Ahmose schrieb:Und bei Putin sieht es eher danach aus, das er glaubt Russland sei inzwischen wieder stark genug um solche Kriege zu führen. Nach den Siegen im Kaukasus und in Syrien ist das vielleicht sogar verständlich. Ein Irrtum ist es dennoch. Ob er das inzwischen begriffen hat ist aber fraglich.
Das Problem ist auch, dass Putin (und wahrscheinlich auch sein gesamter Führungszirkel) nur von Ja-Sagern umgeben ist.
Man glaubt auch der eigenen Propaganda und Informationen, die dieser Propaganda widersprechen könnten, werden nicht „nach oben“ durchgegeben. Quasi eine Filterblase par excellence, das ist ein Merkmal von autoritären Führungsstilen, die keine Widerworte erlaubt.
Die Propaganda erzählte, die Ukraine und deren Führung sei schwach und nur von Nazis beherrscht, die keinen Rückhalt im Volk haben. Darauf baute der versuchte Sturm auf Kiew auf. Man hat auch nicht erkennen wollen, dass die Ukraine von den Ereignissen 2014 gelernt hat, während Russlands Führung sich immer mehr in ihrer Propaganda verloren hat.
Ahmose schrieb:Du hoffst das sich Russland quasi selbst abschafft und damit unsere Probleme löst? Das ist Wunschdenken. Russland wird auch nach diesem Krieg noch da sein, wird immer noch mächtig sein und seine Ambitionen haben. Wir werden lernen müssen damit umzugehen.
Das ist ja das. Russland wird nach dem Ukrainekrieg, egal wie er endet, immer noch da sein. Der Krieg offenbarte allerdings massive Schwächen in der Führung und der Ausrüstung des Militärs und offenbart die Probleme der russischen Wirtschaft.
Da hat Russland die nächsten Jahre hart daran zu arbeiten - so wie es aussieht, ist das Konzept der BTG (dass jedes Bataillon genug Artillerie hat, um keine Unterstützung „von oben“ anfordern zu müssen und deswegen theoretisch autark agieren kann) gescheitert (man hat nicht genug Infanterie und die Logistik ist abseits der Eisenbahn nicht so prall).
Die Wirtschaft ist nur gut daran, Rohstoffe zu exportieren. Aber selbst da ist man vom Ausland extrem abhängig - weil Russland dringend benötigte Teile nicht selbst warten kann. Man ist auch abhängig vom ausländischem Maschinenbau, Zulieferung von Teilen und so weiter. So wie es aussieht, ist Russland im Moment nicht einmal mehr in der Lage
Radlager für Eisenbahnwaggons (an denen die russische Logistik hängt) herzustellen, weil die drei Hersteller entweder Joint Ventures waren oder gleich ganz im ausländischem Besitz sind…
Russland wird weiterhin „da sein“ - mit vielen Atombomben, aber Russland wird in Zukunft kleinere Brötchen backen müssen. Die Frage ist halt - wie passt die (schrumpfende) Wirtschaftskraft zu den Ambitionen? Und wann erkennt Russlands Führung, dass man sich eigentlich mit der Ukraine völlig verhoben hat? Schon vor dem Ukrainekrieg war da eine Diskrepanz zwischen „Wollen“ (2.stärkste Armee der Welt) und „Können“ (Wirtschaftskraft).
Und eine „Graswurzelrevolution“ wird es auf absehbare Zeit in Russland wohl nicht geben. Dazu fehlt die Infrastruktur, dazu fehlen die (demokratischen) Traditionen. Das Problem in Russland ist auch, dass es keinen direkten Nachfolger von Putin gibt. Er hat keinen der nach seinem Tod sein „politisches Erbe“ antritt, da entsteht ein Machtvakuum. Deswegen wissen wir auch nicht, wer ihm dann irgendwann nach folgt. Wird er den Kurs Putins weiter verfolgen, verschärfen oder ganz anders agieren? Wir wissen es leider nicht.