Wie war die DDR?
25.10.2014 um 18:00Auf der Suche nach einem anderen alten Beitrag von mir stiess ich auf diesen hier - und weil er gerade passt, exhumiere ich ihn.
@"Socialist"
"es zehrt an den nerven JEDEN tag seine argumente zu wiederholen.....
aber wenn Du's so willst
1.jeder hatte arbeit
2.jeder bekam neausbildung
3.die gemeinschaftlichkeit
4.keine armut
5.keine nazis
6.eine ordentliche jugenderziehung
7.ein leitbild
etc.pp.
Bis auf Punkt 5. erinnert mich das an die Argumente meiner Grosseltern zu den Vorzügen des Faschismus.
Sorry Genosse,
aber ich habe mich in den Siebzigern intensiver mit der Ökonomie der DDR beschäftigt, ganz so optimistisch würde ich die damalige Situation nicht beurteilen wollen. Na gut, bei manchen (s.o.) verklärt der Rückblick die Realitäten.
Wenn ich die Tatsache, dass jeder Arbeit hat, über die Frage nach dem gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Sinn der Arbeit stelle, dann bin ich natürlich zufrieden, wenn jeder irgendwie so tut, als täte er etwas. Freitag ab eins macht jeder seins, wie sich die älteren DDR-Bürger noch erinnern.
Die Frage, wer welche Ausbildung bekam, richtete sich, wie in der BRD, nach ökonomischen Notwendigkeiten, nur sehr selten nach den individuellen Interessen des Ausbildungsplatzsuchenden. Die Tatsache, dass jemand einen Ausbildungsplatz hat, sagt nichts über die Qualität dieses Platzes aus. He, hallo Stift, hol mir mal ne Flasche Bier- galt dort wie hier.
Die "Gemeinschaftlichkeit", mal als Volksgemeinschaft, mal als Solidarität deklariert, wird rückblickend gern als das grosse Plus der DDR gefeiert. Als ich damals mit Genossen aus der DDR sprach, redeten sie anders (nach dem 3. Bier): der Konkurrenzdruck und der Neid, die Intrige gehörten zum Handwerkszeug in Partei und Kombinat. Wurde irgendwo ein guter Posten frei, begann das Rattenrennen. Mobbing war, wie in vergleichbaren Institutionen im Westen, an der Tagesordnung. Nicht wenige Genossen trugen die Säge für den Stuhl des Genossen in der Tasche. Dass man sich gelegentlich in der Datsche kollektiv die Birne zuzog, gehörte zur Schmierung des Systems, ähnlich wie im Westen. Die gearschten waren, wie anderswo auch, die Frauen. Für die DDR-Mutti galt Karriere, politische zumal, als so anrüchig wie im Westen. Davor sei die markige Faust des sozialistischen Ehemannes.
Armut ist natürlich relativ. Sicherlich würde ein ALDI-Filialleiter seinen Vetrag kündigen, würde man ihm Honeckes Villa in Wandlitz als Betriebswohnung zuweisen, um mal die Relativität von "Reichtum" darzustellen. Aber die Lebenssituation vieler Bürger der DDR war am unteren Rande des Existenzminimums angesiedelt. Niedriglohngruppen gab es dort wie hier, vor allem für Frauen. Viele Rentner konnten nur dank ihres Reiseprivilegs über die Runden kommen. Versorgungsengpässe taten ein Übriges.Okay, verhungert ist keiner, aber das ist auch heute nicht der Fall.
"Keine Nazis" zählt zu den grossen Lebenslügen der DDR. Sowohl in Wirtschaft,Politik, Kultur und Militär sassen gewendete Faschisten. Wie im Westen griff man beim Wiederaufbau auf "bewährte" Leute zurück. Dazu empfehle ich jedem das "Braunbuch DDR" aus den späten Siebzigern. Vielleicht gibt's das noch antiquarisch. Unabhängig davon gab es eine, wenn auch verdeckte, faschistische Opposition, zumindest in den Achtzigern, als es unter einigen Jugendlichen als chic galt, "rechts" zu sein. Auf diese Strukturen konnten die West-Faschisten nach 1989/90 zurückgreifen.
Ordentliche Jugenderziehung ist soein abgelatschter Gummibegriff. Was ist "ordentlich"? Wer ist besoffen und stinkt wie einTier? Der Junge Pionier!
Warum eigentlich sind alle Weltverbesserer oder die, die sich dafür halten, für eine kollektive Zwangserziehung der Jugend. Freiheit scheint ihnen Angst zu machen.
Wohin das Leitbild geführt hat, sehen wir 1989/90: Rein in denTrabbi und raus, Begrüssungsgeld auf den Kopf hauen, Kredite aufnehmen bis zum Anschlag und konsumiert wie geschmiert. Dann gerne herumjammern, dass einem keiner gesagt hat, wie böse der Kapitalismus sein. Da haben Mandy und Maik offenbar bei Marxismus-Leninismus-Schulung komplett auf Durchzug gestellt. Sie hätten es besser wissen müssen, die kleinen Dösis. Nach dem Jammern Sündenbocksuche und Pogromstimmung wie in Rostock-Lichtenhagen oder Hoyerswerda und anderswo. Die ausgleichende Gerechtigkeit mit dem Baseball-Schläger und Springerstiefel gesucht. Wie sagte mir vor 15 Jahren ein alter PDS-Genosse aus Rostock: Der Kapitalismus ist scheisse, er hat uns die ganzen Ausländer hergebracht. Wenn das die Konsequenz des Leitbildes ist, dann dürften diejenigen, die fürein sozialistisches Deutschland und internationale Solidarität gestorben sind, in ihren Gräbern rotieren. Und ich schäme mich, mit solchen Menschen die Partei zu teilen.
(von 2007)
@"Socialist"
"es zehrt an den nerven JEDEN tag seine argumente zu wiederholen.....
aber wenn Du's so willst
1.jeder hatte arbeit
2.jeder bekam neausbildung
3.die gemeinschaftlichkeit
4.keine armut
5.keine nazis
6.eine ordentliche jugenderziehung
7.ein leitbild
etc.pp.
Bis auf Punkt 5. erinnert mich das an die Argumente meiner Grosseltern zu den Vorzügen des Faschismus.
Sorry Genosse,
aber ich habe mich in den Siebzigern intensiver mit der Ökonomie der DDR beschäftigt, ganz so optimistisch würde ich die damalige Situation nicht beurteilen wollen. Na gut, bei manchen (s.o.) verklärt der Rückblick die Realitäten.
Wenn ich die Tatsache, dass jeder Arbeit hat, über die Frage nach dem gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Sinn der Arbeit stelle, dann bin ich natürlich zufrieden, wenn jeder irgendwie so tut, als täte er etwas. Freitag ab eins macht jeder seins, wie sich die älteren DDR-Bürger noch erinnern.
Die Frage, wer welche Ausbildung bekam, richtete sich, wie in der BRD, nach ökonomischen Notwendigkeiten, nur sehr selten nach den individuellen Interessen des Ausbildungsplatzsuchenden. Die Tatsache, dass jemand einen Ausbildungsplatz hat, sagt nichts über die Qualität dieses Platzes aus. He, hallo Stift, hol mir mal ne Flasche Bier- galt dort wie hier.
Die "Gemeinschaftlichkeit", mal als Volksgemeinschaft, mal als Solidarität deklariert, wird rückblickend gern als das grosse Plus der DDR gefeiert. Als ich damals mit Genossen aus der DDR sprach, redeten sie anders (nach dem 3. Bier): der Konkurrenzdruck und der Neid, die Intrige gehörten zum Handwerkszeug in Partei und Kombinat. Wurde irgendwo ein guter Posten frei, begann das Rattenrennen. Mobbing war, wie in vergleichbaren Institutionen im Westen, an der Tagesordnung. Nicht wenige Genossen trugen die Säge für den Stuhl des Genossen in der Tasche. Dass man sich gelegentlich in der Datsche kollektiv die Birne zuzog, gehörte zur Schmierung des Systems, ähnlich wie im Westen. Die gearschten waren, wie anderswo auch, die Frauen. Für die DDR-Mutti galt Karriere, politische zumal, als so anrüchig wie im Westen. Davor sei die markige Faust des sozialistischen Ehemannes.
Armut ist natürlich relativ. Sicherlich würde ein ALDI-Filialleiter seinen Vetrag kündigen, würde man ihm Honeckes Villa in Wandlitz als Betriebswohnung zuweisen, um mal die Relativität von "Reichtum" darzustellen. Aber die Lebenssituation vieler Bürger der DDR war am unteren Rande des Existenzminimums angesiedelt. Niedriglohngruppen gab es dort wie hier, vor allem für Frauen. Viele Rentner konnten nur dank ihres Reiseprivilegs über die Runden kommen. Versorgungsengpässe taten ein Übriges.Okay, verhungert ist keiner, aber das ist auch heute nicht der Fall.
"Keine Nazis" zählt zu den grossen Lebenslügen der DDR. Sowohl in Wirtschaft,Politik, Kultur und Militär sassen gewendete Faschisten. Wie im Westen griff man beim Wiederaufbau auf "bewährte" Leute zurück. Dazu empfehle ich jedem das "Braunbuch DDR" aus den späten Siebzigern. Vielleicht gibt's das noch antiquarisch. Unabhängig davon gab es eine, wenn auch verdeckte, faschistische Opposition, zumindest in den Achtzigern, als es unter einigen Jugendlichen als chic galt, "rechts" zu sein. Auf diese Strukturen konnten die West-Faschisten nach 1989/90 zurückgreifen.
Ordentliche Jugenderziehung ist soein abgelatschter Gummibegriff. Was ist "ordentlich"? Wer ist besoffen und stinkt wie einTier? Der Junge Pionier!
Warum eigentlich sind alle Weltverbesserer oder die, die sich dafür halten, für eine kollektive Zwangserziehung der Jugend. Freiheit scheint ihnen Angst zu machen.
Wohin das Leitbild geführt hat, sehen wir 1989/90: Rein in denTrabbi und raus, Begrüssungsgeld auf den Kopf hauen, Kredite aufnehmen bis zum Anschlag und konsumiert wie geschmiert. Dann gerne herumjammern, dass einem keiner gesagt hat, wie böse der Kapitalismus sein. Da haben Mandy und Maik offenbar bei Marxismus-Leninismus-Schulung komplett auf Durchzug gestellt. Sie hätten es besser wissen müssen, die kleinen Dösis. Nach dem Jammern Sündenbocksuche und Pogromstimmung wie in Rostock-Lichtenhagen oder Hoyerswerda und anderswo. Die ausgleichende Gerechtigkeit mit dem Baseball-Schläger und Springerstiefel gesucht. Wie sagte mir vor 15 Jahren ein alter PDS-Genosse aus Rostock: Der Kapitalismus ist scheisse, er hat uns die ganzen Ausländer hergebracht. Wenn das die Konsequenz des Leitbildes ist, dann dürften diejenigen, die fürein sozialistisches Deutschland und internationale Solidarität gestorben sind, in ihren Gräbern rotieren. Und ich schäme mich, mit solchen Menschen die Partei zu teilen.
(von 2007)