Star-Ocean schrieb:Ich glaube sofort, dass es ein Leben am Existenzminimum ist, wenn man Bürgergeld bezieht. Keine Frage, das ist sicher kein Zuckerschlecken. Aber es wird auch immer so dargestellt als sei Arbeit für manche der schlimmste Albtraum, ein schweißtreibenden Tag auf dem Dach vor, bei dem die Sonne brennt und der Rücken sticht und man vor Schmerzen schreit oder das man im Büro sitzt für die Steuerung von Logistikprozessen in einem multinationalen Unternehmen zuständig ist und vom Chef täglich angebrüllt wird, weil man geistig nicht in der Lage ist 10.000 Container pünktlich in 20 Häfen auf drei Kontinente zu liefern.
Was ich damit sagen will, Arbeit muss ja nicht immer gleich körperlicher oder geistiger Hochleistungssport sein. Es könnte auch etwas so Banales sein wie Briefe eintüten, Stempeln oder Daten abtippen.
Aber selbst das scheint für einige schon eine Zumutung zu sein. Diese Einstellung kostet den Rest der Gemeinschaft nicht nur Geld, sondern auch Geduld. Während sich andere den Arsch abrackern und ordentlich Gelder vom ihrem Brutto für sowas abdrücken, wird fleißig erklärt, warum man selbst lieber in der Zuschauerrolle bleibt. Was könnten wir an Ressourcen und Wertschöpfung heben, wenn sich jeder wenigstens ein paar Stunden irgendwo einbringen müsst und wenn es nur irgendwo ehrenamtlich im Tierheim ist, Hunde Gassi führen o.ä.
Ich werde es nie verstehen.
Ich muss hier relativ zustimmen. Ich war selbst im Jobcenter - als "Kunde" - und ich habe "genug" (also als Querschnitt der Gesellschaft) dieser Leute gesehen. Ehrlicherweise ist es halt sehr individuell. Es gibt auch viele, die irgendwo einen ehrlichen Arbeitswunsch haben und wollen aber durch handicaps eine verminderte Chance haben. Mit Handicaps meine ich kontextuell jetzt diverse Dinge, nicht nur rein physische Handicaps. Sie könnten auch als schlechte Zeugnisnoten sich auswirken. Oder psychologische Probleme. Was ich sagen will ist, dass manche sich auch ggf. mit ihren Ambitionen verrennen oder zu hohe Ansprüche stellen. Ich habe in der späten *Jugendzeit viele junge Menschen gesehen die sehr spezifische Berufswünsche hatten, für die es aber wahlweise mit dem Lebenslauf oder den Zeugnissen bzw. Vorerfahrungen noch nicht gereicht hat, oder es gab für ihren spezifischen Berufswunsch in der Region einfach zu wenig bzw. keine freien Stellen mehr.
*Wir waren quasi 'abgetrennt' von älteren Erwerbspflichtigen, grober Konzeptsinn war wohl bei jungen Menschen mit noch viel Lebenszeit bzw. Karriere- und Berufseinstiegsmöglichkeiten etwas forcierter Dienstleistungen und maßgeschneiderte Angebote anzubieten die andere Leute die schon im Berufsleben standen und dann arbeitslos werden eher weniger brauchen. Dahingehend beziehen sich meine eigenen Erfahrungen dahingehend vor allem auf junge Menschen die noch vor relativ kurzer Zeit gerade von der Schule abgegangen sind.(Konkreter Fall, selbst mitbekommen) Ja, meine Güte wenn man Gärtnerin mit Fachrichtung Zierpflanzenbau werden will aber da keine Stelle/Fachausbildung zu kriegt muss ich halt vielleicht erst mal mit was anderem in dem Bereich anfangen und mich da von dann als Sprungbrett bewerben oder fortbilden wenn die Stelle die ich mir wünsche dann verfügbar wird. Nein, es MUSS diese besondere Stelle sein, von der es in der Region zu dem Zeitpunkt halt augenscheinlich nicht genug gab. Also knatschte man rum und stellt so auch schon psychologisch Hinderungsgründe vor sich selbst weil man dann geneigt war keine Alternativstellen anzunehmen, zu vermeiden. Weil 'nicht gut genug'.
Aber gut, die Menschen wollen immerhin irgendwo. Ich will da nicht zu viel Kritik verlieren, manche finden irgendwann ihren Weg oder sehen es dann ein und steuern naheliegende Alternativen an.
Dann gab es aber ganz klar auch den total-verweigernden Typus. Der mag in der Summe der gemeldeten Personen die Arbeit suchen sicherlich keine quantitative Mehrheit sein, aber es gibt ihn als Klischee. Auch diesen erlebte ich wiederkehrend. Wobei ich hier bei einzelnen Fällen jener die ich miterlebt habe ob nicht auch Suchtfaktoren oder andere Probleme die Leute in diese Richtung drängte. Andere haben mir stolz erzählt dass sie bald psychologisch für arbeitsunfähig deklariert werden damit sie gar nicht mehr Arbeiten müssen.
Ja, man erlebt viel und kriegt viel mit, wenn man teilweise mit ALG II-Empfängern - während man selbst teils einer war -in einem Mehrfamilienhaus lebt und auch andere in Maßnahmen über einen längeren Zeitraum erlebt. Ich selbst habe mich immer fleißig beworben und bin nicht auf die Nase gefallen - aber ich hatte selbst andere Handicaps. Am Ende habe ich ca. auf zwei Blöcke aufgeteilt insgesamt ca. 2 Jahre darin verbracht und gesucht und war am Ende froh mir selbst die Stelle rausgesucht zu haben. Hätte ich nicht eine Stelle gefunden hätte man mir danach Jobcenter-seitig eine Stelle im Callcenter angeboten. War das mein Traumberuf? Verdammt, nein. Aber ich hätte sie im Zweifel wahrgenommen. Es ist halt auch besser, sich aus der Arbeit heraus zu bewerben.
Fairerweise reden wir hier von den Negativklischees und müssen Bedenken, dass ein relativer Großteil nicht in dieses fällt. Aber gerade um die Negativbeispiele geht es ja thematisch gerade.
Ergo mit dem im Sinn zu den nächsten Zitaten:
Negev schrieb:Boh dieses fabulieren und getrete nach Unten ist schon eine Zumutung!
Negev schrieb:Das was was du sagst, ist pure Fantasie!
Ja voll schlimm, genau die zu erwähnen, die aus ihrer momentanen Position ggf. zu hohe Anforderungen/Wünsche haben und erst mal Umwege gehen oder klein anfangen sollten und jenen die sich bewusst entziehen. Die gibts ja auch nicht. /s
Im Ernst, die stellen eine Gruppe dar die wohl am wenigsten eine Lobby hat - in dem Fall quasi zu recht. Man kann immer argumentieren, dass eine Gesellschaft die aushalten kann - aber nicht muss. In Zeigen wo der Bundeshaushalt immer mehr beansprucht wird und gesellschaftlich die Leute eh kein gutes Standing haben, kann man nicht ewig auf Kulanz oder Toleranz hoffen.
Ist ja gerade für jene schön die es sich darin bequem gemacht haben und auskommen. Ist IMHO aber nicht der wirkliche Sinn des sozialen Netzes. Wenn man jene mehr über nudging motivieren könnte wäre das fairer für alle und ggf. für einzelne davon sogar auf Dauer doch sinnstiftender, auch zu deren positiver Überraschung.