Ahmose schrieb:Propaganda hin oder her, auch Russland hat nicht unendlich viele Kanonen und Muni.
Da läuft es im Moment drauf hinaus: Wer hat die größeren Ressourcen und kann länger durchhalten?
Natürlicher Verlierer (weil viel kleiner) ist eigentlich die Ukraine. Dank der militäischen Unterstützung zahlloser westlicher Länder können sie aber im Moment gut mithalten. Es fragt sich - und das ist der eigentliche Knackpunkt - ob das auch so bleibt. Was der Westen geliefert hat ist viel Kriegsmaterial aus sowjetischer Fertigung das auf irgendwelchen Wegen (z.B. Material der DDR-Volksarmee) im Westen gelandet ist und dort Rüstungsschrott war. Aber das ist keine unendliche Ressource. Und westliches Material aus eigener Produktion das man abgeben konnte weil es aus irgendwelchen Gründen "über" war, z.B. weil es schon andere, neuere Produktlinien gibt. Auch das geht nicht unendlich.
Die Ukraine wird in absehbarer Zeit neues Material fordern weil in einem Krieg nun mal auch eigenes Material zerstört wird oder unreparierbar kaputt geht. Und dann wird es teuer, sehr teuer für den Westen. Denn in einer Friedensprduktion kostet neuproduziertes Kriegsgerät heftiges Geld. Und wir werden es der Ukraine schenken müssen oder zumendest gegenüber den Rüstungsfirmen in Vorleistung gehen müssen, weil es die Ukrainer wohl kaum bezahlen können.
Oder im Klartext: Im Staatsbudget des nächsten Jahres wird bei uns (und nicht nur bei uns) ein Posten auftauchen: "Militärhilfe für die Ukraine" und dann steht da ein Betrag in Milliardenhöhe. Das wird für Diskussionen sorgen.
Die Russen dürften ähnliche Sorgen haben. Aber noch ist Geld vorhanden. Eine große Unbekannte ist die Leistungsfähigkeit der russische Rüstungsindustrie. Was Waffen auf dem neusten technischen Stand angeht so hat man sie wohl überschätzt, anders kann man die Nichtverwendung diverser angekündigter Superwaffen wohl nicht erklären. Es fragt sich wieviel einsatzfähiges Material - bis zurück zu Sowjetzeiten - noch in den Depots ist und an die Front kommt.
Die Russen müssen sich dabei weitgehend auf ihre eigene Rüstungsindustrie verlassen, weil ihre wenigen Verbündeten z.B. Syrien es selbst brauchen und/oder ganz einfach keine nennenswerte Rüstungsindustie haben. Es gibt zwei Unbekannte in dieser Rechnung: Nordkorea und China. Ob die liefern können und wollen ist eine Frage. Zumindest die Chinesen dürften auch genügend Kapazitäten und Kenntnisse haben. Wenn sie - gegen gutes Geld - die Russen "nachrüsten" sehen die Karten für Moskau gut aus und der Krieg kann ewig dauern.
Und natürlich die Drohnen aus dem Iran, die -offenbar leicht umgebaut - den Ukrainern im Moment so viele Probleme bereiten. Da hilft nur eine effektive Luftabwehr. Denn der Versuch den Russen mittels Technologieboykott sozusagen die Produktion abzudrehen dürftte zum Scheitern verurteilt sein. Zu viel High-Tech wird in China produziert. Und da kommen die Russen dran. Und viel elektronisches Material erreicht die Russen auf verschlungenen Wegen, z.B. als Elektronik in Kühlschränken über Drittländer. Ganz allgemein gesagt: Was im Westen frei gehandelt werden darf, z.B. an Computerchips wird die Russen auch erreichen. Über Drittländer oder notfalls ein Koffer voll Chips, aufgegeben als Diplomatengepäck.
Meine Einschätzung: Der Krieg kann noch lange dauern.
Er wird dann enden wenn eine Seite nicht mehr kann. Das ist nicht abzusehen.
Oder dann wenn beide Seiten sich militärisch nichts mehr erhoffen
und die jeweiligen Führer bereit sind die Konsequenzen zu ziehen. Auch das ist zur Zeit nicht abzusehen. Da müssen die Fronten nicht - wie momentan - wochenlang erstarrt sein sondern viele Monate und Jahre.
Mal als Vergleich: Im ersten Weltkrieg waren die Fronten in Frankreich fast vier Jahre erstarrt und das wäre noch ein, zwei Jahre so weiter gegangen bis zur allgemeinen Erschöpfung wenn sich die Gewichte nicht Mitte 1918 durch das Eingreifen einer zusätzlichen Kriegspartei (USA) entscheidend verschoben hätten.
Hoffen wir dass es in der Ukraine nicht wieder so lange dauert. Sicher bin ich mir nicht.