In letzter Zeit gab es von Seiten der Legalisierungsgegnern häufiger das Argument, dass der Konsum von Cannabis Teile des Gehirns schrumpfen lässt, weswegen ich mal nach einer entsprechenden Studie gesucht habe. Diese ist sogar frei zugänglich
:)http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0163725814002095#Einfach oben links auf PDF drücken.
Diese Studie ("Cannabis and adolescent brain development") ist von 2014 und hat bisherige Veröffentlichungen zum Einfluss von Cannabis auf die Hirnentwicklung gesichtet und zusammengefasst. Schön an der Studie ist, dass sie sowohl Ergebnisse an Tieren als auch an Menschen schön gegliedert nach akuten und chronischen Effekten, mit einem extra Abschnitt für Heranwachsende und Ungeborene. Ich gehe hier jetzt aber nur explizit auf die Zusammenfassungen der Autoren dieser Studie ein, wodurch ich nur deren Wertung der Datenlage berücksichtige, ohne diese selbst zu prüfen.
Gerade im Abschnitt "3. Effects of chronic exposure in animals" finden sich Veröffentlichungen mit positiven Auswirkungen von Phytocannabinoiden auf deren Hirne. Diese Erkenntnisse sind schon ein paar Jahre alt, weswegen ich sie hier jetzt nicht noch extra aufzähle, da dies im Thread schon öfter getan wurde. Ebenso findet man in diesem Abschnitt, dass bei Tieren die negativen Auswirkungen nach entsprechend langer Abwesenheit der Cannabinoide vollständig reversibel sind.
Auch interessant ist, dass eine extreme Dosierung (bis 60mg/kg) von THC Zellkerne schrumpfen lässt und die Anzahl an Neuronen reduziert. Dieser Effekt ist für Menschen aber irrelevant, da dies einer Dosis von bis zu 4,2g (70kg Gewicht) THC entspricht. Das wäre der THC-Gehalt von 21g Cannabis mit 20% THC-Anteil. Und das muss dann noch in den Körper (Geraucht, etwa 20% Effizienz (ist eher niedriger) : 105g Gras xD).
Zum eigentlichen Thema geht es dann in Abschnitt "5. Effects of chronic exposure in adult humans". Dort finden sich einige Studien, die mit bildgebenden Verfahren die Volumina von Hirnarealen von (starken) Cannabiskonsumenten vermessen haben.
It is unclear however, how long these effects persist following abstinence. Studies assessing rCBF have differed markedly in regard to when they acquire imaging data (ranging from 12 h to 542 days following cessation; Batalla et al., 2013), which introduces the possibility that
some effects may be due to the residual effects of recent use, or withdrawal, rather than reflecting persistent changes. In this regard, it is worth noting that there is evidence that initial decreases in activity may precede normalisation of function in some regions after a prolonged period of abstinence (e.g., 2 – 4 weeks; Sneider et al., 2008; Tunving et al., 1986). Similarly, while Schreiner and Dunn (2012) identified a range of residual neurocognitive deficits present in abstinent users, when they excluded studies that tested participants prior to 25 days of abstinence from their analyses, no signifi cant residual effects were evident on any aspect of neurocognitive performance.
Sprich: Es ist ungewiss, welche Zeitspanne nach dem Konsum von Cannabis notwenig ist, um eine aktue Wirkung von Cannabis auf die Hirnfunktion auszuschließen. Aus Tierversuchen weiß man, dass dies von der Stärke des Konsumes und sogar von der überprüften Aufgabe abhängen kann. Daher sind einige Studien zu diesem Thema Müll, da die Abstinenzzeiträume teilweise deutlich unter 25 Tagen lagen. Zusätzlich legen andere Studien nahe, dass gerade nach 25 Tagen Abstinenz keine Leistungseinbußen feststellbar waren.
Im Abschnitt "6. Effects of exposure during prenatal and adolescent periods" finden sich dann die Auswirkungen auf Ungeborene und Heranwachsende:
The relatively selective impact of prenatal cannabis exposure on higher cognitive functions has been proposed to indicate disruption of prefrontal cortical development specifically (Deraufetal.,2009) .However, it is also important to note that research into prenatal cannabis exposure in humans has been somewhat limited in comparison to the extensive literature on the teratogenic effects of prenatal exposure to nicotine and alcohol (see reviews by Huizink & Mulder, 2006; Ginzel et al., 2007; Bruin et al., 2010; Lebel et al., 2011), both of which have been associated with severe and long-lasting effects on neurocognitive and behavioural development. Further prospective research is needed to clarify themagnitude of the long-term effects associated with prenatal cannabis exposure (Huizink, 2014), particularly given the range of potentially confounding variables associated with cannabis use during pregnancy (which include tobacco and alcohol use alongwith numerous demographic, social, and psychological characteristics; el Marroun et al., 2008)
Es zeigt sich bisher, dass Cannabiskonsum in der Schwangerschaft relativ spezifisch höhere geistige Funktionen beeinträchtigt, was auf einen Einfluss auf den Präfrontalen Cortex schließen lässt. Im Gegensatz zu Alkohol und Nikotin ist die Datenlage jedoch noch zu mager, um auf das wirkliche Ausmaß der Schäden auf ein Ungeborenes schließen zu können. Es gibt aber Studien, die zeigen, dass von einer Beeinflussung des Hirnvolumens auszugehen ist.
Zu Heranwachsenden:
[..]there is some evidence that they may be more likely to persist with abstinence (Jacobus et al., 2009a). For example, after 3–4 weeks of abstinence, adolescent cannabis users have been found to demonstrate deficits in memory, attention, planning, and psychomotor speed when compared with non-using adolescents (Millsaps et al., 1994; Medina et al., 2007a; Hanson et al., 2010). However, other studies have provided evidence that while persisting somewhat longer than in adults, cognitive impairments fully recover following more prolonged periods of abstinence (Schwartz et al., 1989; Fried et al., 2005).
Es zeigt sich, dass die Beeinträchtigungen eher bleibender Natur sind als bei erwachsenen Konsumenten. Jedoch gibt es auch Studien, die darauf hinweisen, dass es sich nicht um bleibende Veränderungen handelt, sondern die notwendige Abstinenz länger sein muss, um die negativen Effekte abbauen zu können. Wohl der interessanteste Abschnitt des Artikels! Aber:
Studies examining age of onset of regular or heavy use provide evidence that adolescence is a period of increased vulnerability to the adverse effects of regular cannabis exposure. Earlier onset users have been found to show greater impairment in a range of cognitive domains, including learning and memory (Popeetal.,2003;Solowijetal.,2011a), decision-making (Solowij et al., 2012a), as well as attention and other executive functions (Fontes et al., 2011;Gruber et al., 2012). It is important to note however, that many studies examining age of onset have been retrospective and cross-sectional, and therefore cannot rule out the possibility of confounding effects (Lisdahl et al., 2013).
Heranwachsende sind aller Wahrscheinlichkeit stärkeren negativen Effekten ausgesetzt. Das folgt aus nichtbegleitenden Querschnitts-Studien, die jedoch keine direkte Kausalität herleiten können.
Das bestätigt meine bisherigen Recherchen zum Thema Jugendgefährdung durch Cannabis. Es gibt wohl keinen spezifischen Effekt bei Jugendlichen (es sind die selben Beeinträchtigungen wie bei Erwachsenen zu erwarten, jedoch bei geringerem und kürzerem Konsum!), jedoch werden diese durch ihren Konsum in ihrer Entwicklung verlangsamt, was dann letztlich zu den bekannten Studien bezüglich IQ etc. führt. Wie groß dieser Effekt aber wirklich ist, darüber kann man streiten. Denn die aussagekräftigsten Studien haben zwar große Teilnehmerzahlen, aber da sie nicht begleitend sind und einen Querschnitt darstellen können diese die Kausalität nicht zweifelsfrei darstellen. Da die bisher beobachteten Effekte aber generell eher gering ausfallen, werden andere Faktoren, wie soziales Umfeld, einen deutlich größeren Anteil haben. Daher ist die Jugendgefährdung eher gering (im Verhältnis zu anderen Faktoren!). Dieser Risikofaktor ist aber vermeidbar, weswegen man diesen den Zugang verweigern sollte.
Interessant zu Psychosen:
In a longitudinal study of 1037 participants studied from birth to age 26, Caspi et al. (2005) found that the influence of adolescent cannabis use on adult psychosis was moderated by genetic factors, whereby only those that carried a variant of the catechol-O-methyltransferase (COMT) gene showed increased risk of disorder.
Diese Studie zeigt, dass nur Träger einer bestimmten Variante des COMT-Genes ein erhöhtes Psychoserisiko haben, selbst wenn sie im Jugendalter konsumiert haben, was in anderer Literatur als genereller Risikofaktor dargestellt wird, der über dem von erwachsenen Konsumenten läge.
Da ich mich noch meiner richtigen Arbeit widmen muss und dieses Paper sehr lange ist, ist diese Aufarbeitung natürlich nur ein kleiner Vorgeschmack. Es wird auch noch auf die Reduktion des Hirnvolumens und -areale bei Jugendlichen eingegangen, wobei eine Studie aber zu einem überraschendem Ergebnis kam. Also lest sie euch durch
:)