FF schrieb:Hat es Dir aber nicht auch zu Denken gegeben, dass solcher Zusammenhalt dann mit der Maueröffnung oft schlagartig beendet war? Plötzlich waren alle genauso auf sich alleine gestellt und hatten Freundschaften, wie sonst auch überall.
Insofern waren viele Beziehungen anscheinend sehr materialistisch auf gegenseitige Hilfe begründet, und auch auf ein sonst eher mageres Freizeitangebot.
in meinen Augen waren die Feundschaften hauptsächlich im Betrieb von heute auf morgen vorbei, war einer dem anderen dann sein Teufel.
Hatte das zumindest in meinem Betrieb ganz krass erlebt:
Das andere System - Kapitalismus - kam zur Anwendung mit allen vor und Nachteilen und die Angst vor Entlassungen grasierte -> daraufhin wurden aus Freunden Konkurrenten.
Im privaten Bereicht erlebte ich es jedenfalls nicht, dass Freundschaften zerbrachen, bin jetzt noch mit einigen aus DDR-Zeit eng befreundet.
Also kann zumindest deine Vermutung - wegen materialistischen Hilfen und Austausch - nicht in jedem Falle stimmen.
Ich weiss es auch von vielen anderen, welche auch jetzt noch - wo es alles gibt - befreundet sind.
Gerne wird die Geschichte vom besseren Menschen erzählt, der in der Mangelwirtschaft solidarisch für andere ein- und für Bananen anstand, der erfinderisch allerhand Geräte und Autos für ein Tauschgeschäft reparierte oder mit geringsten Mitteln ein Häuschen zusammen klaubte.
natuerlich spielte DAS fuer einige "Freundschaften" auch eine grosse Rolle, aber eben nicht nur und nicht fuer alle Freundschaften.
Und ehrlich gesagt, wenn Menschen mit mir nur befreundet waren oder wären aus solchen Gruenden, das waren dann nie richtige Freunde in meinen Augen.
Die richtigen Freunde gabs aber eben wirklich zur Genuege.
Ich sehe wirklich im Systemwechsel den Wandel bei einigen Leuten, vor allem bei Juengeren, weil das System suggeriert: du bist nur was, wenn du was hast und dich gut verkaufst.
Zudem die Ellenbogenmentalität.
Dieses Denken gabs eben in der DDR - zumindest in meinem Umfeld - viel weniger ausgeprägt.
Erst nach der Wende merkte ich, wie sich diese Einstellungen dann nach und nach wandelten.
Die mediale Beeinflussung ging eben nicht an allen spurlos vorbei - dieses materielle Denken, dass man nur als Mensch was wert ist, wenn man Arbeit hat und was besitzt usw...
Klingt jetzt wie ein Widerspruch zudem, wenn man damals materielle Gueter ausgetauscht hatte.
Das war aber mMn kein solches materielles Denken was ich jetzt meinte, sondern man hatte aus gewisser Not eine Tugend gemacht.
Genauso wie die zum Teil gruseligen Wohnverhältnisse, die man leicht romantisieren kann...
Falls du die Plattenbauten meinst. Die wurden zu unrecht schlecht geredet. Davon gibts jetzt noch sehr viele und die Leute wohnen gern drin, ziehen auch nach wie vor Leute ein - und keine Assis, wie jetzt evtl. mancher denken könnte.
Aber für die Oma im Altbau mit Kohleofen war es nicht lustiger, als für die Oma im Altbau mit Kohleofen im Westen.
Manch einer wuerde sich jetzt wieder nach einem Kohleofen sehen, aber das steht auf einem anderen Blatt.
Davon ab, wohnten auch zu DDR-Zeiten nicht so sehr viele in solchen Altbauten, es gab eben die vielen Plattenbauten...
Die Mutter einer Freundin starb elend an Diabetes... im Westen gab es längst bessere Medikamente und Behandlungen, auch gegen die Schmerzen Sterbender.
gut, das sind nun mal solche Punkte, was grosse Nachteile waren.
Aber auch im Gesundheitswesen war nicht alles schlecht. Die ehemaligen Polikliniken lebten wieder auf als Gemeinschaftspraxen usw...
Du scheinst irgendwie nur das schlechte zu sehen.
Ich bilde mir ein, das Gute und das Schlechte zu sehen.
Aber da bist du sicher auch anderer Meinung und wirst umgedreht das Gleiche von mir sagen, dass ich angeblich nur das Gute und nicht das Schlechte sehe.
Wie gesagt: Es konnte auch alles ok sein und manche konnten sich auch bereichern. Aber es gab andererseits enorme Nachteile, die für viele durch einen (erzwungenen) Zusammenhalt nicht aufgewogen werden konnten.
Wie gesagt, auch fuer Leute die sich nicht bereichern konnten oder das auch gar nicht wollten, sondern eher bescheiden waren, war nicht alles schlecht.
Und so erzwungen wie du nun tust, waren nicht alle Freundschaften aus meiner Sicht.