auslegung anderer Straftatbestände zu schließen. Sondern dadurch, dass sie durch die Legislative geschlossen werden. Auch wenn das zu schwer erträglichen Einzelfällen führt.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 16:04
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Aber das ändert ja nichts daran, dass es in meinen Augen konstruiert ist. Mit dem Ziel, eine Handlung mehr zu sanktionieren, als es das Gesetz damals vorsah.
Die Rechsprechung wird nicht nur durch den Gesetztestext bestimmt ,sondern auch durch die Umsetzung.
Korrekt ist : Die laufende Rechsprechung sah das bis jetzt nicht vor.
Welche Handlungen als Tötungsvorsatz anzusehen sind , das ist im Gesetz nicht definiert.
Das ergibt sich aus der laufenden Rechsprechung.
Von daher ist es komplett falsch das das Gesetz diese Strafe nicht vorsah.

Diese Urteil hat Paradigmen in der Rechspflege verändert.
Ein Vorgang der immer wieder vorkommt.


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29.06.2020 um 16:15
Zitat von threefishthreefish schrieb:Die Rechsprechung wird nicht nur durch den Gesetztestext bestimmt ,sondern auch durch die Umsetzung.
Das ist aber eine sehr schmale Kante. Die Judikative darf an sich keine Funktionen der Legislative erfüllen und macht das im Zuge einer Rechtsfortbildung auch nur sehr eingeschränkt.
Zitat von threefishthreefish schrieb:Welche Handlungen als Tötungsvorsatz anzusehen sind , das ist im Gesetz nicht definiert.
Handlungen ja sowieso nicht, es geht um die Motive. Und ja, diese sind im Gesetz nicht explizit benannt. Aber es ist recht klar - eben durch die richterliche Fortbildung - was darin enthalten ist und was nicht. Nur gibt der Gesetzgeber eben explizit eine Unterscheidung von Vorsatz und Fahrlässigkeit vor und in dieser Vorgabe muss sich auch die Rechtsprechung in ihrer Auslegung bewegen.
Zitat von threefishthreefish schrieb:Von daher ist es komplett falsch das das Gesetz diese Strafe nicht vorsah.
Nein. Das Gesetz sah keinen passenden Straftatbestand vor, der zu den Umständen gepasst hätte. Es ist gerade Sinn der Gewaltenteilung, dass der Richter die Gesetze im Sinne des Gesetzgebers auslegt und nicht durch eigene Rechtsfortbildung die Gesetze ergänzt. Er kann mittels verschiedener Methoden das Gesetz auslegen - aber stets so, wie es gedacht war.
Und dass es hier eine Regelungslücke gab, hat der Gesetzgeber recht schnell gesehen und gehandelt. Indem er einen Tatbestand schuf, der genau der Systematik sonst entsprach: Vorsatz hinsichtlich einer bestimmten Gefährdung und Fahrlässigkeit hinsichtlich der schweren Folge.
Zitat von threefishthreefish schrieb:Diese Urteil hat Paradigmen in der Rechspflege verändert.
Ein Vorgang der immer wieder vorkommt.
Na klar kommen Paradigmenwechsel vor. Nur war der in diesem Fall (sollte es wirklich ein nachhaltiger Paradigmenwechsel gewesens sein), nicht richtig. Weil er Grundsätze der Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit verletzt und beides noch weniger voneinander abgrenzbar hinterlässt.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 16:25
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Nur gibt der Gesetzgeber eben explizit eine Unterscheidung von Vorsatz und Fahrlässigkeit vor und in dieser Vorgabe muss sich auch die Rechtsprechung in ihrer Auslegung bewegen.
Meines Wissens gibt es im StgB eine Unterscheidung von Vorsatz und Fahrlässigkeit.
Es wird aber nicht definiert wie vor Gericht das Vorliegen von Vorsatz oder Fahrlässigkeit festzustellen ist.
Oder auf welchen Paragraphen StGB exakt beziehst du dich ?


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

29.06.2020 um 16:48
Zitat von threefishthreefish schrieb:Meines Wissens gibt es im StgB eine Unterscheidung von Vorsatz und Fahrlässigkeit.
Es wird aber nicht definiert wie vor Gericht das Vorliegen von Vorsatz oder Fahrlässigkeit festzustellen ist.
Es gibt keine Legaldefinition einer Abgrenzung. Aber eben eine sehr krasse Unterscheidung in den Rechtsfolgen, was zwingend bedeutet, dass Vorsatz in den Augen des Gesetzgebers nicht "ein bisschen mehr Fahrlässigkeit" mit fließenden Übergängen zur Fahrlässigkeit sein soll, sondern etwas fundamental anderes.

Und diesem Gedanken tragen andere Straftatbestände Rechnung. Nämlich die erfolgsqualifizierten Delikte. Der Täter handelt vorsätzlich hinsichtlich einer bestimmten Handlung, die per se gefährlich ist und verursacht in Folge dieser Handlung eine schwere Folge. Und hier sind die Strafdrohungen auch recht hoch. Der Gesetzgeber sanktioniert gerade, dass zwar die Handlung selbst "nur" dämlich war, dass aber dadurch eine Folge eingetreten ist, die der Gesetzgeber nicht einfach hinnehmen möchte.
Das ist genau die hier vorliegende Fallkonstellation.

Stell Dir doch folgende Alternative vor:
A fährt ein Rennen und erblickt seinen Feind F, der gerade über die Straße läuft. Die Gelegenheit ist günstig und er hält auf ihn zu. Hier bildet sich ein Vorsatz, der die Tötung des F betrifft.

Eine Ausweitung des Vorsatzes, passt systematisch nicht wirklich. Es würde passen, wenn es einen objektiven Tatbestand der Tötung gäbe, der Strafrahmen dieser Norm aber fließend von Tagessätzen bis lebenslang ginge. Dann wäre der ganze Bereich der subjektiven Komponente mehr oder weniger der Beurteilung des Gerichts überlassen. Das wäre durchaus eine Option - aber genau diese Ausgestaltung haben wir nicht. Sondern eine besonders scharfe Trennung der Rechtsfolgen.


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