Libertin schrieb:Die 1789 von der französischen Nationalversammlung verkündete Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte sowie auch die Menschenrechtsdeklaration der Vereinten Nationen von 1948 waren zwar sehr von Vordenkern aufklärerischer staatstheoretischer Denkmodelle geprägt, jedoch lässt sich nicht leugnen, daß insbesondere im Hinblick auf den Renaissance-Humanismus ein durch den Gedanken an die Gottesbenbildlichkeit des Menschen geleiteter christlich geprägter Humanismus das Menschenbild in Europa als sehr mächtige geistige Strömung bis zu seiner Säkularisierung entscheidend mitgeprägt hat.
Der Punkt hier ist doch der, dass nicht das Christentum den Humanismus geprägt hatte, sondern umgekehrt.
Dem kann ich ansonsten schon eher zustimmen, denn du nennst hier den eigentlich wichtigen abendländischen Beitrag zur Menschenrechtsdeklaration. Die Aufklärung, die wie wir wissen Religionen allesamt verwarf, und sich auf den reinen Logos - also die Vernunft stützte. Mit Nichten was besonders christliches, eher eben wie ich weiter oben schon schreib was außerordentlich universelles. Deshalb mein Veto in dem Punkt an
@Kc Der Renaissance darf man in dem Zusammenhang allerdings zugute halten, dass sie die voraufklärerischen humanistischen Gedanken in die Welt trug, und sie damit ein Stück weit damit einte. Auch über die Religion, aber natürlich nicht minder über Literatur, gesellschaftlichen sowie technischen Fortschritt, und hier wieder am wichtigsten über das Staatswesen samt Wirtschaft.
Aber Du hast natürlich nicht unrecht damit, daß die Wurzeln humanistischer Menschenbilder bereits in der Antike vorzufinden und zeitgenössische Werke wie die von Cicero, der z.B. wiederum sehr von der griechischen Philanthropie als Ideal angetan war, als wichtige Impulsgeber für die humanistischen Gelehrten der Renaissance dienten.
Sicher. Cicero, Quintilian, Plato, Aristoteles, die Stoiker, die Epikureer oder die Skeptiker hatten aber eines gemeinsam. Sie standen unter strenger Beobachtung der Kirche, und mussten weitgehend Opportunisten sein, was den Glauben angeht. Meist haben sie ihre Gedanken so formuliert, dass sie mit dem Christentum irgendwie vereinbar waren und stets korrespondierten, was ihnen dann eben bloß einen christlichen Anstrich verpasste. Der Ursprung und auch die ganze Intention dahinter ist aber schon im Kern eher agnostisch.
Die Loslösung von Europa wiederum eröffnet ganz andere Welten für die universelle Humanismus Betrachtung. In Indien bspw. zu einer Zeit, als die ersten europäischen Zivilisationen aufkeimten, also Übergang von Bronze- in das Eisenzeitalter, und noch kaum sowas wie gelehrsame Betriebsamkeit herrschte, wurde bereits sehr tiefgehend über die Rolle des Menschen im Universum philosophiert, und zwar auf einem sehr beachtlichen Niveau. Da wurden bereits die Veden verfasst, woraus auch später der Buddhismus erwuchs, was ich für viel näher am eigentlichen humanistischen Gedanken halte, als es das Christentum (in seiner bloßen Religionslehre, nicht gesamtgesellschaftlich) je schaffte.
Ich nehme an, dass die Griechen dort ihre Inspiration schöpften, und den Antiken Zeitgeist damit prägten. Der Wurde im Orient während des Mittelalters konserviert, und in der Renaissance wieder aufgewärmt. In der Aufklärung erweitert, und recht ansehnlich ausgebaut.
Libertin schrieb:Hier kollidieren also teils durchaus sehr gegensätzliche Menschenbilder und ihre damit verbundenen Rechtsfragen aufeinander, sodaß es besonders im Hinblick auf eine erfolgreiche Integrationsarbeit für Menschen aus solchen kulturell geprägten Ländern schon mehr als nur Verständnis und etwas mehr Kommunikation benötigt. Kulturelle Prägung lässt sich auch nicht durch ein paar Gesprächsführungen "umerziehen". Das Ganze ist meist ein sehr langwieriger und teils auch generationsübergreifender Prozess welcher mit sehr vielen (ideologischen, politischen) Hürden, sowohl beim Neubürger (Angst, Misstrauen, Unverständnis, etc.) als auch bei der Aufnahmegesellschaft selbst (Ablehnung, Desorganisation, restriktive Integrationspolitik, etc.) verbunden ist.
Auch das ist mir bewusst. Hab ich auch schon was zu geschrieben.
Ich bilde mir nicht ein mit solchen kleinen Spielereien sofort den Weltfrieden zu schaffen, aber irgendwo muss man doch mal anfangen, und wenn man schon weiß, dass sowas Generationen dauern kann, dann setzt man doch am besten dort an, wo jedes mal eine neue Generation geprägt wird. Im Kindesalter. Wenn man dort nur etwas Verständnis für die unterschiedliche kulturelle Prägung einpflanzen könnte, und damit die Kommunikation insgesamt erleichtert und fördert, ist doch schon mal was Konkretes getan.
Allemal sinnvoller als sein ganzes Leben damit zu verplempern über Burkas und Ehrenmode zu schimpfen, und sonst nichts weiter großartig Wirksames bzw. politisch Praktikables dagegen zu unternehmen. Ist aber nur meine persönliche Meinung, die ich hier ganz unverbindlich zur Diskussion stellen wollte.